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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1872

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September (No. 105 - 116)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33306#0439

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Sechster Jahrgang

Dienstag, 10. September 1872.

Xo. 108.

Erscheint
wöchentlich drei Mal'
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Aste Postanstalten
und Boten nehmen
Bestellungen an.


lhwchmger Wochenblatt.
Amtsverkündigungsvtatt für den Aezirk Schwetzingen.
Kadische Hopsen Leitung.
Alle im „Tchwetzinger Wochenblatt (Amtsblatt) erscheinenden Am»'«cen^eröen in vaSwöcktttttlich.'! mal erscheinende, an 42 Plätzen, iu
Schwetzingen, Hockenheim und Plankstadt angeschlagene.Stratzen-Plaeat- gratis aufgenommen.

Prei»
vierteljährlich 45 kr.
Znjerate
die dreigespaltene
Petrtzeile oder deren
Raum 3 kr.
L o ka l «inz eigen
« kr.

ZUM 9. September 1872.

Noch klingt's in unfern Ohren wie Heller Glockenklang,
Noch braust es durch die Linie wie jubelnder Gesang,
Noch sehen wir die Straßen von tausend Flaggen bunt,
Noch hören wir den Donner, den Gruß aus eh'rnem Mund,
So oft wir, — stolz —, gedenken der großen, großen Zeit,
Die Deutschland hoch erhoben zu Macht und Herrlichkeit;
Denn jeder Tag, den einschließt das Jahr des heiligen Kriegs,
War Zeuge einer Größt hat, war Bote eines Diegs!
Doch — jeder Tag auch mahnt uns an eine ew'ge Schuld,
An Gottes reiche Gnade, an Gottes treue Huld;
Doch jeder Tag auch mahnt uns an eine hcil'ge Pflicht,
Die täglich frische Kränze für all die Helden flicht,
Die mit der Kraft des Geistes, wie mit des Körpers Kraft
Am Bau der deutschen Einheit in treuem Fleiß geschafft,
Die, keine Drangsal fürchtend, nicht Tod, nicht Schmerzgefühl,
Im schweren Kampf errungen das langersehnte Ziel!

Zumal den deutschen Fürsten gelt' heute Preis und Dank,
Die, fern von schnöder Selbstsucht, furchtlos und sonder Wank,
Sich freudig an die Spitzen des deutschen Volks gestellt,
Die würdig sich bewähret, ein jeder als ein Held, —
Die fortan auch uns führen, — in fester, treuer Hand
Das Banner wahrer Freiheit, des Volksglücks höchstes Pfand !
Vor Allen doch sei dankbar des Fürsten heut gedacht,
Der hoch auf Badens Throne gehalten deutsche Wacht,
Der mannhaft stets gerungen für Deutschlands höchstes Gut,
Der Allen vorgeleuchtet an Treu', an Opfermuth!
Deß wird getreu gedenken der Völker dankbar Herz,
In das sein Bild gegraben, wie in ein kostbar Erz:
Je herrlicher erstrahlet der Ruhm des Vaterlands,
Je reicher sich entfallet des deutschen Reiches Glanz,
Um so viel höher gepriesen wird Friedrich's Nam e sein —
Sein Haupt wird ewig leuchten im reinsten Glorienschein!
Eduard Nowack.

Hagesüversicht.
Schwetzingen, 10. September.
Sämmtliche gestrige W i e n e r Z e i t u n g e ll feiern
die Reise des Kaisers nach Berlin als ein
Symptom derFriedenser Haltung und Beweis
der Erstarkung der europäischen Machtstellung Oesterreichs,
dabei die neueste Ministerkrisis in Bayern mit lebhaftem
Tadel besprechend.
Der schweizer BundeSrath hat die Mitglie-
der des Alabama-Schiedsgerichtes zu einer
Feier der glücklichen Beendigung ihrer Bcralhungen nach
Bern eingeladen.
Der Präsident des Congreffes der „Inter-
nationalen" in Haag eröffnete die vorgestrige Sitzung
mit einer Rede, worin er den Nutzen der londoner Be-
rathungen für die „Internationale" und namentlich die
zunehmende Mitgliederzahl unter der ländlichen Bevölke-
rung hervorhob, Hollands Gastlichkeit erwähnte, Trochu und
Favre heftig angriff und mit Genugthuung die Antwort
Englands auf das Verlangen, die Commune - Flüchtlinge
auszuliefern, betonte, welche besage, daß dasselbe Land,
welches Napoleon und dessen Anhängern ein Asyl gewähre,
auch ein Asyl für die Communemitglieder sei, Reoner
forderte die Versammlung schließlich auf für die Befreiung
der Arbeiterklaffe weiter zu arbeiten. Sodann wurde ein
Bericht des Generalraths verlesen, welcher die Mitglieder
ermahnt, trotz aller Verfolgungen ihre Ziele und Bestrebungen
weiter zu verfolgen. Der Hauptberathungsgegenstand war
die Fortdauer oder die Auflösung des Generalraths. Die
Zahl der Deputaten beträgt 69. Es befinden sich darunter
3 Frauen. Der Bericht des Generalraths, welcher gedruckt
wird, erwähnt hauptsächlich, daß seit dem Jahre 1848 das
Proletariat sich niemals so einträchtig um ein Banner ge-
schämt habe, wie unter der Commune.
Die griechische Regierung betritt nun mit
Ernst den Weg der Reformen im Verwaltungswesen. Hohe
Pensionen sind als ungesetzlich wegdekredirt und viele Stellen
abgeschafft worden.
Berlin, 5. September. Im April d. I. erhielt Fürst
Bismarck mit dem Poststempel „Paris" folgendes
Schreiben:
„An Se. Durchl. den Fürsten v. Bismarck, Deutschen
Reichskanzler zu Berlin. Preußen. (Privaisache.)
Fürst ! Eines Tages erschien einer meiner Altvordern
bei Herrn von Cavour und fragte ihn, welche Strafe er
über die Person verhängen würde, die ihn in's Elend ge-
bracht hätte. „Ich würde sie tödten," erwiderte kalt der
Minister. „Nun denn," entgegnete der Andere dem be-
rühmten italienischen Staatsmann, „ich werde Sie nicht

tödten, wenn Sie mir 40,000 Fr. leihen, um mein durch
Sie zu Grunde gerichtetes Vermögen wiederherzustellen."
Man setzte sich auseinander und Herr von Cavour zahlte
die verlangte Summe dem Bittsteller, der sie ihm nach
einiger Zeit vollständig zurückerstattet. Heute folge ich dem
Beispiel meines Ahnherrn und wende mich an den berühm-
ten Fürsten Bismarck mit der Bitte, mir 40,000 Fr. zu
leihen, um meinen Geschäften aufzuhelfen. Der französische
Krieg hat meine Zukunft unrettbar vernichtet Ich werde
Sic also tödten, wenn Sie nicht wie Herr von Cavour
handeln. Was ich sage, werde ich auch ansführen, und um
Ihnen einen Begriff von meiner Verwegenheit zu geben,
brauche ich Ihnen nur zu sagen, daß ich am 17. Februar
1871 gegen 2 Uhr Nachmittags das Leben Sr. künftigen
Majestät des Prinzen Fritz in meiner Hand gehabt hatte;
ein Wort von mir und er war nicht mehr; aber heim-
tückisches Blutvergießen ist mir zuwider; ich lasse dem Feind,
welchen ich treffen will, lieber eine Warnung zugehen. Sic
sind die Ursache meines Unglücks; seien Sie also so groß-
müthig, mir die Reise von Paris nach Berlin zu ersparen.
Ich frage mich nur, ob der Fürst Bismarck weniger Seelen-
größe zeigen wird als Cavour. Sein Ruf bestreitet cs
einstweilen; wir wollen sehen, ob seine Akte diesen Ruf
rechtferiigen. Empfangen Sie, Fürst, in Erwartung Ihrer
Antwort die Huldigung meiner Hochachtung.
Paris, 18. April 1872. (Unterschrift unleserlich),
angehender Pharmaceut bei Herrn Bouillon, 78 Rue du
Four St. Germain in Paris."
Diesem Briefe war folgender Wechsel beigeschloffen:
„Am 18. April 1874 zahle ich an die Ordre des
Fürsten Bismarck, deutschen Reichskanzlers, die Summe von
40,000 Fr- Werth haar empfangen. — LouisJour-
dan." (Und darunter die unleserliche Unterschrift, wie
oben.)
Die deutsche Reichskanzlei ließ diese beiden Schriftstücke
durch die kaiserliche Botschaft dem französischen Minister
des Aeußern mittheilen und dieser leitete sie an seinen Kol-
legen von der Justiz, welcher gerichtliche Erhebungen veran-
laßte. Dieselben ergaben, daß dieser plumpe Erpressungs-
Versuch in der That von einem Pharmazie-Eleven. Namens
Louis Jourdan ausgegangen war. Louis Ferdinand
Jourdan erschien demnach gestern vor der 8. Kammer des
Pariser Zuchtpolizeigerichts. Er ist 24 Jahre alt, aus
Savoyen gebürtig, gehörte während des Krieges einem sa-
voyschen Bataillon der Mobilflarde an und betrieb seitdem
pharmazeutische Studien; er Heflhäfligte sich, wie das Zeu-
genverhör ergabt, viel mit Spiritismus Und hat auch schon
von geistlichen Kongregationen bald durch die demüthigsten
Bitten, bald durch die kühnsten Drohungen Geld zu er-

pressen versucht. Der auf Veranlassung des Vertheidigers
vorgeladene Sachverständige Dr. Blanche will entdeckt haben,
daß der Angeklagte sich nicht im Vollgenuß seiner geistigen
Kräfte befinde; der Gerichtshof schenkt aber diesem Gutach-
ten keinen Glauben und verurtheilt Jourdan zu einem Jahr
Gefängniß.
Deutsches Reich
Berlin, 5. Sept. Man schreibt dem „Frkf. Journ." :
Ans Sonntag Vormittag ist beim Kaiser Wilhelm in sei-
nem Palais eine Konferenz der drei Kaiser an-
gesag! worden, an der die Minister Graf Andrassy, Fürst
Gortschakoff und Fürst Bismarck Thcil nehmen werden.
Es liegt hiernach auf der Hand, daß der nächste Sonntag
der wichtigste Tag der ganzen Enlrevue sei» wird, voraus-
gesetzt, daß die erste vertrauliche Berathung der Monarchen
und ihrer Minister andere Konferenzen »ich! weiter nö.hig
macht. Für diese Besprechungen ist eine bestimmte Zeit
auf dem officiellen Programm der Kaiser-Zusammenkunft
nicht angegeben; sic werden je nachdem zwischen andere
Arrangements eingcschoben. Die drei Minister dürften Tag
für Tag zu Berathuugcn zusammenkomineu. Sehr wahr-
scheinlich arbeiten sie schon hier ein Rundschreiben für die
übrigen Großmächte aus. denen darin von den Intentionen
der drei Kaiser Kenntniß gegeben werden soll. Ließ ist,
wie man mittheilt, die ausgesprochene Absicht der drei
Mächte, weil ihnen an nichts so viel gelegen ist, als an
der Ueberzengung Aller von ihren aufrichtigen Friedensab-
sichten. In der Stadt herrscht viel Leben; besonders
gefüllt mit Menschen waren heute die Straßen und Plätze
vom Ostbahnhof- bis zum russischen Botschaflshoiel unter
den Linden, den» Jeder wollte den russischen und Deuischen
Kaiser anfahren sehen.
München, 6. Sept. Die „Korresp. Hofm." schreibt:
„Die Reichsreqierung soll aus strategischen Gründen auf
dem Baue einer f e st en Rheinbrücke bei Germers-
heim> culf der Bahnstrecke Germersheim-Bcuchsal, beste-
hen. Wie man hört, hat nun die Verwalt» ig der pfälzi-
schen Bahnen, für deren Berkehrszwecke eine Effenbahu-
Sch!ffbrücke vollkommen genügend wäre, sich zum Bau einer
stehenden Brüche unter der Bedingung bereit erklärt, daß
von Reichswegen dazu ein nicht rückzahlbarer und unver-
zinslicher Zuschuß (L komlr, xsrän) von 90,000 Guloen
geleistet werde."
Dresden, 5. September. Der Kaiser von Oester-
reich ist heute Vormittag 10'/« Uhr in Pillnitz eingetroffen.
Der König von Sachsen war ihm bis Bodenbach entgegen
gereist, woselbst der Kaiser 8',, Uhr eintraf und unter en-
thusiastischen Hochrufen einer zahlreichen Menge die Herz-
 
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