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Dürer, Albrecht [Ill.]; Tietze, Hans [Bearb.]; Tietze-Conrat, Erica [Bearb.]
Kritisches Verzeichnis der Werke Albrecht Dürers (1): Der junge Dürer: Verzeichnis der Werke bis zur venezianischen Reise im Jahre 1505 — Augsburg: Benno Filser Verlag G.M.B.H., 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.55259#0385
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VI. ZUM BRIGITTENMEISTER UND BENEDIKTMEISTER

An diesem undeutlich verlaufenden Rande des Dürerschen Werkes, bei dem der
^vorige Exkurs geendet hat, hat sich in Jahrzehnten emsiger und erfolgreicher
Durchforschung der deutschen Kunst um 1500 eine ziemliche Masse von Arbeiten
angesammelt, über deren Unterbringung diesseits oder jenseits der Grenze die For-
schung nicht einig geworden ist. Der Kompromißvorschlag, diese in einem Zwischen-
reich zwischen Dürerscher und fremder Arbeit der Erlösung harrenden Arbeiten auch
noch dem dehnbaren Begriff der Werkstätte unterzuordnen, erscheint unstatthaft, da
diese Lösung den Kern des Problems nicht trifft, das auf die Alternative Alles oder
Nichts gestellt ist. Dürer oder Nichtdürer, das ist hier die Frage, nicht jene qualitative
Wertabstufung, die mit einer über die individuelle Leistung hinausreichenden Ver-
längerung des Aktionsradius einer künstlerischen Persönlichkeit in einen Kreis von
Hilfskräften vereinbar ist. Daß die hier gemeinten Werke am Rand von Dürers Werk
stehen, wird auch von den Verteidigern der Eigenhändigkeit zugestanden; Ermüdung,
Gleichgültigkeit, Interesselosigkeit gegenüber Aufträgen oder Unternehmungen min-
deren Ranges soll die ernüchternde, langweilige Wirkung dieser Werke erklären. Wo-
bei allerdings nicht ohne weiteres verständlich wird, warum andere flüchtige Notizen
und Gelegenheitsarbeiten Dürers, denen man kaum eine größere Wichtigkeit und An-
ziehungskraft zumuten möchte, von jener so ganz andersartigen Spannung erfüllt
sind, die alles Leben, das sie packt, eben interessant macht. Mit diesem Zugeständnis,
daß es sich hier um Werke zweiter Güte handelt, schaltet man aber das Kriterium des
künstlerischen Ranges eigentlich aus; nicht er, sondern die Art der diskutierten Werke
ist zu untersuchen. Tatsächlich hat sich nach und nach die überwiegende Ansicht her-
ausgebildet, in diesen Arbeiten das Werk einer einzigen Hand zu sehen und dieses je
nach dem Standpunkt Dürer zu- oder abzusprechen.
Das Zusammenwachsen dieser Gruppen, der Holzschnitte zu den Revelationes der Nr. A 27
hl. Brigitte von Schweden (Koberger 1500), der Zeichnungenfolge aus dem Leben des
hl. Benedikt und zweier Holzschnittserien zu Andachtsbüchern - wozu sich noch viele
Einzelstücke gesellen - läßt sich schrittweise verfolgen. Thausing waren nur die Bri-
gittenschnitte und ein Teil der Benediktzeichnungen bekannt, die er - wie nach ihm Jaro
Springer (Kunstwissenschaftliche Gesellschaft Berlin 1904) - aus dem Werke Dürers
verwies, in das Passavant (III, S. 183, Nr. 194) die Holzschnitte aufgenommen hatte. Die
Zusammenziehungzueiner Person hat Weisbach (S. 79) bestimmter vorgenommen und
noch die Holzschnitte der sogenannten Albertinapassion und einzelnes andere hinzu-
gefügt; seiner Abtrennung vom Werke Dürers haben Dörnhöffer (Kunstgeschicht-
liche Anzeigen 1906, 87) und Weixlgärtner (Graph. Mitt. 1906, 66) beigepflichtet.
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