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Topographie und Periodenabfolge
I. DAS KASTELL

Das Straubinger Steinkastell ist 165 zu 188 m
(Durchschnitt) groß und mißt 3,1 ha Flächeninhalt
(Plan 2). Es liegt dicht an der Terrassenkante zur
Donau und ist mit der Prätorialseite nach Süden,
landeinwärts, orientiert. Die Umfassungsmauer ist
im Durchschnitt 1,5 m breit (siehe Abb. 2,2-5). Von
den Toren steht nur die Porta principalis dextra fest
(Abb. 2,14-16^- sie zeigt die üblichen beiden nach
innen zurückspringenden Rechtecktürme von 5 zu
5 m Größe und hat einen einfachen, 3,5 m weiten
Durchlaß. Wie bei den Ecktürmen sind die Turm-
mauern jeweils höher fundamentiert als die Kastell-
mauer, was daher wohl nicht als eigene Bauperiode,
sondern als Fundamentierungseigenart gedeutet wer-
den kann. Die Fläche 87 lieferte bei einer Schürfung
im Jahre 19092 unklare Mauerspuren, die jedoch zum
linken Principaltor gehören können. Die Via princi-
palis würde dann, entsprechend der schiefen Prä-
torialfront, schiefwinklig gelaufen sein.
Die im 2. Jahrhundert üblichen trapezförmigen,
nach innen zurückspringenden Ecktürme sind an der
Nordost- und an der Nordwestecke festgestellt3; sie
finden sich in gleicher Größe und Gestalt im Kastell
Pfünz4. In Straubing sind die Abmessungen 5,5 zu
6 m (max.), Mauerbreite 0,9 m, die Turmmauern hö-
her fundamentiert als die Kastellmauer (siehe Abb. 2,
12-13). Schürfungen im Kastellinneren5 haben zwar
vielfach Baracken-, Mauer- und Straßenspuren er-
geben, doch läßt sich eine Innenteilung vorerst nicht
gewinnen. Wichtig war lediglich die Untersuchung
1913 in der Prätentura6, deren Planaufzeichnungen
aber leider verloren sind; die Angaben Ebners über
mehrere Kastellperioden werden weiter unten aufge-
führt. Mit Sicherheit festgestellt ist im Nordwestteil
des Kastells ein im Abstand von 4-8 m die Kastell-
mauer im Inneren begleitender 3 m breiter Graben,
dessen Zugehörigkeit zum Kastell, etwa als Abschluß
des Intervallums und von der Via vallaris begleitet,
fraglich ist (Plan2)7. Denkbar ist auch, daß sich in
ihm eine ältere Kastellperiode anzeigt, zumal dieser
Graben im Südwestteil des Kastells beim Bagger-
schnitt 1960 nicht angetroffen wurde8.

Das Kastell hat eine schiefwinklig angesetzte süd-
liche Praetorialfront. Die Schiefwinkligkeit kommt
auch bei anderen Kastellen vor, mit Straubing ver-
gleichbar sind insbesondere die Limeskastelle Mark-
öbel9 und Welzheim10 sowie Passau1 11. Das Kastell
Waldmössingen12 zeigt ein ganz unregelmäßiges Tra-
pez, das sowohl durch die Geländeform als auch
durch den Graben einer voraufgehenden Kastell-
periode bedingt sein mag. Eine solche Anlehnung an
eine ältere Kastellperiode oder sonstige Gegeben-
heiten wie etwa einen Straßenzug, müßte in Straubing
vermutet werden, da die Schiefwinkligkeit durch das
Gelände in keiner Weise bedingt ist.
Kartiert man die frühflavische Reliefsigillata
(Abb. 4), so ergibt sich eine unverhältnismäßig dichte
Verbreitung im Bereich des Westvicus. Auch wenn
diese Aussage durch die Münzverbreitung nicht be-
stätigt wird, kann sie wohl kaum zufällig sein. Die
Sigillatakartierung müßte demnach darauf schließen
lassen, daß im Bereich des Westvicus die frühesten
Siedlungsspuren einsetzen. Daher geriet der in un-
mittelbarer Nachbarschaft gelegene bis zu 11 m breite
»große Graben«13 in den Verdacht, zu einer früh-
flavischen Kastellumwehrung zu gehören. Indes hat
die Grabung 1960 (Schnitt A) diese Vermutung nicht
bestätigt14. Sollte sich nicht trotzdem im Bereich des
Westvicus noch ein älteres Erdkastell verborgen hal-
ten, worauf umfangreiche Barackenspuren hindeuten

1 Jb. 14, 1911, 9 f.
2 Jb. 12, 1909, 14.
3 Jb. 14, 1911,10 £.; 12, 1909, 14.
4 Pfünz Taf. 2. Zur verschiedenen Fundamenthöhe von
Türmen und Mauer ebenda S. 6.
5 Jb. 4, 1901, 3 f.; 7, 1904, 4 f.; 13, 1910, 11 f.
6 Jb. 16, 1913, 8f.
7 Vgl. Abb. 2, Profile 2-4.
8 Jb. 63, 1960, 14 ff.
9 ORL. B. II 2 Nr. 21 Taf. 1.
10 ORL. B IV Nr. 45a Taf. 3.
11 Passau Abb. 3 und 11.
12 ORL. B V 2 Nr. 61b Taf. 2.
13 Jb. 40, 1937, 13; 41, 1938, 13; 54, 1951, 13. Bayer. Vor-
geschichtsbl. 22, 1957, 230; vgl. Abb. 3,2-3 (Profile anläßlich
des Kiesabbaues).
14 Jb. 63, 1960, 15 und Abb.

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