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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1872

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Juni (No. 65 - 77)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33306#0263

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>amstag, I. Juni 1872.'

X«. K5.

Großh. Universitäts-Bibliothek
(Pflichtexpl.) Heidelberg.



lhwchmgtr Wolhtnblatt.

Amts-Werkündigungsötalt für den Bezirk Schwetzingen.
Kadifche H spfcn) eitung.

Erschein« wöchentlich drei Mal^ Dienstag, Donnerstag und Samstag, mit der Sonntags-Beilage „Pfälzer Unterhaltungs-Blatt". - Alle Postanstalten und Bote» nehme«
Bestellungen an. — Preis vierteljährlich 45 kr. Inserate die dreizespaltene Petitzeile oder deren Raum 3 kr. L o k a l a n z e ig en 2 kr.
Alle im Amtsblatt erscheinenden Annoncen werden in das wöchentlich 3 Mal erscheinende, an 42 Plätzen angeschlagene
„Straßen-Placat" gratis anfgenommen.

Das Hamlmchcr Fest,
welches am vorige» Montag begangen wurde,
wird in den Tagesblätlern sehr zurückhaltend
besprochen und gehen die Urtheile darüber je
nach der Parteifarbe so auseinander, daß es
schwer hält, sich ein richtiges Bild über diese
Feier zu machen.
Es sollen gegen 30,000 Theilnehmer zu-
gegen gewesen sein, doch scheint diese Ziffer
etwas hoch gegriffen.
Hinsichtlich der Bedeutung, die dieser Er-
innerungsfeier zu Grunde liegt, scheint es, daß
die Idee dieses Festes eine schlecht gewählte u.
für unsereTage nicht paffende war. Die Red-
ner vor vierzig Jahren schwärmten für einen
Völkerbund, der alle Nationen umfasse, während
uns die neuern Erfahrungen gerade auf den
entgegengesetzten Standpunkt Hinweisen und hin-
drängen; ferner verlangte man vor vierzig
Jahren die Beseitigung nller Dynastien. wo-
gegen wir uns glücklich schätzen, daß das deutsche
Vaterland heute unter dem starken und gewal-
tigen Scepter der Hohenzollern einer ruhigen
aber steten und freiheitlichen Entwicklung entge-
gen geht. Wo sind also die Berührungspunkte
mit 1832 ? — — —
Wenig Fedeimlesen's!
Der deutsche Armeebischof ^lamszanowski
ist mit den Militärbehörden in Streitigkeit ge-
raden. In Folge dessen wurde der Bischof
kurzer Hand seines Amtes enthoben und sieht
einer Disciplinnruniersuchung entgegen. In
Militärangelegenhciten läßt die preußische Re-
gierung eben nicht mit sich umspringen, da
heißt es: Ordre pari rt! ob Laie, oder
Eleriker, ob General oder Trainknecht!
I>as Weste und Kinzig Hute,
was sich von ihnen sagen läßt!
Als Ronher im französ. gesetzgebenden
Körper die September-Regierung der HH. Gam-
betta, Favre, und Genossen angriff, da erwi-
derte Emannel Arago, Mitglied genannter Re-
gierung : „Es glist unter uns nicht Einen,
der die Regierung uicht armer verlassen hätte,
als er sie angeireten hat/- Ihr Diener des
Kaiserreichs, wenn Eure RxMiititel, Eure
Schlösser uud Besitzungen Euch „jcht gestatten,
dieselbe Sprache zu führen, wenn sie Euch für
Euren Sturz nicht zu trösten vermögen, so ver-
geht darum nicht, daß eZ eine öffentliche Mei-
nung gibt, die man nicht mit nllztt großer Frech-
heit heransfordcrn darf. Eines geht also sicher
daraus hervor: Die Bonapartisten haben Frank-
reich durch ihre Schurkereien, die Sep-
temberisten 1a bstls kranos in — — — ho !,-
ncter Weise an den Rand des Abgrunds
gebracht.
Pas französische Mikitärgesetz
wird gegenwärtig im gesetzgebenden Körper de-
battirt. Die Hauptsache dabei ist, daß sich die
Militärkommission über dessen Grundzüge mit
dem Präsidenten der Republik geeinigt hat.

Darnach soll die Stelloeriretung abgeschafft, die
Dienstzeit erhöht und ein straffes Regiment ein-
geführt werden. Im gesetzgebenden Körper
selbst sollen die Verhandlungen so kurz als
möglich geführt werden, damit das Ausland
keinen allzu tiefen Einblick in die Armee-Reor-
ganisation Frankreichs erhält. Wir zweifeln
übrigens nicht, daß dessenungeachtet die deutsche
Regierung so vertraut mit den französischen
Reformen werden wird, als ihr wünschenswerth
sein muß.
Kine Aercherung des deutschen
Marine-Ministers
über die Gestaltung unseres Flottewesens drückt
sich dahin ans: -Ich glaube nicht, daß wir be-
rufen sind, mit unserer Flotte große Schlachten
zu schlagen, ich glaube nicht, daß wir in dieser
Beziehung mit Frankreich und England konkur-
riren sollten, ich glaube, daß es unsere Aufgabe
ist, nur unsere Küsten zu vertheidigen. Dazu
müssen wir in den Häsen solche Flotten zur
Verfügung haben, mit denen wir Ausfälle ma-
chen können. Wir brauchen also in der Nord-
mid Ostsee eben solche Schiffe, wie sie die grö-
ßeren Länder an unsere Küste führen können.
Ich glaube deshalb, daß derFlottengründnngs-
plan, der diesen Standpunkt nicht hat, einer
Aenderung bedarf. Die Resolution, welche be-
antragt ist, und welche den Flottcngründnngs-
ptan gewisserinaßen beschränkt, hat meiner An-
sicht nach wenig Bedeutung, denn die finan-
ziellen Mittel sind unmöglich dazu bereit, um
in den nächsten Jahren etwas anders zu thun,
als zu vollenden, was angefangen ist.
Man sieht, der Herr Minister gibt sich
keinen Illusionen über eine „weltmeerbe-
hcrrschende Germania" hin, sondern
will einfach und üüchtern nur eine Flotte zum
Schutze unserer Küsten. Daß darin aber das
Mögliche und Erreichbare erstrebt und erlangt
wird, daran ist kein Zweifel.
Kine Aröeiteröeivegnng — aver eine
vernünftige, gerechte!
Ein von 3000 Arbeitern des Arsenals
zu Wolwich besuchtes Meeting beschloß der
Regierung eine Denkschrift zu Gunsten 9stün-
digcr Arbeitszeit zu überreichen, nachdem die
Redner ausdrücklich sich gegen einen Lotrike aus-
gesprochen hatten.
Sind die Mtker nur dazu da, um
einander die Käkse zu örechen!
Da der General Wimpffen gegenwär-
tig wieder in Algerien steht und er gleichwohl
das Bedürfniß fühlt, zu der jetzigen Heeresde-
batte seinen Beitrag zu liefern, hat er an den
Siecle einen Brief gerichtet, dem wir folgende
Stellen entnehmen, die sich etwas nngenirter,
als es sonst gebräuchlich ist, über den Zweck
der Heeresreform aussprechen. Der General
schreibt: „Durch die Geschichte scheint mir be-
wiesen, daß der mit Deutschland durch Heinrich
IV. begonnene, durch Ludwig XIV. fortgesetzte

Kampf, der in unserer Zeit wiederaufgenommen,
uns so schreckliches Mißgeschick bereitet hat, daß
dieser Kampf sich in kürzerer oder längerer Zeit
erneuern müsse. Es ist deßhalb nolhwendig
sich auf ihn vorzuberciten. Dazu müssen unsere
Finanzen hergestellt, der Unterricht der Massen
entwickelt, dasjenige stndirt und angewendet
werden, was uns erlauben wird, eine unser
Budget so wenig wie möglich drückende Armee
zu haben, die zugleich den Anforderungen un-
serer Lage entspricht. Dieses Resultat wird
man dadurch erzielen, wenn man den Franzosen
ihren kriegerischen Geist znrückgibt, welchen die
kaiserl. Regierung sich vermindern ließ. Ich
deute da keine Utopie an, sondern ein mehr
oder minder von unseren Nachbarn befolgtes
Verfahren, das wir auf uns anwenden müssen,
wenn wir unseren Truppen und unseren Reser-
ven fähige Offiziere, die sich von den Pflichten
durchdrungen, welche im edlen Waffenhandwerk
zu erfüllen sind, geben wollen, ohne daß wir
dazu unseren so beschränkten finanziellen Mit-
teln noch den Unterhalt eines unverhältnißmä-
ßigen Generalstabs aufzubnrden brauchten. Nach
den gegenwärtigen Ansichten ist meiner Mei-
nung nach die ganze Nation dazu berufen, Theil
zu nehmen an der größten Handlung, welche
ein Volk sich auserlegen kann, Krieg zu führen."

Aus Wah und Jern.
Rom, 22. Mai. Ais gestern Abends
der Kronprinz Humbert auf dem Bahnhof im
Kreise seiner Offiziere stand und auf den Zug
wartete, nm nach Mailand und von da nach
Deutschland zu fahren, ging der französi-
sche Gesandte, den Hut auf dem Kopf
und seine Cigarre im Munde, in so ostensibler
Weise ans und ab, daß cs Jedermann aus-
fiel. Als der Kronprinz abgefahren war, gin-
gen zwei seiner Adjutanten auf ihn zu und
stellten ihm das» Ungeziemende .seines Beneh-
mens in ernsten Worten vor. Was dieser
Zwischenfall für weitere Folgen hat, ist ad
znwarten. «
— In Berlin ist der englische Kapitän Ma-
cueille in Begleitung mehrerer Ingenieure ans
London eingetroffen, um dem Kriegsminifterinm
ein Gewehr ne n ester Erfind i: n g vor-
zulegen ; dasselbe wird mit zwei Griffen schuß-
gerecht gemacht und hat eine Schußgeschwindig-
keit von 50mal in der Minute. Das ist zwar
außerordentlich, wir Höffens aber noch u>
erleben, daß man in gär keiner Zeit mehr
schießt. _
Vermischtes.
— Eine Riesenwi! r st. Nicht blos
die Engländer oder Holländer verstehen es,
Riesenpudings oder Riesenkäse anzufertigeu,
sondern auch in Deutschland sind schon aus
älterer Zeit Beispiele vorhanden, daß unsere
 
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