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Breternitz, Patrick; Universität zu Köln [Contr.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 12): Königtum und Recht nach dem Dynastiewechsel: das Königskapitular Pippins des Jüngeren — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74404#0106
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4.1 Die Metrologie des fränkischen Silberdenars

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andere Werte gemessen werden.31 Zudem variiert die Metallzusammensetzung
von Messpunkt zu Messpunkt. Dabei handelt es sich jedoch nicht um Mess-
probleme. Vielmehr ist der Metallgehalt tatsächlich unterschiedlich. Mehr als
offensichtlich werden diese Messungenauigkeiten, wenn die Metallzusammen-
setzungen sowohl von der Vorder- als auch von der Rückseite angegeben wer-
den, die völlig voneinander abweichen können.32 Versuchen, aus den unter-
schiedlichen Messungen eine als repräsentativ auszuwählen oder eine solche zu
berechnen, ist mit großer Skepsis zu begegnen.33 Da die Ergebnisse von der
genauen Stelle der Messung abhängig sind, sind die Messungen kaum repro-
duzierbar, weil diese Stelle bei einer späteren Kontrollmessung nur sehr schwer,
wenn überhaupt wiedergefunden werden kann. Die Reproduzierbarkeit der
Messergebnisse, das Gütekriterium naturwissenschaftlicher Untersuchungen
schlechthin, ist also regelmäßig nicht gegeben. Die Hoffnung von McCormick,
dass alle Münzen naturwissenschaftlich untersucht und ihre Zusammenset-
zung, die Silbermine sowie die Prägestätten systematisch erfasst werden, dürfte
wohl nicht realisierbar sein.34 Nicht nur aufgrund der geringen Datenmenge
bleibt der Silberfeingehalt der merowingischen und karolingischen Silberdenare
sowie der friesischen Sceattas daher im Folgenden unberücksichtigt. Natürlich
bleibt so einer der beiden Faktoren der Wertentwicklung außen vor, doch ist das
Gewicht der einzige Faktor, der auch in Schriftquellen wie dem Münzkapitel
begegnet.

31 Wenn beispielsweise während der Bodenlagerung eine Münze teilweise durch andere Münzen
oder Objekte verdeckt war, war sie Alterungs- beziehungsweise Veränderungsprozessen im
unterschiedlichen Maße ausgesetzt. Auch die Art des Bodens ist für diese Prozesse alles andere
als unbedeutend. Vgl. dazu beispielsweise Matthiesen, Soil type. Bei einem großen Teil der
frühmittelalterlichen Münzen sind der Fundort und damit der dortige Boden unbekannt.

32 Dies wird beispielsweise beim Hortfund am Goting-Kliff auf Föhr deutlich. Vgl. Pernicka,
Röntgenfluoreszenzanalyse, S. 96: „Jede Münze wurde an ihrer Vorder- und Rückseite [...]
gemessen, um die Variation der Zusammensetzung abschätzen zu können. Dabei ergab sich,
daß nur etwa die Hälfte der Münzen auf beiden Seiten die gleiche Zusammensetzung aufwies.
Gelegentlich sind die Unterschiede so groß, daß man sie fast als entmutigend bezeichnen muß."
Die Unterschiede sind auch bei den Silbergehalten teilweise gewaltig, wie die Abweichungen
beim Silbergehalt einiger Proben deutlich machen. Vgl. Pernicka, S. 99-101 Probe 2 (Vs. 62 %;
Rs. 46 %), Probe 3 (Vs. 52 %, Rs. 73 %), Probe 18 (Vs. 39 %, Rs. 16%), Probe 35 (Vs. 74 %, Rs. 92 %).

33 Vgl. Pernicka, Röntgenfluoreszenzanalyse, S. 97, 103 f., der nach analytischen und metallurgi-
schen Gesichtspunkten Kriterien aufstellte, nach denen er den Wert von Vorderseite, Rückseite,
Querschnitt oder Mittelwert als repräsentativ ansetzte. Metcalf, Alloy, S. 114 betont aufgrund
von Abweichungen von bis zu 20 Prozent: „In interpreting the results, which are as reliable as
care could make them, common sense is nevertheless an important ingredient."

34 Vgl. McCormick, Coins, S. 359-365. Zumal ohnehin fraglich ist, wie die Silbermine ermittelt
werden soll, aus der das Silber einer Münze stammt, wenn Münzen immer wieder mit Münzen
anderer Silberprovenienz eingeschmolzen und neu geprägt wurden. Letztendlich enthält eine
Münze dann Silber, das aus verschiedenen Minen gewonnen wurde. Völlig zu Recht hält Sarah,
L'avenement, S. 183, fest, dass die meisten fränkischen Münzen aus wiederverwendetem Silber
hergestellt worden sein müssen. Stos-Gale, Lead Isotope Analysis, S. 355 f., weist am Beispiel von
Bleiisotopen darauf hin, dass nach dem Zusammenschmelzen von Blei unterschiedlicher Her-
kunft keine Aussagen mehr über die Isotope der einzelnen verwendeten Bleie möglich sei.
 
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