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Michelangelo; Steinmann, Ernst [Hrsg.]
Die Portraitdarstellungen des Michelangelo — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 3: Leipzig: Klinkhardt & Biermann, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.47056#0034
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und eine Leda besaß, die Vasari nach Kartons des Michelangelo gemalt hatte0. Als Otta-
viano im Jahre i 546 starb, gelangte ein Teil seiner Hinterlassenschaft nach Neapel, wo
sein Sohn Bernardetto ansässig wurde0.
Rein zeitlich betrachtet kann überhaupt nur ein einziges erhaltenes Bildnis Michel-
angelos so früh entstanden sein, wie das Gemälde Bugiardinis: das Porträt mit dem Turban
im Louvre. Michelangelo erscheint hier als der »granScultore« mit jener eigenartigen Kopf-
bedeckung, welche die Haare des Bildhauers vor Marmorstaub schützen sollen. Wir wissen,
daß er sich diese Haube — celata, nennt sie Vasari — in späteren Jahren so eingerichtet
hatte, daß er in der Mitte oben eine Kerze anbringen konnte, wollte er des Nachts arbeiten0.
Als erste Anerkennung des widerstrebenden Vaters galt es ja, daß er seinen Sohn nicht mehr
»Scarpellino« schalt sondern als »Scultore« bezeichnete0. Die Frau eines Steinmetzen hatte
dem Kinde die Brust gereicht und deshalb, so meinte Michelangelo, sei er ein tüchtiger
Bildhauer geworden0. Und Granacci gegenüber gab er noch in späteren Jahren dem
Kummer Ausdruck, jemals etwas anderes unternommen zu haben als die Bearbeitung
des Marmors0. Und so zeigt uns das früheste Porträt, das wir besitzen, den Bildhauer
Michelangelo, in dessen Werkstatt eben die größten Wunderwerke moderner Bildhauer-
arbeit geboren werden sollten. Und Giuliano Bugiardini allein kann es gewesen sein, der
dies Bild gemalt hat.
Nach der Inschrift, deren Echtheit allerdings schon früher angezweifelt worden ist,
müßte das Bild im Louvre im Jahre 1522 entstanden sein. Zehn Jahre später aber — wie
Vasari will — wäre es erst dem Ottaviano de’ Medici zum Geschenk gemacht worden.
Wir sind nicht in der Lage, dies Problem zu lösen, dürfen aber annehmen, daß Ottaviano
zwar beide Porträts — das des Michelangelo wie das des Papstes—zum Geschenk er-
halten hat, aber das Porträt Michelangelos eben bedeutend früher als das Clemens VII. Vasari
wird sich kaum um diese an sich völlig belanglose Zeitbestimmung bekümmert haben.
Das Original Bugiardinis ist verloren gegangen. Das Gemälde im Louvre ist eine Kopie,
wie die Bildnisse der Casa Buonarroti und der Ambrosiana in Mailand. Aber es hat sich
noch, wenn nicht alles trügt, die Originalzeichnung erhalten die Michelangelo dem Jugend-
freunde für das eigene Bildnis gemacht hat.
TAFEL 2.
Federzeichnung. Paris, Louvre. Handzeichnungen. Ecole Florentine 2664.
H. 37 cm. Br. 25 cm.
Die rechte Hälfte der stark beschädigten Zeichnung ist fast ganz zerstört. Die Technik
der feinen, parallel laufenden Federstriche, die Schattierung durch die dichten, ebenso
feinen Querstriche erinnert in der Sorgfalt und Sicherheit der Ausführung an Michelangelos
eigene frühe Zeichnungen: die Studie zum Christus in der Minerva (Frey,Taf. 36), die
Kopien nach älteren Fresken (Frey,Taf. 22 und 23), den Alten mit dem Globus (Frey,
Taf. 41) u. a. m.
1) Milanesi VII, 669. Frey p. 400.
2) Antonio Zobi, Discorso sopra un ritratto a olio rappresentante Michelangiolo Buonarroti 4te Aufl. Firenze 1875 p. 11.
3) VII, 276.
4) Varchi, Orazione funerale p. 23. Condivi ed. Frey p. 22.
5) Vasari VII, 137: »tirai dal latte della mia balia gli scarpegli e’l mazzuolo chon ehe io fo le figure.« Vgl. Condivi ed.
Frey p. 12.
6) Condivi ed. Frey p. 28.

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