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Breternitz, Patrick; Universität zu Köln [Contr.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 12): Königtum und Recht nach dem Dynastiewechsel: das Königskapitular Pippins des Jüngeren — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74404#0093
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3. Zölle

Es ist nicht leicht ersichtlich, wer qualiscumque homo ist und was comprobare in
diesem Kontext bedeutet. Das Verb weist eine starke Polysemie im mittelalter-
lichen Latein auf.187 Dies gilt auch für die Verwendung von comprobare und
comprobatio in den Kapitularien. In Kapitel 39 der Synodalbeschlüsse aus
Frankfurt von 794 geht es um Prozesse gegen Presbyter vor dem Bischof, bei dem
der Fall vor dem Bischof nicht abgeschlossen werden kann und einer allgemei-
nen Synode berichtet werden soll. Hier ist es der Ankläger (accusator), dem die
comprobatio, also die Überführung des nicht geständigen Angeklagten, nicht
gelingt.188 In den Frankfurter Beschlüssen wird comprobare jedoch auch noch in
einer anderen Bedeutung verwendet. Das 12. Kapitel verbietet das Aufnehmen
eines Reklusenlebens ohne die Zustimmung des Bischofs und des Abtes.189
Teilweise scheinen die Verben comprobare und probare in der Bedeutung „bestä-
tigen, beweisen" auch nahezu synonym verwendet worden zu sein.190 Kurzum
die einschlägigen Wörterbücher und Vergleichsstellen in anderen Kapitularien
zeigen verschiedene Möglichkeiten, wie das Wort comprobaverit in der Zollbe-
stimmung interpretiert werden kann.
Erstaunlich ist, dass der Stand der Person ausdrücklich keine Rolle spielen
soll. Daher ist es unwahrscheinlich, dass es sich um den Richter handelt, da bei
ihm der Stand nicht gleichgültig ist. Es bleiben also zwei Möglichkeiten. Erstens
könnte es sich um den Geschädigten handeln, der sein erlittenes Unrecht er-
folgreich vor Gericht beweist. Zweitens könnte die Bestimmung auf Personen
abzielen, die das Unrecht zur Anzeige bringen beziehungsweise bezeugen.
Wenn Pilger Opfer illegaler Zollerhebung wurden, so erlitten sie dieses
Unrecht in der Regel fern der Heimat. Ihr Recht in der Fremde durchzusetzen,
war kein leichtes Unterfangen. Durch das Warten auf den Prozess verlängerte
sich die Pilgerreise und erhöhten sich somit die Kosten. Für sie war es schwer,
Zeugen oder Eidhelfer zu finden. Zudem kannten sie nicht die an der Recht-
sprechung beteiligten Personen und ihre Verflechtungen. Bei Geschädigten, die
nur die Volkssprache sprachen, kann es überdies zu Verständigungsschwierig-
keiten gekommen sein, die das Durchsetzen des Rechts ebenfalls erschwert

Matth. 27,3: Tune videns ludas quieum tradidit quod danmatus esses paenitentia ductus rettulit triginta

argenteos principibus sacerdotum et senioribus.

187 Vgl. Mittellateinisches Wörterbuch, Bd. 2, Sp. 1116-1118. Gerade in Rechtsquellen ist es häufig
im Passiv ohne Nennung des Urhebers gebraucht, so dass es nicht möglich ist, zu erkennen, wer
die handelnde Person oder Gruppe ist.

188 Vgl. Synodus Franconofurtensis c. 39, in: MGH Capit. 1, Nr. 28, S. 77 Z. 21-23: Et si forte negare
voluerit, et accusator comprobationem dare non potuerit, et coram episcopo definitum esse nequiverit, tune
ad universali concilio illorum ratio deferatur.

189 Vgl. Synodus Franconofurtensis c. 12, in: MGH Capit. 1, Nr. 28, S. 75 Z.34 f.: Ut reclusi non fiant,
nisi quos ante episcopus provintiae atque abbas comprobaverint, et secundum eorum dispositionem in
reclusionis loco ingrediantur.

190 Vgl. Responsa misso cuidam data c. 7, in: MGH Capit. 1, Nr. 58 S. 145 Z. 34-37: In septimo autem
capitulo, ubi referebatur qualiter post querelas dominorum servi eorum cartas ostendant, et ipsi servi a
scabineis sententia accepta eas veras esse comprobare debeant. Nequaquam hoc volumus, quod servus
suam cartam propriam probare debeat; [...].
 
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