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Tietze, Hans [Bearb.]; Tietze-Conrat, Erica [Bearb.]; Dürer, Albrecht [Ill.]
Kritisches Verzeichnis der Werke Albrecht Dürers (1): Der junge Dürer: Verzeichnis der Werke bis zur venezianischen Reise im Jahre 1505 — Augsburg: Benno Filser Verlag G.M.B.H., 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.55259#0325
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III. ZUR ERSTEN ITALIENISCHEN REISE
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Ähnlich umstritten wie immer noch die Basler Episode im Leben Dürers war vor
t einigen Jahrzehnten auch die Frage seiner ersten italienischen Reise; die skep-
tische Resignation, die uns wegen der noch ungelichteten und scheinbar unlichtbaren
Dunkelheit der ersten Frage bedroht, mag sich an der Feststellung aufrichten, daß die
eifrige und zum Teil nicht minder heftige Diskussion der zweiten doch zu einem all-
gemein anerkannten Ergebnis geführt hat. Eine Reise Dürers nach Italien kurz nach
der Verheiratung und Niederlassung in Nürnberg gilt heute als gesicherte Tatsache.
Zwei dokumentarische Bezeugungen liegen vor: das »Italiam rediisset«, das Scheuri
von Dürers Italienfahrt von 1506 berichtend verwendet und die Stelle in Dürers Brief
an Pirkheimer vom 7. Februar 1506, wo von dem Ding die Rede ist, »das mir vor elf
Jahren so wohl gefallen hat«. Beide Stellen bestätigen eine frühere Reise, deren Spuren
sich im Werke des Künstlers vielfach finden; diese waren es sogar, die zuerst Wickhoff
(Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 1880, 413 ff.) und
dann G. v. Terey (Albrecht Dürers venezianischer Aufenthalt 1494/95, Straßburg 1892)
veranlaßt haben, dieses Intermezzo in Dürers Nürnberger Dasein ins rechte Licht zu
setzen. Dunkel bleibt die Ursache, die den jungen Künstler veranlaßt hat, so bald nach
seiner Rückkehr von einer vierjährigenWanderschaft und so bald nach der Gründung
eines eigenen Hausstands wieder eine weite Reise anzutreten. Der Versuch sie vor-
zurücken und noch innerhalb der Wanderschaft unterzubringen, neuerdings auch
wieder durch Killermanns Hinweis auf eine angeblich nur in Oberitalien vorkommende
Pflanze in Dürers Selbstbildnis von 1493 aufs Tapet gebracht, scheitert an der be- Nr. 40
stimmten Zeitangabe in dem Brief von 1506, 1506 weniger elf ergibt 1495, welches
Jahr durch die unzweideutige Datierung der Kostümstudien bestätigt wird, die wohl
nur in Venedig entstanden sein können. Dürer muß also doch wohl Ende 1494 noch
einmal unstet geworden sein; ein praktischer Anlaß zur Reise hat sich bisher nicht
finden lassen, am ehesten möchte man ihn in den gerade damals so engen Beziehungen
des Nürnberger Verlags mit Venedig (Anton Kolbs Ansicht von Venedig) suchen.
Flechsig nimmt an (S. 149 ff.), daß Dürer vor der 1494 in Nürnberg herrschenden
Seuche über die Alpen geflüchtet sei. Mangels einer bestimmten Nachricht bleibt es uns
unbenommen, uns vorzustellen, daß der Wunsch, italienische Kunst an ihrer Quelle
kennen zu lernen, dabei mit eine Rolle gespielt habe; die leidenschaftliche Hingabe,
mit der er sich den neuen Eindrücken hingibt, scheint zu beweisen, daß er die sich ihm
bietende Gelegenheit zur Ergänzung seiner künstlerischen Bildung jedenfalls ausnützte.
Wenn aber die Sehnsucht nach Italien so übermächtig werden konnte, so mußte ihn
italienische Kunst vorher irgendwie berührt haben, er mußte soviel von ihr schon im

Tietze, Dürer *20

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