DOI Heft:
Komunikaty
DOI Artikel:Flor, Ingrid; Marcinkowski, Wojciech: Eine Jan Wielki zugeschriebene Marienkrönung nach Veroneser Vorgabe: Die Ikonographie des ,,Veroneser Typus''
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.21225#0243
Ingrid Flor*, Wojciech Marcinkowski**
* Graz, ** Das Nationalmuseum in Krakau
Eine Jan Wielki zugeschriebene
Marienkrónung nach Yeroneser Yorgabe
Die Ikonografie des „Yeroneser Typus“
Die beiden kleinen Reliąuiarbilder mit den Darstellungen der Verkundigung und der Ma-
rienkrónung (Abb. 1) wurden im Jahr 1929 dem Nationalmuseum in Krakau ais Leihgabe
anyertraut.1 In der alten Museumsdokumentation werden sie ais aus der Kiirschnerkapelle
der Krakauer Marienkirche stammend bezeichnet. lene „Capella pellificum apparationis
[!] S. Michaelis“ wurde 1443 iiber der Nordvorhalle der Kirche errichtet. In bischóflichen
Visitationen werden jedoch unsere Reliąuiarbilder nicht unter den Ausstattungselemen-
ten der Kapelle genannt.2 Sie wurden wohl eher unter ahnlichen Preziosen im Kirchen-
schatz aufbewahrt.3
Die gewissermafien materielle Gegenwart der Heiligen in ihren Reliąuien, die in an den
Bilderrahmen angebrachten Repositorien verwahrt wurden, sollte das Gefuhl ihrer Fiir-
bitte starken und individuelle Formen der Verehrung fordem. Damit es zu einer Verbin-
dung der Reliąuien mit den Gemalden kommen konnte, mussten zwei Voraussetzungen
erfiillt sein. Zum einen hatte das bewegliche Tafelbild, das ais neue Kunstgattung im Italien
des 12. lahrhunderts durch Inspiration der aus Byzanz importierten Ikonen aufgekommen
war, eine mit Reliąuien vergleichbare Bedeutung erlangt. Man befand, dass Bilder, genau
so wie Reliąuien, den Kontakt zur iibernaturlichen Wirklichkeit ermóglichen. Von diesem
Moment an konnte ein Bild zum zentralen Gegenstand der Yerehrung in der Kirche und
1 Inv.-Nr. MNK ND 9, MNK ND 8. Tempera auf Lindenholz, sichtbar 40,3 x 25, in versilbertem Reliąui-
enrahmen 58,5x43,5 cm. Starkę des Bildtragers (nach Angaben des Konservators Mieczysław Gąsecki)
- 2 cm. Leihgabe der (heute nicht mehr bestehenden) Zunft der Krakauer Kiirschner, geleistet durch den
Vorstand der Marienkirche in Krakau.
2 Acta visitationis exterioris ecclesiarum ad decanatum seu archipresbyteratum cracoviensem [...] incepta
[...] Anno Domini 1599 [...], Archiv der Kurie der Kirchenprovinz Krakau, Sign. AVT 3; Visitatio exterior
ecclesiae archipresbyteralis BMV in Circulo Crac. per [...] Casimirum [...] Lubieński [...] episcopum [...] AD
1711 die 13 junii expedita; Archiv der Kurie der Kirchenprovinz Krakau, Sign. AV Cap. 63.
3 Vgl.: F. Piekosiński, Najdawniejsze inwentarze skarbca Kościoła N.P. Maryi w Krakowie z XV wieku
[Die altesten lnventare des Kirchenschatzes der Marienkirche in Krakau aus dem 15. Jahrhundert], „Spra-
wozdania Komisji do Badania Historii Sztuki w Polsce", 4, 1891, S. 69, 72, 76: „Item tabula in medio est
Assumpcio beate Virginis, latera sunt vitrea et subtus sunt reliąuie (et in superiori parte est parva tabula
aurea sub vitro)“; „Item una tabula dupla, per totum lignea, intrinsecus deaurata et est vitrea subtus sunt
reliąuie (1452)“; „[...] domina Trewthelyn [...] dedit [...] unam tabulam cum diversis reliąuijs perpetuis
temporibus (1467)“; „[...] tabula parvula cum reliąuijs et perlis (1484)“.
* Graz, ** Das Nationalmuseum in Krakau
Eine Jan Wielki zugeschriebene
Marienkrónung nach Yeroneser Yorgabe
Die Ikonografie des „Yeroneser Typus“
Die beiden kleinen Reliąuiarbilder mit den Darstellungen der Verkundigung und der Ma-
rienkrónung (Abb. 1) wurden im Jahr 1929 dem Nationalmuseum in Krakau ais Leihgabe
anyertraut.1 In der alten Museumsdokumentation werden sie ais aus der Kiirschnerkapelle
der Krakauer Marienkirche stammend bezeichnet. lene „Capella pellificum apparationis
[!] S. Michaelis“ wurde 1443 iiber der Nordvorhalle der Kirche errichtet. In bischóflichen
Visitationen werden jedoch unsere Reliąuiarbilder nicht unter den Ausstattungselemen-
ten der Kapelle genannt.2 Sie wurden wohl eher unter ahnlichen Preziosen im Kirchen-
schatz aufbewahrt.3
Die gewissermafien materielle Gegenwart der Heiligen in ihren Reliąuien, die in an den
Bilderrahmen angebrachten Repositorien verwahrt wurden, sollte das Gefuhl ihrer Fiir-
bitte starken und individuelle Formen der Verehrung fordem. Damit es zu einer Verbin-
dung der Reliąuien mit den Gemalden kommen konnte, mussten zwei Voraussetzungen
erfiillt sein. Zum einen hatte das bewegliche Tafelbild, das ais neue Kunstgattung im Italien
des 12. lahrhunderts durch Inspiration der aus Byzanz importierten Ikonen aufgekommen
war, eine mit Reliąuien vergleichbare Bedeutung erlangt. Man befand, dass Bilder, genau
so wie Reliąuien, den Kontakt zur iibernaturlichen Wirklichkeit ermóglichen. Von diesem
Moment an konnte ein Bild zum zentralen Gegenstand der Yerehrung in der Kirche und
1 Inv.-Nr. MNK ND 9, MNK ND 8. Tempera auf Lindenholz, sichtbar 40,3 x 25, in versilbertem Reliąui-
enrahmen 58,5x43,5 cm. Starkę des Bildtragers (nach Angaben des Konservators Mieczysław Gąsecki)
- 2 cm. Leihgabe der (heute nicht mehr bestehenden) Zunft der Krakauer Kiirschner, geleistet durch den
Vorstand der Marienkirche in Krakau.
2 Acta visitationis exterioris ecclesiarum ad decanatum seu archipresbyteratum cracoviensem [...] incepta
[...] Anno Domini 1599 [...], Archiv der Kurie der Kirchenprovinz Krakau, Sign. AVT 3; Visitatio exterior
ecclesiae archipresbyteralis BMV in Circulo Crac. per [...] Casimirum [...] Lubieński [...] episcopum [...] AD
1711 die 13 junii expedita; Archiv der Kurie der Kirchenprovinz Krakau, Sign. AV Cap. 63.
3 Vgl.: F. Piekosiński, Najdawniejsze inwentarze skarbca Kościoła N.P. Maryi w Krakowie z XV wieku
[Die altesten lnventare des Kirchenschatzes der Marienkirche in Krakau aus dem 15. Jahrhundert], „Spra-
wozdania Komisji do Badania Historii Sztuki w Polsce", 4, 1891, S. 69, 72, 76: „Item tabula in medio est
Assumpcio beate Virginis, latera sunt vitrea et subtus sunt reliąuie (et in superiori parte est parva tabula
aurea sub vitro)“; „Item una tabula dupla, per totum lignea, intrinsecus deaurata et est vitrea subtus sunt
reliąuie (1452)“; „[...] domina Trewthelyn [...] dedit [...] unam tabulam cum diversis reliąuijs perpetuis
temporibus (1467)“; „[...] tabula parvula cum reliąuijs et perlis (1484)“.