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Ullmann, Martina
König für die Ewigkeit - Die Häuser der Millionen von Jahren: eine Untersuchung zu Königskult und Tempeltypologie in Ägypten — Wiesbaden: Harrassowitz, 2002

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.70779#0185
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Beschädigungen während der Amarnazeit - v.a. an Darstellungen und Namen Amuns aber
auch des königlichen Kas - wurden unter Tutanchamun weitgehend wieder ausgebessert. Die-
ser und seine Nachfolger dekorierten dann auch die große Kolonnade. Ramses II. setzte einen
großen Hof und einen mächtigen Pylon vor die Kolonnade. In dieser Form blieb der Luksor-
tempel dann im Wesentlichen erhalten und in Funktion bis in die Römerzeit. Unter Alexander
dem Großen wurde im Barkenraum ein neuer Barkenschrein eingebaut.
Zum Königskult im Luksortempel:
Die im Rahmen der vorliegenden Arbeit interessierenden Fragestellungen zur kultisch-
rituellen Funktion des Luksortempels und deren theologisch-mythologischen Hintergründen
insbesondere in Bezug auf den Königskult wurden in den letzten Jahren v.a. in den Arbeiten
von L. Bell recht ausführlich dargelegt und diskutiert.590 Da meine eigenen Überlegungen zu
den Millionenjahrhäusern im allgemeinen und zum Luksortempel im Besonderen in den we-
sentlichen Punkten mit den von L. Bell durchgeführten Untersuchungen und Hypothesen
übereinstimmen, sollen hier nicht alle einzelnen Fakten und Hinweise wiederholt, sondern
lediglich eine sich auf die Arbeiten von L. Bell stützende zusammenfassende Deutung gege-
ben werden.
Raison d'etre des Luksortempels war meines Erachtens das Opetfest. Im Rahmen dieses Pro-
zessionsfestes besuchte das Barkenkultbild des Amun-Re von Karnak, begleitet von denjeni-
gen der Mut und des Chons sowie der königlichen Barke mit einer Ka-Statue des regierenden
Königs,591 vom großen Amuntempel in Karnak kommend,592 das „südliche Heiligtum" in
Luksor. Endpunkt der Amunsbarke war das Barkensanktuar (Raum XI). Zielpunkt der rituel-
len Handlungen im Tempelinneren während des Opetfestes war die Wiederholung des Schöp-
fungsvorganges, um so die jährlich notwendige Erneuerung alles Bestehenden zu wiederho-
len. Wie in den Widmungsinschriften AmenophisTII. ausgedrückt, war der Luksortempel
Amuns „großer Sitz des ersten Males", also eine Urhügelstätte. Architektonisch umgesetzt
wurde dieser Gedanke durch die Errichtung des eigentlichen Tempelgebäudes auf einem Sok-
kel, sprich einem künstlichen Urhügel. Aber nicht nur die irdische Welt wurde erneuert, auch
die Götterwelt bedurfte einer zyklischen Regeneration. Im Falle des thebanischen Opetfestes
stand naturgemäß Amun-Re im Mittelpunkt dieses Geschehens, d.h. Amun-Re von Karnak,
Herr der Götter - der auf Erden sichtbare Barkenamun - verjüngte sich durch die vorüberge-
hende Einswerdung mit dem im Kultbildraum XIX im südlichen, dem „verborgenen" Tempel-
teil residierenden Amun von Luksor. Diese spezifische Amunsform des Luksortempels ver-
körperte wohl die schöpferischen, regenerativen Aspekte des Amun. Die Szenen des Kult-
bildrituals in diesem Raum593 und die Existenz eines Sockels in der Mitte der Südwand594
deuten auf einen täglichen Kult vor einem Kultbild des Amun von Luksor an dieser Stelle
hin.595
Signifikant scheint mir hierbei die Deutung des Ost-West orientierten Saales XVII vor dem
Kultbildraum XIX zu sein.'96 Neben seiner kultischen Funktion als Speisetischraum für das

590 Bell, Luxor Temple und ders., „Divine" Temple.

591 Zur Existenz eines Barkenkultbildes des Königs unter Amenophis III. siehe auch die Referenz Amenophis III.
3.1.

592 Bell, „Divine" Temple, 160 schlägt vor, dass die Prozession in Karnak im Achmenu begann, wo die königli-
che Barke mit der Ka-Statue aufbewahrt worden sein könnte.

593 Zu diesen Szenen siehe zuletzt J. Osing, in: Gold of Praise: Studies on Ancient Egypt in Honor of Edward F.
Wente, Hrsg, von E. Teeter und J.A. Larson, SAOC 58, Chicago 1999, 328.

594 Brunner, Luxortempel, 30f.

595 Zur Kultbildform des Amun von Luxor vgl. auch die Überlegungen von P. Pamminger, in: Beiträge zur Su-
danforschung 5, Wien 1992, 93ff.

596 Brunner, op. cit., 79ff.

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