424
K. Beyerle
walten und an den Jahrlagen der beiden Grafen
den Brüdern ein volles Servitium (,plenum ser-
vitium ) reichen. Die Gefälle von 31/s Hufen zu
Frittlingen (OA. Spaichingen), die der Stifter
zur Jahrzeit seines im Kampf gegen Herzog
Ernst gefallenen Bruders Mangold gestiftet hatte,
habe Abt Berno, da sie nicht ausdrücklich den
Brüdern vorbehalten waren (,quia necessitatibus
fratrum non fuerat singulariter aptatum ), zu
Lehen 'nen, dafür aber, als er die Unzufrie-
denheit des Stifters gewahrte, durch Zuweisung
eines Weingartens auf der Insel Ersatz geleistet.
Nun habe der Stifter noch einen weiteren Wein-
garten zu Allensbach hinzuerworben und daraus
für die Brüder zur Jahrzeit seines Vaters eine
volle Karität (,plenam caritateni ) bestimmt.
Auch zwei Schenkungen, die Graf Berthold von
Zähringen für das Seelenheil seines Großvaters
und ein Vasall des Klosters namens Gunter zu
seinem Seelenheil der Reichenau gegeben, habe
der Abt gegen Zehntbezüge von Gütern in der
Nähe der Nellenburg vertauscht. Der Stifter hat
noch eine Mühle in Ramsen hinzugefügt. Von
dieser letzteren und über jene Zehnten sei den
Brüdern bisher noch kein Servitium bestimmt
worden, was der Stifter dringend wünsche: Die
Brüder der Reichenau sollen daraus zu seinem
Gedächtnis bei dessen Lebzeiten und nach dem
Tod em volles Servitium erhalten. Endlich habe
Abt Berno und der Konvent zugestimmt, daß
Graf Eberhard und nach ihm sein Sohn, der
Vasall des Abtes von Reichenau ist, die Vogtei
(,defensio ) über die St. - Lorenz - Kirche inne-
haben, nur mit dessen Zustimmung sollte der Abt
jeweils die Kirche einem Mönch verleihen.
Als nach den Stürmen des Investiturstreits Abt
Frideloh von Heidegg und sein Kustos Udalrich
an den Wiederaufbau des klösterlichen Lebens
gingen, sahen sie sich angesichts der inzwi-
schen fortgeschrittenen Schmälerung der Kloster-
■•^mkünfte — was war davon alles in die Hände
von Vögten, Vasallen und Ministerialen gekom-
men ! — in noch höherem Grade, als hundert
Jahre zuvor Abt Berno und Graf Eberhard von
Nellenburg, genötigt, denselben Weg weiterzu-
gehen und zur Sicherung der Karitäten gegen den
Zugriff des Lehensadels die dafür gestifteten
Güter mit bestimmten Pfründen dauernd zu ver-
binden. Das zeigen zwei wichtige Urkunden: die
Jahrzeitstiftung des Abtes Frideloh vom Jahr
1142 und die des Ritters Markward von 1165.
In der Jahrzeitstiftung Fndelohs von Heidegg,
die Kustos Udalrich 1142 eigenhändig geschrie-
ben (oben S. 138) 82), zeigt sich bereits der dop-
pelte Zweck der Karitäten, Liebesmähler der
Toten und Entlohnung für liturgische Leistungen
zu sein. Der Abt schenkt darin einen Weingarten
auf der Insel und ein auswärtiges Gut an die
Pfründe der St.-Kilians-Kapelle beim Reichen-
auer Münster und bestimmt, daß aus den Erträg-
nissen der geschenkten Güter den Klosterbrüdern
an seinem Jahrgedächtnis die gewohnte Karität
entrichtet werde (,statuimus, inde . . . caritatem
unam secundum situm huius loci et consuetudinem
eorum in pane et in vino dari); zu diesem Lie-
besmahl des Abtes stiftete der Priester Burk-
hard von Tengen, Sohn des Reichenauer Mini-
sterialen R. von Badewegen drei weitere Eimer
Weines, ,ut inde habeatur supplementum“. Außer-
dem sollten die Kleriker der Kirchen St. Johann
und St. Adalbert ein halbes Brot und einen Krug
Weines, ferner jeder Arme im Spital ein Brot
und einen Becher Weines am Jahrtag des Abtes
erhalten, damit sie em um so frommeres Gebet
für den Spender zu Gott emporsenden. Soweit
die Urkunde andere Karitäten im Dienst der
Liturgie anordnet, kommen wir alsbald darauf
zurück.
Auch die Jahrzeiturkunde des Reichenauer Rit-
ters Markward von 1165 hat noch Kustos Udal-
rich redigiert.83) Dieser Ritter Markward em
Ritter von niederem Heerschildgrad, dessen Sitz
K. Beyerle
walten und an den Jahrlagen der beiden Grafen
den Brüdern ein volles Servitium (,plenum ser-
vitium ) reichen. Die Gefälle von 31/s Hufen zu
Frittlingen (OA. Spaichingen), die der Stifter
zur Jahrzeit seines im Kampf gegen Herzog
Ernst gefallenen Bruders Mangold gestiftet hatte,
habe Abt Berno, da sie nicht ausdrücklich den
Brüdern vorbehalten waren (,quia necessitatibus
fratrum non fuerat singulariter aptatum ), zu
Lehen 'nen, dafür aber, als er die Unzufrie-
denheit des Stifters gewahrte, durch Zuweisung
eines Weingartens auf der Insel Ersatz geleistet.
Nun habe der Stifter noch einen weiteren Wein-
garten zu Allensbach hinzuerworben und daraus
für die Brüder zur Jahrzeit seines Vaters eine
volle Karität (,plenam caritateni ) bestimmt.
Auch zwei Schenkungen, die Graf Berthold von
Zähringen für das Seelenheil seines Großvaters
und ein Vasall des Klosters namens Gunter zu
seinem Seelenheil der Reichenau gegeben, habe
der Abt gegen Zehntbezüge von Gütern in der
Nähe der Nellenburg vertauscht. Der Stifter hat
noch eine Mühle in Ramsen hinzugefügt. Von
dieser letzteren und über jene Zehnten sei den
Brüdern bisher noch kein Servitium bestimmt
worden, was der Stifter dringend wünsche: Die
Brüder der Reichenau sollen daraus zu seinem
Gedächtnis bei dessen Lebzeiten und nach dem
Tod em volles Servitium erhalten. Endlich habe
Abt Berno und der Konvent zugestimmt, daß
Graf Eberhard und nach ihm sein Sohn, der
Vasall des Abtes von Reichenau ist, die Vogtei
(,defensio ) über die St. - Lorenz - Kirche inne-
haben, nur mit dessen Zustimmung sollte der Abt
jeweils die Kirche einem Mönch verleihen.
Als nach den Stürmen des Investiturstreits Abt
Frideloh von Heidegg und sein Kustos Udalrich
an den Wiederaufbau des klösterlichen Lebens
gingen, sahen sie sich angesichts der inzwi-
schen fortgeschrittenen Schmälerung der Kloster-
■•^mkünfte — was war davon alles in die Hände
von Vögten, Vasallen und Ministerialen gekom-
men ! — in noch höherem Grade, als hundert
Jahre zuvor Abt Berno und Graf Eberhard von
Nellenburg, genötigt, denselben Weg weiterzu-
gehen und zur Sicherung der Karitäten gegen den
Zugriff des Lehensadels die dafür gestifteten
Güter mit bestimmten Pfründen dauernd zu ver-
binden. Das zeigen zwei wichtige Urkunden: die
Jahrzeitstiftung des Abtes Frideloh vom Jahr
1142 und die des Ritters Markward von 1165.
In der Jahrzeitstiftung Fndelohs von Heidegg,
die Kustos Udalrich 1142 eigenhändig geschrie-
ben (oben S. 138) 82), zeigt sich bereits der dop-
pelte Zweck der Karitäten, Liebesmähler der
Toten und Entlohnung für liturgische Leistungen
zu sein. Der Abt schenkt darin einen Weingarten
auf der Insel und ein auswärtiges Gut an die
Pfründe der St.-Kilians-Kapelle beim Reichen-
auer Münster und bestimmt, daß aus den Erträg-
nissen der geschenkten Güter den Klosterbrüdern
an seinem Jahrgedächtnis die gewohnte Karität
entrichtet werde (,statuimus, inde . . . caritatem
unam secundum situm huius loci et consuetudinem
eorum in pane et in vino dari); zu diesem Lie-
besmahl des Abtes stiftete der Priester Burk-
hard von Tengen, Sohn des Reichenauer Mini-
sterialen R. von Badewegen drei weitere Eimer
Weines, ,ut inde habeatur supplementum“. Außer-
dem sollten die Kleriker der Kirchen St. Johann
und St. Adalbert ein halbes Brot und einen Krug
Weines, ferner jeder Arme im Spital ein Brot
und einen Becher Weines am Jahrtag des Abtes
erhalten, damit sie em um so frommeres Gebet
für den Spender zu Gott emporsenden. Soweit
die Urkunde andere Karitäten im Dienst der
Liturgie anordnet, kommen wir alsbald darauf
zurück.
Auch die Jahrzeiturkunde des Reichenauer Rit-
ters Markward von 1165 hat noch Kustos Udal-
rich redigiert.83) Dieser Ritter Markward em
Ritter von niederem Heerschildgrad, dessen Sitz