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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1872

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Dezember (No. 144 - 155)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33306#0585

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Donnerstag, 5. Dezember 1872.

No. 145.

Sechster Jahrgang.

6r!chei.-ü
«»chrilich ^rei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag-
Alle Poft-nstalt-n
»Nd Bote» nehme,
«estelungen «n.

Schwchinger Wochniblsll.
Amtsverkündigungsötatt für den Aezirk Schwetzingen.
Badische Hopsen Zeitung.

Preis
dnritiiäkrlich 45 kr.
Inserate
Sie viergespaltene
Petitzeile »der deren
Raum 4 kr.
LolalanzeigenZ
2 kr.

Alle irr» »Schwetzinger Wochenblatt (Amtsblatt) erscheinenven Annoncen werben in das wöchentlich 3 mal erscheinende, an 42 Plätzen, in
Schwetzingen, Hockenheim und Plankstadt angeschlagene -Stratzen-Plaeat" gratis ausgenommen.

Zu neuen Bestellungen
auf das
„Schwetzinger Wochenblatt"
für den Monat Dezember ladet
freundlichst ein
_ Die Expedition.
Tagesüverftcht.
Schwetzingen, 4. Dezember.
Au- Berlin, 1. Dez., berichtet der offiziöse Sorr:
der „C. Z." : Der Pairsschub von 25 Mitgliedern wurde
gestern vom Kaiser vollzogen, nachdem in der Konferenz
mit Herrenhausmitgliedern Freitag Abend constatirt war,
datz die Gegner des Pairsschub die Annahme der Kreisord-
nung ohne Pairsschub keineswegs verbürgen können. Man
erwartet, daß die frühere neue Fraction zusammen mit den
neuen Mitgliedern geschlossen für die KreiSordnuug eintreten
werden, wobei weitere Maßnahmen zur Sicherung derKreis-
ordnung eventuell in Aussicht genommen wären.
AuS Berlin, 2. Dez., wird telegraphisch berichtet:
Die Zahl der »euernannten Herrenhausmitglieder beträgt
Berufen sind: die ZtaatSminister v. d. Heydt und
Patow, die Feldmarschällc Herwarth von Bittenfeld u.
von Steinmetz, die Generale Peuker, Holleben, Stosch, der
Gesandte Magnus. Generalauditeur Fleck, UnterstaatSsecre-
tair Bitter, Präsident Friedberg, Generalsteuerdirector Schuh-
wam,^ W«isterialdirector Philippsborn, die Geheimräihe
Sulzer und Balan, die Präsidenten Dechend, Günther,
Henrici Bethmann-Hollweg, Eichmann, von Rath, General-
staatsanwalt Weber, General-Postdirector Stephan.
In Versailles wird in parlamentarischen Kreisen
die theilweise Erneuerung der Nationalversammlung als das
einzige Mittel zur Lösung der Krisis betrachtet.
Aus Paris, 1. Dezember, wird der „kölnischen
Zeitung" telegraphisch berichtet: DaS Gesammtckinisterium
bat in dem Ministerrathe, der gestern Abend stattfand, seine
Entlassung eingereicht; der Präsident hat aber das Gesuch
nicht angenommen. Es scheint, daß er sich auf die Ersetzung
LefrancS, des Ministers des Innern, beschränken will. Zur
Geschichte der gestrigen Abstimmung über die GemeinderathS-
adrefsen ist zu bemerken, daß, die Niederlage, welche die Re-
gierung erlitt, hauptsächlich dem Auftreten eines Thciles des
' linken Centrums zuzuschreibcn ist, an dessen Spitze Verenger
steht und der sich der Abstimmung enthielt. Verenger, wel-
cher den Ministern mittheilte, daß er und seine Freunde in
dieser Sache gegen die Regierung und besonders gegen Bar-
thelemy St. Hilaire stimmen würden, gerieth sogar in einen

Wortwechsel mit Remusat. Bei der Abstimmung euihiellen
sich im Ganzen 74 Deputirte. 14, die vorgestern für die
Regierung waren, stimmten gestern gegen dieselbe. In Folge
dieses unsicher,, Auftretens der neuen Majorität ist man im
präsidentlichen Palais in großer Verlegenheit; man befürch»
tet zwar nicht, daß die neue Regierung, wenn es sich um
ihre Existenz handelt, unterliegen werde, aber man fängt
an zu glauben, daß die Schwierigkeiten wachsen werden,
bis das Regieren mit der jetzigen Majorität schließlich zur
Unmöglichkeit wird. Daß die Royalisten trotz ihrer Nieder-
lage vom vorigen Freitag mit solcher Entschlossenheit ihre
Opposition fortsetzen, schreibt man dem Umstande zu, daß
dieselben nach den Instructionen handeln, die ihnen vom Grafen
Chambord zugegangen seien, und welche dahin lauten sollen,
Thiers unter allen Umständen zu stürzen. Der Artikel des
gestrigen „Soir", der einen Unterschied zwischen den Häup-
tern der Verschwörung und den einfachen Mitgliedern der-
selben macht, spielt hierauf an. Ja, es heißt sogar, Thiers
habe die vollständigen Beweise über diese Umtriebe in Hän-
den. Dem ungeachtet aber sind die Royalisten doch ent-
muthigt, und glauben nicht, daß es ihnen vor der
Hand gelingen würde, sich an die Gewalt zu bringen, wenn
sie auch fest entschlossen sind, sich durch nichts abschrecken
zu lasten, um gegen Thiers zu wirken. Daß die gestrige
Abstimmung nicht gegen Lefranc, sondern gegen ThierS ge-
richtet war, liegt aus der Hand. Der „Francais" sagt die-
ses ganz offen; er spendet Lefranc sogar Lob und fügt hin-
zu, daß Thiers es gewesen, den man habe treffen wollen.
Um mehr Einheit in ihre Opposition zu bringen, werden
die 335 Legitimisten, Orleanisten und Bonapartisten einen
großen gemeinschaftlichen Verein bilden. Die „DebatS"
sagten gestern und wiederholen eS heute, daß trotz des Frei-
tagssieges die Lage eine äußerst ernste sei und sie haben
vollkommen Recht. Rettung aus der schwierigen Lage würde
eine, wenn auch nur partielle Erneuerung der Nationalver-
sammlung bringen; erfolgt diese nicht, so bleibt die Stel-
lung der Regierung eine sehr bedrohte.

Harare Greeley.
Ein aus New-Pork eingegangene» Telegramm meldet
den plötzlich erfolgten TodHorace Greeley's, Gründers und
RedacteurS der „New-Pork-Tribüne" und während der letz-
ten Wahlcampagne um die Präsidentschaft Gegencandidat
des Generals Grant. Greeley erreichte ein Alter von 61
Jahren. Er begann seine Karriere als Setzer und schwang
sich allein durch seine unerschöpfliche Energie und Arbeits-
kraft zu der einflußreichsten Stellung des Herausgebers eines
der mächtigsten TageSblätter der Vereinigten Staaten auf.
Ein nicht unbeträchtlicher Theil seiner historischen und social-
politischen Werke behandelte schon vor dem Bürgerkriege das
Thema der Abschaffung der Sclaverei. Vierzig Jahre hin-

durch war er einer der entschiedensten Gegner der demokra-
tischen und Sclavenhalterpartei, wurde aber dennoch von
dieser Partei im Bunde mit den Liberal-Republikanern dem
bisherigen Präsidenten als Kandidaten gegenübergestellt.
Greeley fand sich in diese unnatürliche Kombination, indem
er in nicht weniger als 300 Wahlreden seinen früheren den
Südstaaten so feindseligen Standpunkt mit seiner neuen
Position zu vermitteln suchte, und zwar mit dem Hinweise,
daß, nachdem der Süden sich mit den vollendeten Thatsa-
chen des Bürgerkrieges abgefunden, für den Norden die Zeit
des völligen Vergebens und Vergestens gekommen sei. Seine
jüngste eclatante Niederlage bei dem Wahlmänner-Scruti-
nium ist bekannt. Mit seinem Tode wird Grants Wieder-
wahl zur vollendeten Thatsachc. da für den 5. Dezember,
wo das entgiltige Votum in Washington abgegeben werden
sollte, nur Grant selber einzig und allein übrig geblic-'
ben ist._
Deutsches Reich
Aus Karlsruhe, 2. Dez., schreibt man: Dar
Komitee für Tabakinteressen, Bürgermeister Moll, Lauter,
Krausmann, Heck, geht als Deputation nach Berlin und
zum Großherzog. Es wird beantragt: in erster Reihe
keinerlei Erhöhung der Steuer, in zweiter ausreichendster
Zollschutz. Versammlungszahl 200. Die Debatte war
ziemlich lebhaft.
Hamburg, 30. Nov. Die „Börsenhalle" bringt
folgendes Telegramm aus Havanna vom 28. d. : Nach-
richten auS Mexiko zufolge hat der Kongreß die Wahl
Lerdo de Tejada'S zum Präsidenten bestätigt. Porfirio
Diaz hat sich nach Mexiko begeben. um sich der Regie-
rung zur Verfügung zu stellen. Die Conducta wir»
von Mexiko wahrscheinlich am 2. Dezember abgehcn.

Aus Stadt und Land.
LS Tchwetziugen, 3. Dez. Vergangenen Sonntag
Nachmittag hat Missionar Fl ad in der ev. Kirche hier
einen MissionSvortrag gehalten, der zahlreich besucht war.
Van einem paffenden AdventStext ausgehend sprach er ein-
dringlich für Belebung des Missionssinnes und ging dann
zur Schilderung abefsynischer Zustände über, wie er sie selbst
geschaut und erlebt hat. Durch ein Zerwürfniß des hoch-
fahrenden Königs Theodoros mit der englischen Regierung
wurde Flad mit andern nebst Weibern und Kindern aller
Lebensmittel und aller Habe bis auf die Kleider auf dem
Leibe beraubt. sie wurden in grausamer Haft gehalten, je
2 an einen abeffynischsn Soldaten mit Ketten angeschloffen
und waren öfters dem Verhungern nahe. Ihr Leben schwebte
in beständiger Gefahr und ein grausamer Tod für sie war
beschlossene Sache. Noch in der letzten Stunde, als das
englische Heer schon gegen Magdala heranrückte, drangen

Feuilleton.
Schwetzingen, den 5. Dezember 1872.

Die verschleierte Frau.
Roman von «ustav Lraugott.
(Fortsetzung.)
„So viel an mir ist, werde ich's zu vermeiden streben ;
muß eS aber sein, so dürft Ihr Euch darauf verlassen, daß
ich Euch jetzt viel weniger fürchte, als vorhin, wenn über-
haupt jemals von einem Fürchten die Rede sein konnte. Und
da Ihr Euch nach einem eben beendeten Duell ohne jede
Anreizung, ohne jeden vernunftgemäßen Grund, ja sogar
auf meine angebotene Versöhnung zu Drohungen Hinreißen
laßt, so wird Euch nach den Regeln des Zweikampfe? be-
kannt sein, daß ich Euren späteren Forderungen nicht mehr
zu entsprechen brauche, ohne mich durch solche Weigerung
auch nur entfernt zu compromittiren. ES möchte daher wohl
nicht so ganz sicher sein, daß wir unS jemals in gleicher
Absicht, wie heute, ins Auge blicken, jedenfalls liegt es le-
diglich und allein in meinem Willen. Adieu, Sir; auch
diese Streitereien haben für mich eben nicht viel Erquicklicher,
ich ziehe daher vor, ihnen auszuweichen," erwiderte George
winkte darauf seinem Wagen und fuhr mit Gibson nach
Bath zurück.
Schäumend vor innerer Wuth blickte der Graf ihm

eine Weile nach; sein Zorn wogte in ihm wie Mceres-
wellen; seine Pulse klopften hörbar und trieben ihm das
Blut Mit solcher Gewalt durch die LcbenScanäle, daß sie wie
ein überfluthender Strom anschwollen und zu zerspringen
droheten. Seine krampfhaft zitternden Lippen öffneten sich
zu einigen diabolischen Verwünschungen, und nur mit Mühe
errang er so viel Gewalt über sich, daß er Herr seiner Ge-
danken blieb, daß er die schon auf der »Pitz- seiner Zunge
schwebenden Worte trocken hinunter schluckte und sie sich nicht
über seine Lippen schlüpfen ließ Er trat zu seinen, Se-
cundanten und lud ihn zum Einstcige» ein. Wenige Mi-
nuten später trug des Grafen rasches Fuhrwerk sie zu seiner
Wohnung. Hier ließ er aber jede Rücksicht außer Acht, je-
der, wer ihm in den Weg trat, hatte unter seiner Berserker-
wuth zu leiden.
Als sein Secundant, der sich bei des Grafen tactloser
Gemüthsstimmung in ganz erklärlicher Weise büchst unbe-
haglich fühlte, sich verabschiedet hatte, eilte der Graf in das
Zimmer seiner Schwester, der er mit wenigen Worten an-
deutete, sich innerhalb drei Tagen zu erklären, ob sie dem
Baron Blackfield in London ihre Hand reichen, oder ob sie
ins Kloster wandern wolle.
„Dazu bedarf es keiner solchen Fristerwiderte sie
mit Würde, „ich will weder dar eine, noch daS andere. Dem
Capitain George von Jngelstedt bin ich verlobt, nur ihm
gehöre ich, und ich werde Allem standhaft zu begegnen wis-
sen, was sich feindlich zwischen unsere Herzen drängt."
„Dann wird man zu Gewaltmaßregeln seine Zuflucht

nehmen," entgegnete darauf der Graf mit tückischen
Blicken.
„Gewaltmaßregeln?" wiederholte Adele. „Ich möchte
wissen, wer er wagen wollte, die Tochter des Grafen von
Lincoln, zu etwas zu zwingen! — Zwischen uns, Bruder,
ist jede Rücksicht abgethan; ich durchblicke Deinen schändlichen
Plan; doch Du sollst Dich in mir verrechnet haben, Du
wirst auf unbesigbaren Widerstand stoßen. In Deinem Wahn
scheinst Du zu übersehen, das ich weder von Dir noch von
irgend Jemand abhänge. Meine Existenz ist glücklicher-
weise durch daS Testament meiner Mutter gesichert und durchs
Gesetz geschützt; Deine Drohungen kann ich daher nur als
Ausgeburt des Wahnsinn- oder eines sonnverbrannten Ge-
hirns belächeln."
Die unerschütterliche Ruhe, mit der Adele diese Erwi-
derung gesprochen hatte, und die Zuversicht, die ihr ganzes
Wesen charakterisier, trieb in William den Zorn auf den
höchsten Gipfel menschlicher Leidenschaft. Seine Lippen un-
terliefen im blauschwarz, seine Augen gühten in einem schreck-
lichen Feuer. und rollten in ihren Höhlen gleich denen einer
TiegerS, wenn er von der Riesenschlange umwickelt gegen
den Stamm eines Baumes gezwängt wird, daß ihm
knetternd die Rippen wie Glasscheiben zerbrechen. Er stand
wir eine Bildsäule, keines Wortes fähig. Nach einigen Mi-
nuten erst erholte er sich von dieser Abnormität und allge-
mach kehrte auch seine Sprache wieder.
„Und wenn die Götter von ihren Stühlen zur Erde
niederstiegen und für Dich kämpften, ja selbst wenn die
 
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