Zu DEK SOGENÀNNTEN SAITISCHEN FOEMEL.
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gethan hat. Ein solches Hereintragen personlicher Ansichten in die Inschriften muss der
Willkui- Tkiir und Thor offnen und dem Vertrauen in die correcte Wiedergabe des Urtextes
— und auf eine solche kommt es hier einzig und allein an, nicht darauf ob eine correction
semble de mise — schweren Abbruch thun.1
Auf ebensowenig Zustimmung wie zu solchen Grundsâtzen wird der Verfasser rechnen
konnen, wenn er behauptet, Sprachgefiige und Logik seien von einander unabhângige, ja
sehr oft diamétral entgegengesetzte Dinge. Insoweit bat er ja Recht, dass es unmoglich ist,
mit Hilfe der Logik allein Texte zu ubersetzen, ebensowenig geniigt aber dazu die Grammatik
allein, sondern beide mtissen, besonders bei einer Sprache, deren Formen grammatikalisch
und lexicographisch so vieldeutig sind, wie die agyptischen, Hand in Hand geben. Ergiebt
eine grammatikalisch nocb so correcte Uebersetzung einen unlogischen Sinn, so sind nur drei
Moglicbkeiten vorhanden : entweder der Verfertiger des Urtextes war nicbt bei Sinnen, und
das wird man docb nur in den seltensten Fallen annebmen wollen, oder der Text ist fehler-
baft uberliefert, was aucb nicht obne weiteres wird behauptet werden konnen, oder endlicb,
der Uebersetzer bat grammatische Formen und Worte an und fur sicb zwar ricbtig erkliirt,
aber nicbt beacbtet dass die betreffenden Bedeutungen in diesem Zusammenbange nicbt passen.
Dieser letztere Fall wird der gewôbnlicbste sein, er tritt besonders bei der Wiedergabe agyp-
bscher religioser Texte sebr hâufig uns entgegen und beweist dann die Unmoglichkeit des
Textinbaltes die Unricbtigkeit der Wiedergabe des Originales. Bis zu einem gewissen Grade
Jst dies auch bei der Wiedergabe der sogenannten SaitenformeP durcb H. Piehx der Fall.
Nach demselben ware die Formel eine Art von Bescbreibung der Statuen, auf denen
sie sicb fande und besagte nur, dass in dem Naos derselben der Stadtgott des Verstorbenen
Ani, d. b. Osiris, dargestellt werde. Letzteres ist durchaus nicht in allen Fallen richtig. Wie
der Verfasser selbst anfuhrt, siebt man in dem Naos einer mit der Formel bedeckten Statue
1]i London Neith dargestellt, d. b. die betrefFende Formel entbielte eine Unricbtigkeit, und
ebie andere Statue im Louvre — dasselbe ist bei einer Statue der ehemaligen Sainmlung
Posno (publ. Ebvillout, Rev. égypt. IL p. 62 sqq.) und der von Kirghee (Interpr. obelisci
P- 140—141) edirten der Fall — besitzt gar keinen Naos, d. h. die Formel sagte eine Un-
Wahrheit. Wenn der Verfasser meint, man habe wohl urspriinglich solche Statuen mit einem
Naos mit Osiris verseben wollen, dièse Absicht aber spater zuweilen vergessen, so ist es nicht
warum sicb daim auf diesen monolithen Statuen die betrefFende Inschrift findet, da man
1) Zur Uebersetzung der ersten Sarcophagformel bemerke ich nur, dass selbstverstândlich hier j^,—d
|flverbial — vgl. z. B.__a in dem Texte Bec. IV, p. 69 — aufgefasst ist und die Uebersetzung
?er steht» nur den Sinn wiodergeben soll. Dagegen ist lïervorzuheben. dass trotz H. Pieul's Behauptung
z^i niemals «grammaticalement» mit «ton âme ne sera pas anéantie» iibersetzt werden
k'iim, da fe^ nicht die Seele bedeutet, dièse vielmehr 1*0^ geschrieben wird. Ebensowenig heisst nen
***-/ «l'immobile», da sek die Grundbedeutung «zerstoren» und nicht «sich bewegen » hat. (Die Neben-
^deutungen : f'ortziehen vom Schiffe, fiihren, leiten, vgl. Brugsch, Did. IV, p. 1323 sqq., konnen hier nicht
111 Betracht kommen.)
2) Zur Litteratnr derselben ist nachzutragen, dass ich bereits in meiner Geschichte Aeçjyitiens, 1880, S. 57
auf dieselbe eingegangcn bin, was H. Piéhl unbekannt gebliebeu zu sein scheint. Weiter war zu erwiihnen
^e ganz abweichende Auff'assung der Formel durch Brugsch, Dût. V, p. 88, dem sich auch Bevillout,
^e». ègypt. I, p. 184, sq.; II, p. G3 angeschlossen hat. Brhgsch erwahnt dabei ausdriicklich des ersten Piehl-
schen Aufsatzes.
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gethan hat. Ein solches Hereintragen personlicher Ansichten in die Inschriften muss der
Willkui- Tkiir und Thor offnen und dem Vertrauen in die correcte Wiedergabe des Urtextes
— und auf eine solche kommt es hier einzig und allein an, nicht darauf ob eine correction
semble de mise — schweren Abbruch thun.1
Auf ebensowenig Zustimmung wie zu solchen Grundsâtzen wird der Verfasser rechnen
konnen, wenn er behauptet, Sprachgefiige und Logik seien von einander unabhângige, ja
sehr oft diamétral entgegengesetzte Dinge. Insoweit bat er ja Recht, dass es unmoglich ist,
mit Hilfe der Logik allein Texte zu ubersetzen, ebensowenig geniigt aber dazu die Grammatik
allein, sondern beide mtissen, besonders bei einer Sprache, deren Formen grammatikalisch
und lexicographisch so vieldeutig sind, wie die agyptischen, Hand in Hand geben. Ergiebt
eine grammatikalisch nocb so correcte Uebersetzung einen unlogischen Sinn, so sind nur drei
Moglicbkeiten vorhanden : entweder der Verfertiger des Urtextes war nicbt bei Sinnen, und
das wird man docb nur in den seltensten Fallen annebmen wollen, oder der Text ist fehler-
baft uberliefert, was aucb nicht obne weiteres wird behauptet werden konnen, oder endlicb,
der Uebersetzer bat grammatische Formen und Worte an und fur sicb zwar ricbtig erkliirt,
aber nicbt beacbtet dass die betreffenden Bedeutungen in diesem Zusammenbange nicbt passen.
Dieser letztere Fall wird der gewôbnlicbste sein, er tritt besonders bei der Wiedergabe agyp-
bscher religioser Texte sebr hâufig uns entgegen und beweist dann die Unmoglichkeit des
Textinbaltes die Unricbtigkeit der Wiedergabe des Originales. Bis zu einem gewissen Grade
Jst dies auch bei der Wiedergabe der sogenannten SaitenformeP durcb H. Piehx der Fall.
Nach demselben ware die Formel eine Art von Bescbreibung der Statuen, auf denen
sie sicb fande und besagte nur, dass in dem Naos derselben der Stadtgott des Verstorbenen
Ani, d. b. Osiris, dargestellt werde. Letzteres ist durchaus nicht in allen Fallen richtig. Wie
der Verfasser selbst anfuhrt, siebt man in dem Naos einer mit der Formel bedeckten Statue
1]i London Neith dargestellt, d. b. die betrefFende Formel entbielte eine Unricbtigkeit, und
ebie andere Statue im Louvre — dasselbe ist bei einer Statue der ehemaligen Sainmlung
Posno (publ. Ebvillout, Rev. égypt. IL p. 62 sqq.) und der von Kirghee (Interpr. obelisci
P- 140—141) edirten der Fall — besitzt gar keinen Naos, d. h. die Formel sagte eine Un-
Wahrheit. Wenn der Verfasser meint, man habe wohl urspriinglich solche Statuen mit einem
Naos mit Osiris verseben wollen, dièse Absicht aber spater zuweilen vergessen, so ist es nicht
warum sicb daim auf diesen monolithen Statuen die betrefFende Inschrift findet, da man
1) Zur Uebersetzung der ersten Sarcophagformel bemerke ich nur, dass selbstverstândlich hier j^,—d
|flverbial — vgl. z. B.__a in dem Texte Bec. IV, p. 69 — aufgefasst ist und die Uebersetzung
?er steht» nur den Sinn wiodergeben soll. Dagegen ist lïervorzuheben. dass trotz H. Pieul's Behauptung
z^i niemals «grammaticalement» mit «ton âme ne sera pas anéantie» iibersetzt werden
k'iim, da fe^ nicht die Seele bedeutet, dièse vielmehr 1*0^ geschrieben wird. Ebensowenig heisst nen
***-/ «l'immobile», da sek die Grundbedeutung «zerstoren» und nicht «sich bewegen » hat. (Die Neben-
^deutungen : f'ortziehen vom Schiffe, fiihren, leiten, vgl. Brugsch, Did. IV, p. 1323 sqq., konnen hier nicht
111 Betracht kommen.)
2) Zur Litteratnr derselben ist nachzutragen, dass ich bereits in meiner Geschichte Aeçjyitiens, 1880, S. 57
auf dieselbe eingegangcn bin, was H. Piéhl unbekannt gebliebeu zu sein scheint. Weiter war zu erwiihnen
^e ganz abweichende Auff'assung der Formel durch Brugsch, Dût. V, p. 88, dem sich auch Bevillout,
^e». ègypt. I, p. 184, sq.; II, p. G3 angeschlossen hat. Brhgsch erwahnt dabei ausdriicklich des ersten Piehl-
schen Aufsatzes.