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Dürer, Albrecht [Ill.]; Tietze, Hans [Oth.]; Tietze-Conrat, Erica [Oth.]
Kritisches Verzeichnis der Werke Albrecht Dürers (1): Der junge Dürer: Verzeichnis der Werke bis zur venezianischen Reise im Jahre 1505 — Augsburg: Benno Filser Verlag G.M.B.H., 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.55259#0284
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I. ZU DÜRERS ENTWICKLUNG BIS ZU DEN WANDERJAHREN

Die erste Jugendentwicklung jedes Künstlers bleibt ins Geheimnis gehüllt; wie
sich die individuelle Begabung aus den kollektiven Kräften der Abstammung und
der Bildung herausschält, vollzieht sich in einem Dunkel, in das in der Regel nur
unsichere Vermutungen und allgemeine Analogieschlüsse spärlich hineinleuchten.
Gewöhnlich muß sich der Versuch einer Ableitung des Jugendstils eines Künstlers auf
eine Darstellung der gleichzeitigen und unmittelbar vorangehenden Kunst seiner ört-
lichen Umgebung beschränken, um festzustellen, was auf den werdenden Künstler
eingewirkt haben könnte.
Bei Dürer fließen die Quellen reichlicher. Wir kennen den ersten und den zweiten
Lehrer aus seinem eigenen Zeugnis und wir besitzen einzelne Werke des Knaben, die
uns gerade durch ihre Verschiedenartigkeit über den von ihm genommenen Weg
unterrichten.
Der erste Lehrer war der Vater. Was der Knabe von ihm empfangen haben könnte,
entzieht sich unserer Beurteilung, da der Stil des alten Goldschmiedes uns völlig un-
greifbar ist; daß er in den Niederlanden gewesen war und dortige künstlerische Ein-
flüsse mitgebracht haben mag, unterscheidet ihn zu wenig von der sonstigen Kunst,
die Dürers Jugendjahre umgab. Daß dieser in der Goldschmiedewerkstätte eine tech-
nische Eignung für den Kupferstich erworben haben könnte, ist naheliegend; die
Zusammenhänge mit der Goldschmiedekunst, auf die Wickhoff (Kunstgeschichtliches
Jahrbuch der Zentralkommission, 1907) hingewiesen hat, sind lediglich allgemeiner
Natur. Sandrarts Mitteilung (Akademie, T. II, Buch III, 228), daß Dürer noch wäh-
rend seiner Lehrzeit die sieben Fälle des Leidens Christi getrieben habe, stützt sich
wahrscheinlich auf einen Pokal mit sieben derartigen Darstellungen, die zu Beginn des
17. Jahrhunderts in der Sammlung Friedrich von Falkenburgs Dürer zugeschrieben
wurden (Meder, Neue Beiträge zur Dürer-Forschung im Jb. d. kh. S. XXIII, S. 66 f.);
einen dokumentarischen Wert besitzt diese an sich unglaubwürdige Nachricht nicht,
abgesehen davon, daß dieses verloren gegangene Werk keinerlei stilistische Schlüsse
gestattet. Die von R. Berliner im Archiv für Medaillen- und Plakettenkunde III, S. 74 f.
veröffentlichte Stelle aus einem Brief Anton Tuchers an den Kurfürsten Friedrich den
Weisen von Sachsen vom 6. April 1509, wonach Dürer es ablehnte, über den Guß einer
Silbermedaille eine Äußerung abzugeben, weil er »mit diesen Dingen nit pfleg umb-
zugeen«, muß gegen Dürers vermeintliche Schulung und Tätigkeit als Goldschmied
Mißtrauen erregen. Höchstens könnte der Umstand, daß der alte Goldschmied die
antiken Münzen, die der Nürnberger Rat 1486 von dem Lesemeister der Minoriten
und Prediger am Klarenkloster Stephan Fridolin zum Geschenk erhalten hatte, ver-
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