Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Dürer, Albrecht [Ill.]; Tietze, Hans [Bearb.]; Tietze-Conrat, Erica [Bearb.]
Kritisches Verzeichnis der Werke Albrecht Dürers (1): Der junge Dürer: Verzeichnis der Werke bis zur venezianischen Reise im Jahre 1505 — Augsburg: Benno Filser Verlag G.M.B.H., 1928

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55259#0386
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Den entscheidenden Schritt, dieses sich mehrende Oeuvre mit einer bestimmten
Persönlichkeit zu verknüpfen, hat 1907 Röttinger unternommen, der alle diese um die
Andachtsbücher und anderes vermehrten Arbeiten dem Wechtlin zuschrieb und so den
eigentlichen Doppelgänger Dürers, der sich in dessen Schatten entwickelt hätte, auf die
Füße stellte. Im gleichen Jahr hat D. Burckhardt (Pr. Jb. 1907, 178) die Verbindung
zwischen den Benediktblättern und den von ihm für Dürer in Anspruch genommenen
Basler Illustrationen hergestellt und Christian Rauch (Die Trauts, S. 20, Anm. 3) den
Zusammenhang zwischen den Benediktzeichnungen und den Andachtsbüchern an-
erkannt und beide dem Hans von Kulmbach zugeschrieben. 1909 hat Campbell Dod-
gson die Andachtsbücher als elfte Veröffentlichung der Graphischen Gesellschaft her-
ausgegeben und das ganze Material sorgfältig zusammengestellt. Während Stadler
1913 das ganze Basler und Nürnberger Material - einschließlich auch der grob gezeich-
neten Tarocchi - einem von Dürer deutlich unterschiedenen Künstler gab, hat Fried-
länder (in A. D., der Kupferstecher und Holzschnittzeichner, und spezieller in seiner
Polemik gegen Wölfflin in Kunstchronik 1918, 365, bzw. 384 f.) den umgekehrten
Standpunkt entschlossen ausgebaut und alle drei Gruppen Dürer selbst zugewiesen,
worin ihm Pauli zustimmte. Ihre ablehnende Auffassung haben Wölfflin (in den
späteren Auflagen seines Dürer-Buches) und Weixlgärtner (in einer ausgezeichneten
Diskussion aller umstrittenen Jugendarbeiten Dürers, in den Graph. Mitt. 1920, 37)
aufrechterhalten; d. h. dieser hat wohl die Urheberschaft Dürers an den Basler Illus-
trationen anerkannt, die übrigen Arbeiten ihm aber abgesprochen.
In der Folgezeit hat sich seit 1918 (Burlington Mag. XXXII, 46 ff.) auch Dodgson dem
Friedländer-Paulischen Standpunkt genähert; auf der anderen Seite hat Weinberger
(Nürnberger Malerei an der Wende zur Renaissance und die Anfänge der Dürer-Schule,
Straßburg 1921) den umstrittenen Meister unter Abspaltung einzelner Teile mit Hans
v. Kulmbach, E. W. Braun (Graphische Mitt. 1924, S. 11 ff.) mit Hans Baldung, Röt-
tinger (Dürers Doppelgänger, Straßburg 1926) mit Peter Vischer d. Ä. identifiziert. Zu-
letzt hat Kurth alle in Frage stehenden Blätter unterschiedslos ins Holzschnittwerk
Dürers aufgenommen. Die auffallende Unstimmigkeit in der Feststellung des so eifrig
gesuchten Unbekannten, dessen umfangreich angeschwollenes Werk und gelegentlich
ansehnliche, wenn auch niemals bedeutende Qualität seiner Belassung unter den
Namenlosen widerstreiten, ist von den Anhängern der Dürer-Hypothese als Argument
zu ihren Gunsten ausgelegt worden; da keiner der zahlreichen Versuche, ihn mit einem
der anderen Künstler der Jahrhundertwende zu identifizieren, zu einem einwandfreien
und unwidersprochenen Ergebnis geführt habe, so bleibe nichts übrig, als an Dürer zu
glauben; von allen Hypothesen sei diese noch die stichhaltigste. Das freudige Bekennt-
nis zu einem großen Künstler entpuppt sich als unverhohlene Verlegenheitslösung.
366
 
Annotationen