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Michelangelo; Steinmann, Ernst [Hrsg.]
Die Portraitdarstellungen des Michelangelo — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 3: Leipzig: Klinkhardt & Biermann, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.47056#0076
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TAFEL 54
Bronzebüste im Museo Nazionale del Bargello in Florenz. Nr. yj.
Die Büste hat eine wundervolle braune Patina und ist sehr stark ziseliert. Die Stirn ist
über und über mit Runzeln bedeckt, die Haut unter den Backenknochen verschrumpft.
Am Scheitel und Hinterkopf sind die Haare nicht mehr ziseliert. Sehr scharf sind die
Augen ausgearbeitet; sie erhalten dadurch einen etwas starren Blick. Die Adern an den
Schläfen treten deutlicher hervor, als bei den anderen Büsten. Auch die Locken und
Barthaare sind mit größter Sorgfalt durchgebildet.
Die heute allgemein geltende Annahme, daß die Büste im Bargello mit der Bronze
identisch sei, die Antonio del Francese dem Herzog von Urbino verehrte, dürfte das
richtige treffen. Ganz sicher aber ist sie nicht, wie Gronau (a. a. O. p. 11) bemerkt. Nur
die Mosesstatuette, die Antonio del Francese gleichfalls dem Herzoge von Urbino geschenkt
hatte, wird in dem Inventar der Kunstwerke erwähnt, die im Jahre 1631 von Urbino nach
Florenz gelangten. Aber in dem Inventar der Guardaroba des Großherzogs Ferdinand II.
vom Jahre 1637 wird tatsächlich eine Büste Michelangelos erwähnt. Es kann dieselbe
sein, die später in der Medici-Villa La Petraja mit folgender Inschrift aufgestellt war:
Sat magnum
Tua sola loco
Decus adit imago.
(Repert. f. Kw. XXIX [1905] p. 418: A una testa di Michelagnolo Buonarroti di bronzo
in sala alla Pietraia). Fortnum erzählt (Arch. Journal XXXIII [1876], p. 9), daß die Büste
von der Villa Poggio Imperiale ins Museo Nazionale des Bargello gelangte. Er selbst, wie
Gotti (I, 374), Symonds (0,272) undThode (V, 535, Nr. I), nehmen an, daßVittoria della
Rovere ihrem Gatten, dem Großherzog Ferdinand II., diese Büste als Heiratsgut zugebracht
habe. Vgl. auchVasari ed. MilanesiVII, 332.
Von der Bronze im Bargello haben sich in der Brera in Mailand und in der Akademie
der Künste in Florenz zwei Kopien erhalten, von denen sich nicht mit Sicherheit sagen
läßt, ob sie mit den anderen Abgüssen aus Daniellos Werkstatt stammen oder ob sie
später entstanden sind.
Die Mailänder Bronze gelangte aus der Hinterlassenschaft des Malers und Sammlers
Giuseppe Bossi im Jahre 1802 in die Brera, wo sie heute links am Haupteingang auf-
gestellt ist. Sie wurde bereits im Jahre 1878 von W. Bode als »ein dem Piotschen min-
destens gleichwertiger Guß< erwähnt und ist dann aus der Michelangelo-Literatur über-
haupt verschwunden. (Vgl. Kunstchronik XIII [1878], p. 753.) Mein eigener Eindruck,
der vor allem durch die dunkle, glanzlose Patina bestimmt wurde, war wesentlich un-
günstiger. Senator Luca Beltrami, dem ich auch die Aufnahme der Büste verdanke, hält
die Bronze für eine Arbeit des XVII. Jahrhunderts. Er fand im Innern der Bronze unten
am Rande die Inschrift in Reliefbuchstaben: Mich-Ang-BONAROTO«Scvlptor.PiCTOR
Achitector.Max. Der Guß ist mittelmäßig. Um einen Fehler des Gusses zu verbergen,
wurde auf der rechten Schulter Michelangelos ein großer Bronzeknopf mit Blei befestigt
1) Im Archivio storico civico in Mailand befindet sich, wie mich Senator Luca Beltrami wissen ließ, noch eine moderne
Büste Michelangelos. Sie wurde Anfang vorigen Jahrhunderts von dem damals hochberühmten Mailänder Bildhauer Pompeo
Marchesi ausgeführt und trägt auf dem Rücken die Signatur P. M. S. Die Aufnahme verdanke ich wiederum der Güte
des Senators Beltrami.

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