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Dürer, Albrecht [Ill.]; Tietze, Hans [Bearb.]; Tietze-Conrat, Erica [Bearb.]
Kritisches Verzeichnis der Werke Albrecht Dürers (1): Der junge Dürer: Verzeichnis der Werke bis zur venezianischen Reise im Jahre 1505 — Augsburg: Benno Filser Verlag G.M.B.H., 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.55259#0384
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zugrunde liegend; die Angleichung erfolgte durch den Schnitt. Von einer Arbeit
Dürers kann man mit einiger Einschränkung nur im ersten Falle sprechen; darüber
hinaus kann man nicht mehr von seinem Werke sprechen. Hier ist auch die Stelle, wo
Nr. A 26, 27 wir Kurths Aufnahme der Albertinapassion, des Holzschnitts aus der Lucia von Narni
und ähnlichen allgemein Nürnbergischen Schulguts in das Werk Dürers nicht zu fol-
gen vermögen; nicht einmal ein Werkstattzusammenhang erscheint uns zu bestehen.
Es erscheint fraglich, wie weit ein derartiger Begriff von Werkstattarbeit, der für
den Holzschnitt allgemein angenommen ist, auch auf den Kupferstich angewendet
werden darf; hier scheint die Eigenhändigkeit dem ganzen Arbeitsvorgang zu ent-
sprechen. Dennoch gibt es auch unter den Stichen solche, die mit einer engen Ab-
hängigkeit von Dürerschen Werken einen solchen Qualitätsabstand verbinden, daß
man ein ähnlich mittelbares Verhältnis zum Meister vermuten möchte. Das eine dieser
Nr. W 27 Blätter ist die hl. Anna selbdritt (B. 29). Den Zusammenhang mit der Heimsuchung
Nr. 262 des Marienlebens (B. 84) hat schon Heidrich erkannt; dieser Zusammenhang ist nicht
eine Variante der ursprünglichen Idee, sondern eine auf den Holzschnitt selbst zurück-
gehende und ihn verballhornende Kopie. Diese Arbeitsweise ist mit Dürer ebenso unver-
einbar wie die Primitivität der Landschaft und der Erscheinung Gott Vaters mit der Zeit
des Marienlebens; die völlig verzeichnete Beinstellung ist nur als Reminiszenz aus dem
Holzschnitt - wo sie aber motiviert ist - erklärbar. Dieses Arbeiten mit Abfällen einer
bereits fixierten Erfindung ist bei Dürer ohne Beispiel; es deutet-da der Gedanke einer
Fälschung nicht in Betracht kommt - auf einen Urheber aus der nächsten Umgebung
Dürers, der das Blatt dennoch - etwa wegen der von ihm beigesteuerten Konzeption
oder wegen der Aufsicht, die er über die Ausführung übte - für sich reklamierte. Stär-
ker würde sich der Verdacht einer geflissentlichen Anlehnung an den Stil Dürers bei
Nr. w 50 dem Stich B. 55, der Marter des hl. Sebastian, aufdrängen, wenn nicht die Erwähnung
bei Vasari und die Kopierung durch Benedetto Montagna ihm als Beweise alter Zu-
gehörigkeit schützend zur Seite stünden. Die kleinliche Art, wie die Pfeile den zur
Schau gestellten Körper nicht überschneiden dürfen, die Landschaftsbehandlung, die
Körpermodellierung, die Strichführung sind undürerisch. Ist das Blatt, das sich nicht
einmal an eine seiner Arbeiten anlehnt, dennoch unter seinem Namen herausgekom-
men, so liegt es nahe, es für den Versuch eines Schülers zu halten, dem Meister auch
auf diesem Gebiet zu folgen; die Unabhängigkeit der Erfindung und Details wie die
Haarigkeit der Beine deuten auf Baldung, dessen Arbeiten Dürer ja noch bei der nieder-
ländischen Reise mit den seinen mit sich führte. Vergleichspunkte bieten die Berliner
Zeichnung 1267 (Bock T. 9) und der Stich Der Pferdeknecht B. 2 (Abb. bei Bock,
Die deutsche Graphik, 1922, 145). Seine unter Dürers Augen gemachten ersten Ver-
suche mochte dieser als Produkte seiner Werkstätte beanspruchen.
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