5.5 Rechtspflege in Pippins Urkunden
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die Königsurkunde schon in der Gerichtshalterformel die Beteiligung der Vor-
nehmen und Getreuen anspricht. Deren Mitwirken wird auch in der Hausmei-
erurkunde genannt, allerdings erst in der Definitivsentenz. Als letztes sei noch
auf die unterschiedliche Bezeichnung des Ortes hingewiesen, die aber ver-
nachlässigt werden kann.292 Das Adjektiv publicus kann zwar auch die Bedeu-
tung „königlich" haben,293 doch scheint es hier gewählt worden zu sein, weil der
Satz in der 3. Person Singular formuliert ist. In der in der 1. Person Plural for-
mulierten Definitivsentenz spricht auch das Hausmeierplacitum von palatium
nostrum.294 Auch wenn hier die Unterschiede betont wurden, darf natürlich nicht
vergessen werden, dass zwischen beiden Gerichtshalterformeln große Gemein-
samkeiten bestehen.
In der Definitivsentenz sind die Gemeinsamkeiten noch größer. Auch hier
folgen beide Urkunden demselben Formular.295 In beiden Fällen enthält die
Definitivsentenz eine namentliche Auflistung der Beteiligten, wobei sie in der
Königsurkunde als proceres und fideles nostri bezeichnet werden, in der Haus-
meierurkunde nur als fideles nostri. Das Rechtsgebot schließlich wird identisch
eingeleitet.296
Nimmt man den gesamten Verfahrensablauf in den Blick, so ist unter der
Prämisse, dass die Placita in ihrem Aufbau den Verfahren folgen, kein Unter-
schied zwischen beiden Gerichtsverfahren feststellbar. Auch Pippins Funktion
ist vor und nach dem Dynastiewechsel gleich.
5.5.2.2 Pippins Gericht vor und nach dem Dynastiewechsel
Der exemplarische Vergleich beider Urkunden weist darauf hin, dass sich durch
den Dynastiewechsel im Bereich des Gerichts des Herrschers gar nicht so viel
verändert zu haben scheint. Die übrigen Placita Pippins bestätigen diesen Be-
fund. Natürlich gab es in der Intitulatio und der Datierung eine Anpassung an
Pippins neue Königswürde. Aber bei den Abläufen der beiden Gerichtsverfah-
ren und bei der Rolle Pippins sind keine nennenswerten Unterschiede feststell-
bar. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit der Dynastiewechsel im Bereich der
Placita überhaupt eine Zäsur bildet.
Andrea Stieldorf betont, dass der Überlieferungsbefund bei den Placita
darauf hindeute, dass die Hausmeierplacita die merowingischen Königsplacita
abgelöst hätten.297 Seit Karl Martell sich in den auf den Tod seines Vaters fol-
292 Im Hausmeierdiplom palatio publico, im Königdiplom palatio nostro.
293 Vgl. Niermeyer — van de Kieft — Bürger, Lexicon, Bd. 2, S. 1134 (Bedeutung 1).
294 MGH D Arnulf. 18, S. 42 Z. 28: [...] comite palatii nostro [...].
295 MGH D Arnulf. 18, S. 42 Z. 26-30: Proinde nos taliter una cum fidelibus nostris, id est Haginone,
Theudeberto, Remedio, Garehardo, Fulcario, Bovilone, Walcherio, Rauchingo et Ermenaldo, comite palatii
nostro, vel reliquis quam pluribus visi fuimus iudicasse, ut [...].
296 MGH D Arnulf. 18, S. 42 Z. 30: [...] propterea iubemus ut, [...].
297 Vgl. Stieldorf, Placita, S. 6. Anders Weitzel, Dinggenossenschaft, Bd. 1, S. 267f.: „Die Haus-
meierplacita, überliefert seit Karl Martell, stehen neben den Königsplacita, das Hausmeierge-
richt steht neben dem Königsgericht." (Unterstreichung von Weitzel).
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die Königsurkunde schon in der Gerichtshalterformel die Beteiligung der Vor-
nehmen und Getreuen anspricht. Deren Mitwirken wird auch in der Hausmei-
erurkunde genannt, allerdings erst in der Definitivsentenz. Als letztes sei noch
auf die unterschiedliche Bezeichnung des Ortes hingewiesen, die aber ver-
nachlässigt werden kann.292 Das Adjektiv publicus kann zwar auch die Bedeu-
tung „königlich" haben,293 doch scheint es hier gewählt worden zu sein, weil der
Satz in der 3. Person Singular formuliert ist. In der in der 1. Person Plural for-
mulierten Definitivsentenz spricht auch das Hausmeierplacitum von palatium
nostrum.294 Auch wenn hier die Unterschiede betont wurden, darf natürlich nicht
vergessen werden, dass zwischen beiden Gerichtshalterformeln große Gemein-
samkeiten bestehen.
In der Definitivsentenz sind die Gemeinsamkeiten noch größer. Auch hier
folgen beide Urkunden demselben Formular.295 In beiden Fällen enthält die
Definitivsentenz eine namentliche Auflistung der Beteiligten, wobei sie in der
Königsurkunde als proceres und fideles nostri bezeichnet werden, in der Haus-
meierurkunde nur als fideles nostri. Das Rechtsgebot schließlich wird identisch
eingeleitet.296
Nimmt man den gesamten Verfahrensablauf in den Blick, so ist unter der
Prämisse, dass die Placita in ihrem Aufbau den Verfahren folgen, kein Unter-
schied zwischen beiden Gerichtsverfahren feststellbar. Auch Pippins Funktion
ist vor und nach dem Dynastiewechsel gleich.
5.5.2.2 Pippins Gericht vor und nach dem Dynastiewechsel
Der exemplarische Vergleich beider Urkunden weist darauf hin, dass sich durch
den Dynastiewechsel im Bereich des Gerichts des Herrschers gar nicht so viel
verändert zu haben scheint. Die übrigen Placita Pippins bestätigen diesen Be-
fund. Natürlich gab es in der Intitulatio und der Datierung eine Anpassung an
Pippins neue Königswürde. Aber bei den Abläufen der beiden Gerichtsverfah-
ren und bei der Rolle Pippins sind keine nennenswerten Unterschiede feststell-
bar. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit der Dynastiewechsel im Bereich der
Placita überhaupt eine Zäsur bildet.
Andrea Stieldorf betont, dass der Überlieferungsbefund bei den Placita
darauf hindeute, dass die Hausmeierplacita die merowingischen Königsplacita
abgelöst hätten.297 Seit Karl Martell sich in den auf den Tod seines Vaters fol-
292 Im Hausmeierdiplom palatio publico, im Königdiplom palatio nostro.
293 Vgl. Niermeyer — van de Kieft — Bürger, Lexicon, Bd. 2, S. 1134 (Bedeutung 1).
294 MGH D Arnulf. 18, S. 42 Z. 28: [...] comite palatii nostro [...].
295 MGH D Arnulf. 18, S. 42 Z. 26-30: Proinde nos taliter una cum fidelibus nostris, id est Haginone,
Theudeberto, Remedio, Garehardo, Fulcario, Bovilone, Walcherio, Rauchingo et Ermenaldo, comite palatii
nostro, vel reliquis quam pluribus visi fuimus iudicasse, ut [...].
296 MGH D Arnulf. 18, S. 42 Z. 30: [...] propterea iubemus ut, [...].
297 Vgl. Stieldorf, Placita, S. 6. Anders Weitzel, Dinggenossenschaft, Bd. 1, S. 267f.: „Die Haus-
meierplacita, überliefert seit Karl Martell, stehen neben den Königsplacita, das Hausmeierge-
richt steht neben dem Königsgericht." (Unterstreichung von Weitzel).