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Dürer, Albrecht [Ill.]; Tietze, Hans [Bearb.]; Tietze-Conrat, Erica [Bearb.]
Kritisches Verzeichnis der Werke Albrecht Dürers (1): Der junge Dürer: Verzeichnis der Werke bis zur venezianischen Reise im Jahre 1505 — Augsburg: Benno Filser Verlag G.M.B.H., 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.55259#0351
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IV. ZU DEN ZEICHNUNGEN
MIT DEM GESCHLEUDERTEN MONOGRAMM
Die Geschichte des Dürerschen Monogramms ist wiederholt - zuletzt zusammen-
fassend von G. Pauli in der Festschrift für Max Friedländer - behandelt worden.
Wie zwischen den zuerst getrennten Buchstaben um 1494 eine zunächst schwankende
Verbindung entsteht, aus der dann um 1497 die allbekannt gewordene klassische Form
sich bildet, ist im wesentlichen klargestellt; der Ertrag dieser Feststellung für die
Datierungsfragen wird allerdings dadurch beeinträchtigt, daß eine Anzahl von stilistisch
früher erscheinenden Stichen (B. 63, 80, 82, 83, 85) allem Anschein nach später Nr. 44, 45,
nachmonogrammiert worden sind; die schematische Form des Monogramms und seine 4Ö’ 93’ 109
unorganische Unterbringung auf den Blättern deutet auf eine nachträgliche Signie-
rung hin.
Einen Platz für sich nimmt eine Gruppe von Handzeichnungen ein, in deren flüchtig
gezeichnetem Monogramm der Querbalken des A das D durchstößt; dieses »geschleu-
derte« oder durchgesteckte Monogramm hat Pauli a. a. 0. als eine von Dürer um
1496/97 gebrauchte Ubergangsform erklärt, in der sich der Sturm und Drang dieser
Jahre symptomatisch austobe; die so bezeichneten Blätter scheinen ihm mit dem Werk
Dürers in diesen Jahren organisch verwachsen zu sein. Umgekehrt ist Ludwig Justi,
der diese Gruppe im Rep. XXI, 444 ff. gegen frühere Zweifler verteidigt hatte, auf
Grund ihrer Verklammerung mit anderen unbestrittenen Zeichnungen Dürers zu dem
Ergebnis gelangt: »nachdem wir uns über die Echtheit dieser Zeichnungen geeinigt
haben, werden wir über ihre Datierung nicht zweifeln: sie gehören ungefähr in die
Jahre 1503-1506«. Dieser Widerspruch erschüttert die Glaubwürdigkeit der Beweis-
führung. Tatsächlich haben die Blätter mit dem geschleuderten Monogramm zahlreiche
Widersacher gefunden. Thausing hat sie - soweit er über sie zu sprechen Gelegenheit
fand - für Fälschungen erklärt (Rep. VII, 206), Seidlitz (Pr. Jb. XXVIII) hat sie zu-
sammen mit anderen Dürer nahestehenden Blättern in Diskussion gestellt und in der
Hauptsache einem sich mit Dürer vielfach berührenden, aber von ihm im Temperament
unterschiedenen Künstler zugewiesen; für diesen »Doppelgänger« sind auch in der
Folge die Blätter immer wieder in Anspruch genommen worden. Der relativen Nähe
und Ferne zu Dürer hat Weinberger durch die Vermutung Rechnung getragen, es
handle sich um eine Variante des Monogramms, die die Erzeugnisse der Werkstätte
von den eigenhändigen Arbeiten vorsätzlich unterscheiden solle.
Während die qualitative Bewertung dieser Zeichnungen erstaunlich klafft - Thausing
sagt, sie seien »das Papier nicht wert, auf welches ihre Faksimile gedruckt wurden«,
und Justi meint, »sie gehören zu dem Genialsten, was Dürer gemacht hat« -, herrscht

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