Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
man annehmen will, daß auch Antonio del Francese, Michelangelos letzter Diener, das
Exemplar, das er später dem Herzog von Urbino schenkte^, bereits besaß, als das Inventar
aufgenommen wurde — so müssen also aus Daniellos Werkstatt wenigstens sieben, vielleicht
sogar acht oder mehr Bronzerepliken seiner Michelangeloporträts hervorgegangen sein.
Wir finden also in dieser Inventaraufnahme die Bestätigung dessen, was bereits von
Fortnum durch sorgfältige Messungen der einzelnen Bronzen festgestellt worden ist,
nämlich, daß sämtliche erhaltene Repliken von Bronzebüsten Michelangelos auf das
Modell des Daniello da Volterra zurückgehn2). Ja, die sechs Bronzen, die sich bei
des Künstlers Ableben in seinem Hause vorfanden, geben uns noch keineswegs eine
sichere Vorstellung davon, wie viele Kopien Daniello wirklich gemacht hat. Denn wie
sicherlich Diomede Leoni und vielleicht auch Antonio del Francese, so können noch
andere Freunde Michelangelos Kopien bestellt haben, die bereits im Herbst 1565 ge-
gossen waren, und die von den Bestellern daher längst abgeholt sein mochten. Daß von
diesen Büsten zwölf Kopien gemacht worden sind, wie die Inschrift auf dem Michelangelo-
Porträt in Pavia behauptet, ist nicht mehr nachzuweisen.
Ein abschließendes Urteil über die Büsten des Daniello da Volterra kann heute noch
nicht gefällt werden. Es muß einstweilen genügen, diese Bronzen gesammelt und ihre
Herkunft aus der Werkstatt Daniellos festgestellt zu haben. Die Büsten Daniellos bedeuten
für die Physiognomie des altgewordenen Michelangelos in der Plastik, was Jacopo del
Contes Porträt in der Malerei bedeutet. Daniello hat Michelangelos Züge, des Lebenden
wie des Toten, gebildet, denn, daß er eine Totenmaske von seinem großen Meister ge-
nommen hat, ist kaum noch zu bezweifeln. In S. Trinitä de’ Monti aber hat er bereits
im Beginn der fünfziger Jahre den Lebenden nicht einmal, sondern zweimal oder dreimal
dargestellt. Ja, der maßgebende Einfluß, den das Fresko in S. Trinitä de’ Monti auf die
Bildung der Bronze gehabt hat, läßt sich an der wohlerhaltenen Haarlemer Zeichnung noch
deutlich verfolgen. Man vergleiche nur in Zeichnung und Bronze den festgeschlossenen
Mund mit der vorstehenden Unterlippe, die schmalen, tiefliegenden Augen, die beiden tiefen
Falten zwischen den Brauen und endlich die Bildung der Haarlocken über der Stirn.
In un altra stanza da basso: Due teste di bronzo con petti di Michelagnolo.
In una stanza da basso: Due teste di Michelagnolo con teste (sic!) di bronzo.
Nella stanza di san pietro: Una testa di bronzo di Michelagnolo con busto.
Um dieses Dokument nach dem Original publizieren zu können, ließ ich im Römischen Staatsarchiv Nachforschungen
anstellen, wo zwar nicht das Inventar der Ruccellai, wohl aber das einen Tag später aufgenommene Inventar der gesetz-
mäßigen Erben gefunden wurde. Hier werden zahlreiche Einrichtungsgegenstände aufgeführt, die im Inventar der Ruccellai
fehlen, dagegen fehlt eine detaillierte Aufnahme der Kunstwerke und von den Bronzen Michelangelos werden nur drei
Kopien aufgeführt. Es ist nicht unmöglich, daß die Ruccellai auf die 3 fehlenden Bronzen, sowie auf die gleichfalls nicht mehr
genannten Porträts des Königs von Frankreich sofort Beschlag gelegt haben. An anderer Stelle werde ich dies Dokument
mit dem gleichfalls aufgefundenen Testament Ricciarellis publizieren.
1) Das Schreiben, in dem Antonio del Francese dem Herzog von Urbino die Bronze Michelangelos mit einer marmornen
Mosesstatuette anbot, wurde aus dem Archivio Buonarroti von Gotti (I, 373) herausgegeben. Antonio del Francese schreibt
über dies Porträt: »E’ il vero ritratto di Michelagnolo Bonarroti giä mio padrone et e di bronzo, designato da lui proprio,
la quäle io tengo qui in Roma«. Der Ausdruck »von ihm selbst gezeichnet« ist wohl nur gewählt, um das Porträt zu
empfehlen. Aber auffallend ist der Ausdruck doch, da Antonio del Francese die Entstehungsgeschichte dieser Bronzen
genau kennen mußte. Der Brief ist datiert vom 26. August 1570. Wiederabgedruckt von Fortnum, On the bronze Portrait
busts of Michel Angelo attributed to Daniele da Volterra and other artists in the Arch. Journal vol. XXXIII (1876) p. 171.
Neu herausgegeben in Originalschrift, aber nicht vollständig, von G. Gronau, Die Kunstbestrebungen der Herzöge von
Urbino im Jahrb. d. K. Preuß. Kunstsammlung. Beiheft zu Bd. XXVII (1906) p. 10.
2) Arch. Journal XXXIII (1876) p. 173. Nicht gemessen wurden von Fortnum nur die Bronzen in Mailand und Rimini
und die Gipsbüste in der Accademia di San Luca in Rom.

8

57
 
Annotationen