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Museum Narodowe w Krakowie [Hrsg.]
Rozprawy Muzeum Narodowego w Krakowie — N.S. 5.2012

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Flor, Ingrid; Marcinkowski, Wojciech: Eine Jan Wielki zugeschriebene Marienkrönung nach Veroneser Vorgabe: Die Ikonographie des ,,Veroneser Typus''
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https://doi.org/10.11588/diglit.21225#0244

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242 Ingrid Flor, Wojciech Marcinkowski

zum Ziel von Wallfahrten werden. Bald schon erwies es sich ais unabdingbar sowohl fur
die allgemeine Liturgie ais auch das private Gebet. Zum anderen hatte das 4. Laterankonzil
1215 die Darbietung von Reliąuien in anderer Form ais in Reliąuiaren untersagt. Dadurch
konnte das Bild - aufgefasst ais Art der Kontaktaufnahme des Menschen mit Gott - jetzt
eine zusatzliche Gewahr der Wirksamkeit dieses Kontakts erhalten, indem es die Reliąuien
in sich einschloss, ihnen also gewissermafien „Schutz gewahrte“. Die Heiligen, korperlich
anwesend in ihren irdischen Gebeinen und zugleich, nach den Worten der Offb 6,9 in der
Niihe Gottes, zu Fiifien des himmlischen Altars, waren schliefslich ideale Fiirsprecher der
Glaubigen. Es geniigte nur, das Bild in ein Reliąuiar umzuwandeln. Am einfachsten liels
sich das erreichen, indem man das Bild in einen Reliąuienrahmen fasste. Diese Idee wurde
aus dem Osten ubernommen.4 Dabei vermittelten Venedig und Siena, italienische Stad-
te, die traditionell eine grofie Offenheit gegenuber der byzantinischen Kunst zeigten. Es
scheint, dass Diptychen und Triptychen in Reliąuienrahmen friiher auftraten ais einzel-
ne Bilder. Der gemeinsame Weg von Bildern und Reliąuien trennte sich endgiiltig gegen
Ende des 15. Jahrhunderts im Zuge der Annahme einer neuen Konzeption des neuzeitlL
chen Bildes, dem sich auch die Sakralkunst nicht verwehrte.

Die Stiftung der Krakauer Kiirschner erfolgte im Kontext der in Kleinpolen bereits
gefestigten Tradition des Reliąuiarbildes. Schon ein halbes Jahrhundert zuvor (zwischen
1428 und 1439) wurde in der Krakauer Fronleichnamkirche der Augustiner-Chorherren
vom Lateran ein in den siebziger Jahren des 14. Jahrhunderts in Bohmen entstandenes
Bild der Muttergottes mit Kind, das in der Zeit der Fiussitenkriege aus dem Augustinerklo-
ster in Roudnice nach Krakau gebracht worden war, in einen Reliąuienrahmen gefasst.5 6 7

Die Bilder aus der Kiirschnerkapelle weckten das lebendige Interesse nicht nur polni-
scher Kunsthistoriker seit dem Augenblick ihrer Veroffentlichung im jahr 1930. Leonard
Lepszy, der diese Werke in die Fachliteratur eingebracht hat, bezeichnete sie ais in Krakau
„unter dem Einfluss einer Kolner Schule“ entstanden und aufierte weiterhin die Vermu-
tung, dass „Stefan Lochner [...] der Lehrer des Schopfers der Krakauer Bilder gewesen
sein konnte“. 1 Die einzige von Lepszy vorgenommene konkretere Gegeniiberstellung der
Krakauer Verkiindigung mit einer Darstellung mit derselben Thematik auf den Ruckseiten
der Fliigel des Altars der Kolner Patrone [des so genannten Dombilds], eines Standard-
werks der ersten Welle der Rezeption der neuen niederlandischen Malerei in Deutschland,
verbliifFt jedoch durch ihre Verfehltheit.' Karol Estreicher schloss, ahnlich wie Lepszy,
den Import der Bilder aus der Kiirschnerkapelle aus, auBerte sich aber ansonsten kritisch
zu Lepszys Ansichten. Die Krónung hielt er fiir ein Werk des Schopfers der Yorderseiten

4 Wir denken hier an Werke wie die Mosaikikone aus dem 13. Jahrhundert mit einer Darstellung der
Kreuzigung aus dem Museum fiir Byzantinische Kunst (Bode-Museum) in Berlin; Inv.-Nr. 6431.

5 I. Koran, Z. Jakubowski, Łaskawa Madonna krakowskich kanoników regularnych rodem z czeskiej
Roudnicy [Die Gnadenmadonna der Krakauer Augustiner-Chorherren vom Lateran aus dem tschechischen
Roudnice], „Biuletyn Historii Sztuki", 37, 1975, S. 3-12.

6 L. Lepszy: Studia nad obrazami krakowskimi. Dwa obrazy kaplicy Kuśnierskiej kościoła Mariackiego
[Untersuchungen iiber Krakauer Bilder. Zwei Bilder aus der Kiirschnerkapelle der Krakauer Marienkirche],
„Prace Komisji Historii Sztuki PAU“, 5, [ 1930-] 1934, S. 45-56.

7 Ibidem, S. 51.
 
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