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Lage und Forschungsgeschichte

Eineinhalb Kilometer östlich der Stadtmitte des
heutigen Straubing (im Regierungsbezirk Nieder-
bayern) zerschneidet der »Allachbach« die Donau-
niederterrasse. östlich von ihm liegt auf dieser Ter-
rasse das »Ostenfeld«, bis 1950 nur wenig besiedelt
und vorwiegend landwirtschaftlich genutzt; am Ost-
ufer des Allachbaches nahe seiner ehemaligen Mün-
dung in die Donau stehen Kloster und Krankenhaus
»Azlburg«. Westlich des Allachbaches gegenüber der
Azlburg entwickelte sich das frühmittelalterliche
Straubing, dessen Pfarrkirche St. Peter mit ihrem
wehrhaft überhöhten und befestigten Friedhof im
spitzen Winkel zwischen Donaualtlauf und Allach-
bach liegt (siehe Abb. 1). Die Tabula Peutingeriana1
gibt 28 mp (~ 42 km) von Castra Regina, dem heu-
tigen Regensburg, donauabwärts die römische Station
»Sorviodurum« an, während im Itinerarium Anto-
nini2 nach 24 mp (~ 36 km) »Augustis« steht. Beide
Entfernungsangaben weisen auf den Straubinger
Raum und führten frühzeitig dazu, dort eine rö-
mische Anlage zu lokalisieren. Aventin3 setzt an die
Stelle der Azlburg (Abb. 1 und Planl^ seine »Castra
Augustana«, vor allem wohl wegen einer vermeint-
lichen Namensgleichheit. Es war dann vor allem
Ritter von Mussinan, der sich mit dem antiken Strau-
bing näher beschäftigte5 und hierbei bereits auf einige
Bodenfunde hinweisen konnte; noch im 18. Jahrhun-
dert soll ein inzwischen leider verschollenes Brand-
grab bei der Azlburg gefunden worden sein6, und im
Jahre 1811 kam auf Plan-Nummer 3596 im Südvicus
nahe der späteren Fläche 175 (Plan 7) ein Weihe-
stein7 zum Vorschein, dessen schlecht erhaltene, an
den Juppiter Dolichenus gerichtete Inschrift später
Ohlenschlager8 richtig als Weihung eines Veteranen der
1. Canathener-Kohorte erkannte. Mussinans Nach-
grabungen erbrachten »nur Geschirreste«9, doch er-
gaben Grabungen des Historischen Vereins Straubing
1899 den zugehörigen Tempelbau10. Mussinan sah in
der wehrkirchenartigen Anlage des St. Peters-Fried-
hofes römischen Ursprung und lokalisierte hier das
gesuchte »Serviodurum«, wie er fälschlich statt »Sor-
viodurum« schrieb11.

Zahlreiche Bodenfunde römischer Provenienz lie-
ferte ab der Mitte des 19. Jahrhunderts eine Kies-
grube, die sich vom Nordrand des Ostenfeldes, der
sog. »Kling«, auf Plan-Nummer 3615/0.2.3 nach
Südosten arbeitete. Die Funde gelangten zunächst
ans Museum Landshut12, wurden aber dann ab 1880
in der von Oberstleutnant E. Wimmer gegründeten
Historischen Sammlung der Stadt Straubing aufbe-
wahrt und in den von Wimmer von 1881-1885 her-
ausgegebenen »Sammelblättern zur Geschichte der
Stadt Straubing« katalogisiert13.
Wimmer lenkte die Aufmerksamkeit ebenso wie
Ohlenschlager14 und Sieghart15 auf das Ostenfeld, wo
sie in dem nachrömischen Purzelgrabensystem einen
römischen Kern sahen16. Wichtig war in diesem Zu-
sammenhang die Auffindung von römischen Ge-
bäuderesten auf Plan-Nummer 1016 nahe der Azl-
burg17 mit verbauten Spolien (u. a. Ziegelstempel der
2. Raeter-Kohorte). Gleichzeitig begann mit Brand-

1 W. Kubitschek, RE.X 2126 f.
2 W. Kubitschek, RE.IX 2308 f.; K. Miller, Itineraria Ro-
mana (1916) 267 f.
3 Aventinus, Rerum Boicarum libri quinque (1602). Vgl.
Jb. 1, 1898, 42.
4 Vgl. Planbeilage 1 am Schluß des Buches.
5 Ritter J.v. Mussinan, Die römischen Altertümer in und um
Straubing, Manuskript (1830) in der Staatsbibi. München; her-
ausgegeben von B. Weißenberger in Jb. 1, 1898, 22 f. und 2,
1899, 13 f. Mussinan war Direktor des Appellationsgerichtes
für den Isarkreis.
6 Mussinan, Jb. 1, 1898, 50. Schatzfund 6.
7 Vollmer 427.
8 F. Ohlenschlager, Die römischen Grenzlager zu Passau,
Künzing, Wischeiburg und Straubing. Abhandl. d. Bayer. Akad.
d. Wiss. I, 1, 17, 1884, 263.
9 Mussinan, Jb. 2, 1899, 42.
’o Jb. 2, 1899, 3f.
11 Mussinan, Jb. 1, 1898, 42 f.
12 Verhandl. d. Hist. Ver. f. Niederbayern II, 4, 22 (Inven-
tar bis 1852). Die heute im Museum Landshut befindlichen
Fundstücke sind auf Taf. 151-152 wiedergegeben.
13 Sbl. 88. 124. 208. 413. 623. 799.
14 Ohlenschlager a. a. O.; Sbl. 417 f.
15 M. Sieghart, Geschichte und Beschreibung der Hauptstadt
Straubing I (1833) 14 f.
11 N. Walke, Bayer. Vorgeschichtsbl. 24, 1959, 237 f.
17 Sbl. 208. 417 f. 623. Vgl. Taf. 138, 2-3. 4.

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