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Michelangelo; Steinmann, Ernst [Hrsg.]
Die Portraitdarstellungen des Michelangelo — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 3: Leipzig: Klinkhardt & Biermann, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.47056#0077
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Von der Bronze in der Akademie zu Florenz, die leider z. Z. noch über dem Gipsabguß
des Moses so hoch aufgestellt ist, daß ein Studium unmöglich ist, nahm man in Florenz
aus unbekannten Gründen an, sie sei für das Michelangelo-Jubiläum im Jahre 1875 her-
gestellt worden. Aber schon Fortnum hat diese Büste in die Reihe seiner Abgüsse nach
Daniello daVolterra aufgenommen (Arch. Journal XXXIII [1876], p. 174, Nr. 4) und
Thode (V, 535, Nr. II) hat sich ihm angeschlossen. Fortnum hat außerdem konstatiert,
daß die Bronzedraperie des Mantels nicht ganz mit der im Bargello übereinstimmt, und
daß die Bronze sehr schlecht und flüchtig ziseliert worden ist.
Die Aufnahme dieser Büste ließ Professor Hermanin für mich machen, über ihre Herkunft
hat mir Professor Poggi die folgenden höchst beachtenswerten Mitteilungen gemacht:
Im Inventar der Galleria delle Statue in den Uffizien vom Jahre 1784 wird unter den
modernen Bronzen zunächst die Büste Michelangelos beschrieben, die sich heute im
Bargello befindet, dann aber, als im Magazin befindlich, noch eine zweite Büste Michel-
angelos ohne Fuß erwähnt. Daneben hat eine spätere Hand geschrieben: »Rimesso alla
R. Accademia delle Belle Arti a di 23 Luglio 1803.« Für die Provenienz dieser Büste wird
auf Filza XIII, Ms. 106, desselben Inventars des Gallerie-Archivs hingewiesen, wo man
auch erfährt, daß die Büste am 4. Oktober 1780 aus der Guardaroba Granducale in die
Gallerie überführt wurde. Daß diese Büste dann tatsächlich im Juli 1803 aus den Uffizien
als Austauschobjekt für einige Gemälde in die Accademia delle Belle Arti gelangte, bezeugt
auch ein Eintrag im Archivio delle R. R. Gallerie. Filza 1802 —1803 ins. 35.
Der Stammbaum der Büste in der Akademie geht also bis auf die Guardaroba gran-
ducale zurück, aus der nach der heutigen allgemeinen Annahme auch die Bronze im
Bargello stammt.
Die Akademie der schönen Künste muß im Anfang des vorigen Jahrhunderts sogar
noch eine zweite Bronze Michelangelos besessen haben. Im Archiv der Akademie unter
dem 17. März 1804 (ins. 94) fand Professor Poggi folgenden Eintrag:
»1804 marzo 17. Maria Maddalena e Rosa Salvetti depositano presso 1’Accademia
due busti di loro libera appartenenza di figura al naturale, ehe uno rappresenta Michel
Angelo composto nella testa di bronzo e nel rimanente del busto di lavagna con peduccio
di marmo, l’altra tutto di getto di bronzo esprimente Galileo con peduccio di marmo.«
Was später mit diesen Büsten geschehen ist, läßt sich nicht mehr nachweisen, da sie in
der Akademie nicht mehr vorhanden sind.
TAFEL 55. ,
Die Büste im Konservatorenpalast auf dem Kapitol.
Maße: Ganzer Umfang des Kopfes, überden Ohren gemessen: 63 cm. Entfernung von
Ohrläppchen zu Ohrläppchen, über dem Kopf gemessen: 26^2 cm.
Der Bronzekopf ist in einen Schultermantel von Bigio morato eingelassen. Die Büste steht
auf einem Postament, das aus Serpentin, Giallo antico und Porphyr kunstvoll gearbeitet ist.
Die Ziselierung dieses Kopfes ist kleinlicher und handwerksmäßiger ausgeführt als
die des Bargello-Kopfes. Michelangelo ist auffallend häßlich. Die Nase erscheint merk-
würdig klein im Vergleich zu den starkvortretenden Backenknochen. Auch die Augen
wirken starr und glanzloser als beim Bargello-Kopf. Eine Eigentümlichkeit ist die Ab-
plattung des Bartes unter der Nase. Die Haut legt sich auch hier so fest um das Knochen-
gerüst, daß die mehrfach ausgesprochene Behauptung, die Büste Daniellos sei nach der

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