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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1872

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November (No. 131 - 143)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33306#0573

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No. 142.

Donnerstag, 28. November 1872.

Sechster Jahrgang.

Erichen»
wöcheulich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
Samstag.
Alle Postanstalten
und Boten nehmen
Bestellungen an.

Mwchiiigcr


ochcnbls».

Amtsverkünbigungsblalt für den Aezirk Schwetzingen.
Badische H o p s c n z e i t n n g.

Preis
vierteljährlich 45 !r
Inserate
die viergespaltene
Petitzerle oder deren
Raum 4 kr.
Lokilanzeigen
2 kr.

Alle im »Schwetzittser Wochenblatt (Slmtsblatt) erscheine,»ven Annoncen werben in das wöchentlich 3 mal erscheinende, an 42 Plätzen, in
Schwetzingen, Hocke,,heim und Plankstadt angeschlagene „Stratzen-Plaeat" gratis ausgenommen.

Zu ncurn Brstrllungen
auf das
„Schwetzinger Wochenblatt".
für den Monat DezeKer ladet freund-
lichst ein
.-W Die-Vxpedition.
^" tzagesüöerstcht.
Schwetzingen, 27. November.
7 Die Berathungen der Commission behufs Beseitigung
der SalzfteHcr hat bekanntlich beschlossen, au deren Stelle
eine erhöhte Tabaksteuer zu setzen. In Folge dessen
ist im Aufträge des Reichskanzler-Amtes von dem preußischen
Delegirten zu jener Commissiü», Geh. Ober-Fin.-Rath Burck-
hardt, ei» Gesetz-Entwurf ausgearbeitet worden, welcher an
Stelle der bisher gezahlten Tabaksteuer folgende Steuersätze
seststellt; für im Inland gewonnenen Tabak für den
Centner 10^/t Thlr., 6. für im Ausland gewonnenen Ta-
bak an Eingangszoll 1 Thlr. , unbearbeit.te Tabaksblälter
und Stengel für den Centner 17 Thaler. (24^/2 fl.); 2)
für Tabakssabrikatc: u. Rauchtabak in abgcrollien oder ent-
rippten Blättern, echcr geschnittenen Karotten oder Stangen
zu Schnupftabak, mich Tabaksmehl und Abfälle, 21 Thlr.
(36 fl. 45 Ir ) ; 6. für Cigarren und Schnupftabak 30
Thlr. (52 fl. 30 kr.)
Non dem Bevollmächtigten für Bremen ist ein Antrag
eingercicht, als dessen drei wesentlichen Momente die „Wes.
Ztg." die folgenden heraushebt: 1. Die gleichmäßige Ab-
gabe von 10 Thlr. pro Ctr. fkrineiitirten Tabaks. 2. Die
sofortige Lagerung des zum Fermcntiren abgehängten Ta-
baks in zollfreien öffentlichen Niederlagen oder in Privat-
lagern unter Zollverschluß und dann erst cintretende Zahlung
der Steuer, wenn der fermentirte Tabak aus diesen Lagern
entnommen wird, event. die freie Ausfuhr ans denselben
nach dem Auslande. 3. Die Exportbonificalion von fabri-
zirlen und etwaigem rohen Tabak, von dem die Steuer be-
zahlt ist, nach dem bei der Ausfuhr vorgekührten Gewichte
nach Maßgabe der darauf bezahlte» Steuer.
AuS Karlsruhe wird der „Nat.-Ztg." von 22.
d. Mts. geschrieben: „Die Besserung des deutschen Kron-
prinzen schreitet in erfreulicher Weise ununterbrochen fort.
Doch ist dem Vernetz,inn nach die Reise nach der Schweiz
jetzt gänzlich aufgegeben, und wird vielmehr die Frau
Kronprinzessin den Aufenthalt in Bex ansgeben, hierher
(nach Karlsruhe) kommen und von hier mit ihrem Gemahl
nach Potsdam zurückkehren."

' Das wü rt t e m b e r g is ch c Königs paar hat
für die Ostseebeschädigten die Summe von 1000 fl. an-
gewiesen.
Aus B e r l i n meldet die „Montags - Ztg." : Am
Donnerstag Abend erwartet man im „Staats-Anzeiger" die
Publikation derjenigen Namen, deren Träger ausdrücklich
als „Treue Diener des Königs" in das Herrenhaus be-
rufen werden: es sollen 45 Männer ans den höheren Be-
amten- und Grundbesitzerkreiseu sein. Anfänglich schwankte
diese Angelegenheit hin und her, es gab eine Zeit, in wel-
^ cher man die Berufung von 10 Personen für ausreichend
> hielt. Die weitere Ausdehnung der Berufungen soll nament-
! lich den Kricgsminister und den HandclSministcr bedenklich
! gemacht haben. Ob dich wahr ist, wissen wir nicht, aber
— es klingt glaublich. Wenn nun dieser Angabe noch
hinzugefügt wird, jene beiden Minister hätten mit Rücktritt
gedroht und würden die Drohung wahr machen, so scheint
dich nicht richtig, wenigstens bezweifeln wir die Sache an
uuserm Theil entschieden. Der Rücktritt des Haudelsministers,
der so nahe bedorstehcn sollte, scheint vielmehr in weite Ferne
gerückt zu sein.
Der Abschluß eines neuen P o st v e r t r a g e s zwischen
>cm deutschen Reich und Italien steht nahe bevor. Derselbe
ist auf den Prinzipien des deutsch-französischen begründet
und setzt ei» Brief-Porto 24', Sgr. fest.
Der Kaiser empfieng am Freitag- so meldet die „D.
i R.-C ", den Cultnsminister vr. Falk in einer Audienz und
! ließ sich, wie es heißt, von demselben Vortrag über den
Gesetzentwurf über die Civil ehe halten, der im Entwurf
nunmehr in de» Berathungen der Commissarien des Kultus-
und de? Justizwesen vollendet sein soll. Der Entwurf wird
! demnächst in einer Ministerconferenz einer Berathung unler-
! worfen werden, doch dürfte es, wie man glaubt, nicht un-
möglich sein, daß bei der Wichtigkeit der Vorlage auch der
Kaiser an dieser Berathung theilnehmen wird.
Der deutsche Gesandte Graf Aruim sehnt sich von
Paris fort, der Aufenthalt ist ihm gänzlich verleidet.
Man soll ihm den Minister Graf Eulenburg zum Nach-
folger geben; den bringt nichts aus seiner Ruhe- und
Fällung. ... . > ' - i -
Aus Straßburg schreibt mau: Letzten- Samstag
machte das hiesige Pionierbataillon an dem unbenutzten
Bahngeleise bei der. kehler Rheinbrücke Versuche zur Zer-
störung von Eisenbahnschienen durch Dhnamitpatronen.
, Es waren dabei General v. Hartmann, sowie mehrere höhere
! Offiziere anwesend, die angestelllen Versuche sind sehr gut
^ ausgefallen.
Aus Paris, 23. Nov., wird der „N. Fr. Pr."
I telegraphisch berichtet: Die von den Gemeinde-Vertretungen
! an Thiers gerichteten Verlrauens - Adressen, mit denen er
i aufgefordert wird, die Gewalt j„ Hände» zu behalten, ge-

stalten sich zur einer imposanten nationalen Kunk»
gebung.
Außer den peinlichen Erregungen der jetzigen Lage hat
der Präsident noch eine dritte Angelegenheit zu erledigen,
die ihm sehr unangenehm ist. ES handelt sich um ein
Schreiben, welches die zum Tode verurtheilten Gefangenen
in Versailles an ihn gerichtet haben. Die Verurtheilten
sagen darin, daß sie nun schon seit Monaten in einer Er-
wartung leben, die schlimmer ist, als der Tod. Jeden Mor-
gen, wenn der Schließer eintrilt, müssen sie glauben, daß
man sie zur Erschießung nach Sartory abhole. Sie erklä-
ren, unter der Wucht dieser fürchterlich»! Aufregung zu er-
liegen und verlangen, hingerichtet zu werde». Kein Pariser
Journal hat gewagt, Liesen Brief zu veröffentlichen, der in
Vorstädten unter den ehemaligen Freunden und Anhängern
der Communarden eine unberechenbare Wirkung hervorbrin-
geu müßte.
Wie der „Temps" vernimmt, befänden sich die letzten
200 Millionen auf die dritte Milliarde der Kriegsentschä-
digung bereits in den Händen des Finaiizministers und
würden sie wahrscheinlich am 11. Dezember an den deutschen
Staatsschatz ausgezahlk werden.
Anläßlich der Rekrutenaushebnng haben in
Madrid und der Provinz Murcia Unordnungen stattge-
fundeu. In Barcelona machen sich Anzeichen einer Auf-
regung kund. Die Insurgenten fahren fort, Telegraphen
und Brücken zn zerstören.
Wie ans New - Uork telegraphisch berichtet, wird
die Botschaft des Präsidenten Grant wirksam- Mittel zur
Verhinderung weiterer Gewaltthäügkeiten Mexicos empfehlen
und, um dem Verlangen nach einer Reform der Verhältnisse
betreffs der Beamten des Civilstandes zu begegnen, erklären,
daß die Tüchtigteit und Ehrlichkeit, nicht die politische An-
sicht der Kandidaten für die Anstellung im Civildicnst ent-
scheidend sein solle.

Deutsches Reich
Karlsruhe, 26. Nov. Ihre Kaiserliche und König-
liche Hoheit dir Kronprinzessin des Deutschen Reiches und
von Preußen ist heute Nachmittag 1 Uhr 10 Min von Basel,
wo Höchstdieselde übernachtet hatte, mit ihren beiden jüng-
sten Kindern hier eingetroffen. Zum Empfang am Bahn-
hof halten sich eingefunden Ihre Königlichen Hoheiten der
Großherzog uns die Großhcrzogiu sowie Ihre Kaiserliche
Hoheit Prinzessin Wilhelm, und geleiteten die Kron-
prinzessin in k>a°- großh. Schloß. Der kommandirende
General des 14. Armeekmpc-, General der Infanterie von
Werder, sowie der Garmsonskommandant Oöerst Wirlh
meldeten sich bei der Ankunst der Kronprinzessin am
Bahnhof.

Ein deutscher Abenteurer.
Im Sommer des Jahres 1714 war zu Köln eine
heitere Gesellschaft versammelt. Mau feierte das Namens-
fest der ältesten Tochter des Hauses, der schönen Marianne,
einer reizenden Brünette mit schwarzem Haar und Augen
und bleudendwcißem Teint. Garte» wurde getäfelt u.
unter fröhlichem Geplauder gelüst,vandelt. Alle Zungen
waren beredt, alle Gesichter froh, nur ein einziger unter
den Anwesenden zeigte eine düstere Miene und seine feurigen
Augen flammien zuweilen zürnend ans. Dieß geschah, so
oft er die Blicke auf die Königin des Festes richtete und
das tiefe Erröthen gewahrte, mit dem sie auf die Worte
lauschte, welche einer der Gäste ihr zuflüsterte; ein junger
Graf, der zuletzt gekommen, den Beobachter von Mariannens
Seite verdrängt, »„d — es war kein Zweifel — das Herz
des Mädchens gewonnen hatte. Durfte er es doch wagen,
ihr zu dem heutigen Tage eine kostbare Rose von Diaman-
ten zu verehren. Der eifersüchtige Jüngling erbebte vor
Zorn und preßte die blassen Lippen fest aufeinander. Was
hätte er ihr geben können? Er war arm, von der Gnade
des reichen Freunde» abhängig, dessen Studien- und Reise-
begleiter er geworden, weil seine Verwandten und des jungen
Edelmanns Vater Gutsiiachbarn waren. Die glühendste
Eifersucht regte sich in dem Herze» des Neunzehnjährigen,
der aber seinem Fühlen und auch dem Aussehen nach seinen
Jahren bcdeulend voraus war. Die freundliche Hausfrau
fragte ihn im Vorübergehen, warm er nicht theilnehme an

der allgemeinen Heiterkeit? Er sprach von einem Unwohl-
sein , das ihn daran verhindere. Seine bleichen Wangen
ließen die Ausrede glaubwürdig erscheinen; er war sogar
sehr verändert gegen früher. In den zwei Jahren, die er
mit seinem Freunde in dem Hause des Professor» verlebte,
hatte er sich immer als den angenehmsten Gesellschafter ge-
zeigt. Wie vergnügt waren die Abende in dem kleinen Fa-
milienkreise dahingeschwuuden! Er hatte bei Spielen und
Spaziergängen immer seine» Platz au Mariannens Seile
gehabt und oft hatte die Sittsame vor seinem gkuhtvollen
Blicke die ihrigen Niederschlagen müssen, denn bald war sein
Herz in heißer, wenn auch in wortloser Liebe für sie ent-
brannt gewesen und von Hoffnung geschwellt worden, die
er Niemanden mitheilte. ^ Da war der reiche junge
Graf ein Mitbewohner des Hanse» geworden und
Theodor, wie sein Freund hatten Mitleid mit ihm gesunden,
der jeden Abend von seinem Hofmeister allein gelassen wurde,
wenn dieser seinem eigenen Vergnügen nachging. Ihr Vor-
schlag , sich an dem gemüthlichen Zusammensein zu betheili-
gen, wurde freudig angenommen. Um seine» höheren Ranges
willen wies man ihm den Ehrenplatz zwischen der Mutter
und der älteren Tochter an; der diesen Platz süher einge-
nommen , mußte weichen und für ihn begannen nun alle
Qualen der Eifersucht. Er glaubte bald ein Einverständiiiß
zwischen Marianne und dem Grafen zu bemerken und meinte
darüber verzweifeln zu müssen. Der Schmerz erpreßte ihm
zuweilen Klage», wenn er sich dem Freunde gegenüber sah;
sonst war er düster und suchte unter verschiedenen Vorwän-

den der Unterhaltung der klebrigen ferne zu bleiben, um
sich so besser auf das Beobahien verlegen zu können.
Auch an dem Festabende, an dem der Graf mit Ma-
rianne den Ball cröffnete, entfernte er sich und irrte ruhe-
t los im Garten umher. Als der Morgen anbrach und die
Gesellschaf! sich trennte, erwartete er seinen Nebenbuhler im
Hofe und forderte ihn aus Degen. Das Duell fand statt.
Der Graf wurde dabei lödtlich verletzt und starb schon nach
zwei Stunden. Sein Gegner war durch die Hinterlhüre
entflohen.
Im Jahre 1756 endete dieser Mann in größter Ar-
muth und wurde auf dem Kirchhofe zu Westtninster be-
graben.
Welch'w ildbewegtes, wechselvolles Leben war das seine!
de» preiswürdigsten aller Abenteurer, wie Gregoroviu» ihn
nennt. Der arme Baron als ei» bereits Verwaister im klei-
nen westfälischen Städtchen Altena geboren, welcher Math,
welche Energie und Ausdauer, wie große Geistesgaben mußte
er besitzen, um sich zu,» Könige von Corsica aufzuschivingen,
ohne andere Mittel, als die er sich selbst erst geschaffen.
Theodor von Neuhof, der einstige Anbeter der deutschen
Professorstochter, Student und Page, Offizier und Spieler,
der Vertraute Alberoni's und der Gemahl eine» Hoffrünlems
der Königin von Spanien, der sich bei Law eingejchmeichelt
und durch die 'Mississippiactien Reichthum erschwindelt hatte,
um welchen ein lettre cke eaelitzt ihn wieder brachte; er
wollte zuletzt noch das Einzige, was seinen Ehrgeiz an-
dauernd reizte, erringen: die Königswürde. (Forts, folgt.)
 
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