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Albert, Peter P.; Beyerle, Konrad [Hrsg.]
Die Kultur der Abtei Reichenau: Erinnerungsschrift zur zwölfhundertsten Wiederkehr des Gründungsjahres des Inselklosters 724-1924 (1. Halbband) — München: Verlag der Muenchner Drucke, 1925

DOI Kapitel:
Leben und Verfassung der Reichsabtei
DOI Artikel:
Roller, Otto Konrad: Die Münzen der Abtei Reichenau
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https://doi.org/10.11588/diglit.61010#0605
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DIE MÜNZEN DER ABTEI REICHENAU
PROFESSOR DR. O. ROLLER / KARLSRUHE

Das münzwesen der abtei rel
chenau hat bis jetzt noch keine zusammen-
fassende Darstellung gefunden. Es steht nicht
einmal fest, welche Münzen im Mittelalter aus
ihren Prägestätten hervorgegangen sind, welche
von den bis jetzt noch unbestimmten Münzen, De-
nare wie Brakteaten aus dem Bodenseegebiet, die
uns die zahlreichen Funde der letzten hundert
Jahre gebracht haben, dem Stifte unbestreitbar
zuzuschreiben sind. Und es fehlen uns einstweilen
alle Mittel, diese Fragen zu entscheiden, da wir
in der Tat bis ms 15. Jahrhundert hinein keine
Gewißheit, ja keinerlei Vorstellung davon haben,
was für Prägebilder die Äbte im Früh- und Hoch-
mittelalter auf ihre Münzen setzen ließen, um sie
von den Geprägen ihrer Nachbarn zu unterschei-
den. Bei diesem Zustande unserer Kenntnis kann
zunächst nur die Aufgabe gelöst werden, aus dem
uns überlieferten Urkundenvorrate festzustellen,
wann, zu welchen Zeiten die Abtei Münzen ge-
prägt hat, um dadurch zu ermitteln, welche von
den vielen, aus den verschiedenen Jahrhunderten
stammenden, der Abtei beigelegten Mittelalter-
münzen — und man hat ihr schon eine ganz be-
trächtliche Zahl beigelegt — tatsächlich von ihr
ausgegangen sein können, und welche unmöglieh
ihr zugewiesen werden dürfen, da sie aus Zeiten
stammen, m denen die Äbte nicht haben prägen
lassen. Sodann können wir an den nach dieser
ersten Auslese verbliebenen Vorrat noch einen
zweiten Gesichtspunkt herantragen und durch eine
kritische Betrachtung der für die Abtei als be-
sonders bezeichnend in Betracht kommenden
1 ypen und Geprägeformen dieser Münzen das
Nichthergehörige ausscheiden. Und bis auf wei-
teres wird es auch bei dieser negativen Aufgabe
bleiben müssen, bis wir durch einen glücklichen
l'und Münzen in die I land bekommen, die durch
Lmsclirilt oder andere sichere Kennzeichen uns
Rcichenauer 1 ypen kennen lehren. Dementspre-

chend betrachten wir zuerst an der Hand der
Urkunden die Geschichte der Reichenauer Präge-
stätten, sodann die Reihe der dem Stifte bisher
zugewiesenen Münzen, und prüfen dabei jedes
einzelne Stück, ob es der Zeit nach als Reichen-
auisch angesprochen werden kann, und ob die
Gründe, welche die Zuteilung bestimmten, auch
wirklich im Hinblick auf die Typen, die Dar-
stellungen auf den Münzen dieselben der Rei-
chenau zuzulegen gestatten, oder ob die Präge-
bilder zu Unrecht als Reichenauer Typen ange-
sprochen sind und anderen Münzherren ange-
hören. Unsere bisherige Kenntnis vom Münz-
wesen der Abtei gestattet leider kein anderes
Verfahren, wie wenig auch seine unvermeidliche
Polemik dem festlichen Zwecke der vorliegenden
Gesamtveröffentlichung entsprechen mag.
I
Wie die meisten alten Reichsabteien, so hatte
auch Reichenau im Zusammenhänge mit den ihm
von den deutschen Königen zugewiesenen großen
wirtschaftlichen Aufgaben das Münzrecht erlangt.
Das verlorene Privileg (Mon. Germ. Dipl. II,
nr. 280), das dieses wichtige Recht enthielt, war
durch Kaiser Otto III. dem Abte Alawig ver-
liehen worden, und Ottos Kanzler Heribert hatte
es durch den dritten der von ihm in der Reichs-
kanzlei angestellten Schreiber abfassen lassen.
Danach durfte der Abt m dem gleichzeitig mit
Marktrecht ausgestatteten Allensbach zur Hebung
des Marktverkehrs Münzen prägen lassen. Das
schwäbisch-alemannische Land war damals noch
sehr arm an Münzstätten, die mit ihren Prägungen
in der Hauptsache zur Überleitung der Landes-
produkte, vorab der der großen Grundherrschaften,
aber auch der kleineren Bauern, in den auswär-
tigen Handel dienen sollten. Das Land war, wie
auch das benachbarte bayerische Stammesherzog-
tum noch wenig entwickelt, kaum daß es in der
 
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