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Schreurs, Anna; Ligorio, Pirro [Ill.]
Antikenbild und Kunstanschauungen des neapolitanischen Malers, Architekten und Antiquars Pirro Ligorio (1513 - 1583) — Köln, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.22612#0015
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I. Einleitung

A. Der Maler, Architekt
und Antiquar Pirro Ligorio

i. Biographie

Giorgio Vasari hielt den neapolitanischen Maler
und Architekten Pirro Ligorio (Neapel 1513/14-
1583 Ferrara) für nicht würdig, in seine »Lebensbe-
schreibungen der berühmtesten Maler, Bildhauer und
Architekten" aufgenommen zu werden. Damit bildet
die von Baglione 1642 verfaßte Biographie die frü-
heste und wichtigste Quelle für Leben und Werk
Ligorios.1 Viele Lebensdaten konnten von der
neueren Forschung zusätzlich aus den Schriften Li-
gorios sowie aus Dokumenten erschlossen werden.2
Eine kurze Zusammenstellung der wichtigsten Da-
ten und Werke soll hier nur einen Einblick in die
Biographie Ligorios geben, auf die im Rahmen die-
ser Arbeit unter verschiedenen Aspekten immer
wieder zurückzukommen sein wird.

Uber mögliche Werke aus der neapolitanischen
Zeit gibt Baglione keine Auskunft. Im Jahre 1534
kam Ligorio nach Rom3, wo er 1542 erstmals in ei-
nem Dokument als „magister Pirrolus Ligorius de na-
polipictor" erscheint.4 Weder die dort erwähnte Aus-
malung der Loggia im Palazzo des Erzbischofs von
Benevent5, noch die von Baglione genannten Fassa-
denmalereien an verschiedenen römischen Palästen
sind erhalten. Einziges Werk, das heute noch Zeug-
nis von seiner Tätigkeit als Maler gibt, ist das nach
1542 entstandene Fresko mit der Darstellung „Tanz

1 Baglione, 1642, S. 9 - 11.

2 Zur Biographie Ligorios s. vor allem: Harding, 1923; Coffin,
1955; ders., 1964; Mandowsky/Mitchell, 1963; Podbrecky, 1983;
Vagenheim 1987.

3 Aus einer autobiographischen Notiz Ligorios geht hervor,
daß er 35 Jahre in Rom die Antike studiert hatte, bevor er 1569
nach Ferrara zog; s. Anhang, Nr. 33. Vgl. Dessau, 1883, S. 1077,
Anm. 1.

4 Lanciani, 1906, S. 102.

der Salome" in der römischen „ Confraternüä di S.
Giovanni Decollato".6 Ein Vertrag zwischen Ligorio
und der „Confratemitä di S. Maria" in Rieti vom
Mai 1546 dokumentiert den Auftrag eines „Gonfa-
lone" mit der Darstellung Mariens, der bei Prozes-
sionen Verwendung finden sollte.7

Vermutlich schon in seiner frühen Zeit in Nea-
pel8, vor allem aber seit der Ankunft in Rom, setzte
sich Ligorio intensiv mit der Welt der Antike aus-
einander: Hier studierte er nicht nur die antiken
Ruinen und Skulpturen, sondern auch Münzen und
jede Art von antikem Gerät. Mit dem Eintritt in den
Dienst des Kardinals Ippolito II. d'Este im Jahre
1549 scheint seine Tätigkeit als Maler immer mehr
in den Hintergrund getreten zu sein. Zwar doku-
mentiert ein Vertrag dieses Jahres den Auftrag an
Ligorio, einen Fries im Palazzo des Kardinals auf
dem Monte Giordano auszuführen; gleichzeitig
wird der neapolitanische Maler jedoch in diesem
Dokument erstmalig als „antiquario" bezeichnet.9
Im Auftrag des Kardinals beaufsichtigte er in der
folgenden Zeit die Grabungen in Tivoli und war
zudem für den Ankauf, die Restaurierung und Auf-
stellung von antiken Statuen zuständig.10

Von den umfangreichen Antikenstudien Ligorios
zeugen die zahlreichen handschriftlichen Bände, die
in diesen und den folgenden Jahren entstanden:
1553 erschien bei Michele Tramezzino in Venedig
das „Libro di Pyrrho Ligorio Napoletano delle antichita
di Roma" mit einer Widmung an Ippolito II. d'Este.
Das Buch wird im Vorwort als erste Publikation in
einer Folge von weiteren vierzig Bänden angekün-

5 Palazzo Santorio (Kern des heutigen Palazzo Doria-Pam-
phili), Lanciani, 1906, S. 102.

6 Baglione, 1642, S. 9; Modigliani, 1931; Gere, 1971; Lotti,
1973; R. Keller, 1976; Weisz, 1982.

7 Sachetti-Sassetti, 1913. Zur Diskussion um die Identifizie-
rung des genannten Werkes mit einem Tafelbild im Museo Civico
in Rieti s. Podbrecky, 1983, S. 25h

8 Vgl. Kap. III.A.

9 Pacifici, 1920, S. 146, Anm. 1.

10 Winnefeld, 1895.

II
 
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