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Tietze, Hans [Bearb.]; Tietze-Conrat, Erica [Bearb.]; Dürer, Albrecht [Ill.]
Kritisches Verzeichnis der Werke Albrecht Dürers (1): Der junge Dürer: Verzeichnis der Werke bis zur venezianischen Reise im Jahre 1505 — Augsburg: Benno Filser Verlag G.M.B.H., 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.55259#0303
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II. ZU DEN WANDERJAHREN

Dürers Wanderschaft dauerte nach seiner autobiographischen Angabe vom Früh-
jahr 1490 bis Pfingsten 1494; nach Scheuri kam er »tandem peragrata Germania«
1492 nachKolmar, wo er von den Brüdern Schongauers, den Goldschmieden Caspar
und Paul und dem Maler Ludwig freundlich aufgenommen wurde, ebenso in Basel von
dem vierten Bruder, dem Goldschmied Georg. Diese Angaben ergänzen der Hieronymus- Nr. 17
Holzstock in Basel von 1492 und die Eintragungen im Imhoffschen Inventar von
1573/74: »Ein alter man in ein tefelein, ist zu Straspurg sein meister gewest, auf
pergamen« und »Ein weibspild auch in ein tefelein, olifarb, so darzu gehört, gemalt zu
Straspurg 1494«. Bekanntlich nimmt die Textierung des zweiten Inventars von 1580:
»Item ein alter mann in einem tefelein von oelfarben, hats ein alter meister von Straß-
burg gemacht-« der Mitteilung etwas von ihrem Wert. Dennoch bleibt eine Be-
ziehung Dürers zu Straßburg im Jahre 1494 aufrecht. Danach wäre Dürer zuerst ohne
einen längeren Aufenthalt gewandert und wäre von 1492 bis 1494 in Kolmar, Basel,
Straßburg, drei nahe aneinander liegenden Städten gewesen, in denen er längeren
Aufenthalt genommen hätte.
Dieses spärliche Gerüste verlangt nach einer doppelten Ergänzung; erstens: wo hat
Dürer den ersten Teil seiner Wanderschaft verbracht, zweitens: in welcher Reihenfolge
hat er die drei gesicherten Orte aufgesucht, wieviel Zeit hat er in jedem verbracht?
Für die erste Frage tappen wir völlig im Dunkeln. Eine ältere Mutmaßung, daß er in
den Niederlanden gewesen sei, dürfte auf einer Verwechslung mit der späteren Reise
dahin beruhen; daß er überhaupt dem Zug nach dem Westen wie einst sein Vater
gefolgt und an den Rhein - etwa zu seinem kölnischen Vetter - gezogen sei, läßt sich
durch nichts belegen; auch die Reiseroute, die Meder (Neue Beiträge) an Hand einer
alten Landkarte zusammengestellt hat, ist so unbeweisbar, wie Römers Annahme,
daß Dürer in Frankfurt gewesen sei. Die Spuren, die die Ufer des Oberrheins oder
des Bodensees in seinen Landschaftsdarstellungen hinterlassen hätten, sind wenig
zwingend; Meder selbst legt kein besonderes Gewicht darauf, daß Dürer gerade auf
diesem Wege nach Kolmar oder Basel gekommen wäre. Ebenso willkürlich ist die An-
nahme, die L. Lepszy (Dürer w Polsce, Krakau 1927) neuerlich zu stützen versucht
hat, Dürer sei währendseinerWanderjahre in Polen gewesen; die gelegentlichen An-
klänge an Stoß erklären sich aus einer Berührung Dürers mit der Graphik, und die
Hinweise auf Kostümdetails und auf die angebliche Ähnlichkeit der Hintergrunds-
architektur des Stiches B. 71 mit dem polnischen Schloß Orawa entbehren jeglicher Be- Nr. 128
weiskraft. Um so weniger sind wir darüber unterrichtet, was der Geselle Dürer in dieser
ersten Zeit gearbeitet hat; die Arbeit, die er in verschiedenen Werkstätten geleistet
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