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wiederum ein charakteristisch britannischer Typ des
2. Jahrhunderts, in dessen zweite Hälfte das Ver-
gleichsstück von Newstead weist23.
Bei den Scharnierbügelfibeln fehlen Aucissafibeln
völlig24, wie zu erwarten; die gestreckte Scharnier-
fibel mit profiliertem Bügel erscheint nur in dem Stück
Taf.94,13, das sich mit solchen aus Rißtissen ver-
gleichen läßt ebenso wie mit Richborough IV25 und
in flavisch-trajanische Zeit datieren läßt. Auffallend
ist, daß in Straubing Fibelformen fehlen, die sonst
zum charakteristischen Bestand der späten Limeszeit
gehören, hauptsächlich die auf dem Zugmantel26 ver-
tretenen Fibeln mit gegabeltem Bügel und die T-Fi-
beln mit röhrenförmigem Fuß. Daß das Fehlen in
Straubing durch regionale Unterschiede nicht bedingt
sein kann, zeigt das Vorkommen dieser Fibeltypen
in nächster Nähe Straubings, in Regensburg27; und
daß chronologische Unterschiede nicht entscheidend
sein können, erhellt aus dem Vergleich mit Pfünz28,
das etwa gleichzeitig mit Straubing endet und in dem
beide Formen vorkommen. Da beide Typen allge-
meine provinzialrömische Formen und z. B. auch
in Dura-Europos29 vertreten sind, läßt sich schwer-
lich an eine besondere Fibeltracht etwa der Cana-
thenerkohorte in Straubing denken; hingegen fällt es
auf, daß für die gleiche Zeit die beiden oben beschrie-
benen Fibeln britannischer Herkunft vorliegen, zu-
mal die in Straubing vermißten Typen auf der Insel
selten zu sein scheinen30.
Die Kniefibeln Almgren 247 sind in Straubing in
drei Exemplaren vertreten (Taf. 93,12), sie kommen
ab der Mitte des 2. Jahrhunderts in allen Donaupro-
vinzen, in Raetien, Germanien, Gallien und Britan-
nien zahlreich vor31. Hingegen ist das Einzelstück
Taf. 94,17, eine Scharnierfibel mit kammartigem Bü-
gel, nur aus der Literatur in Pannonien zu belegen32.
Verwandt mit diesem sind zwei sonst nicht nachzu-
weisende Scharnierfibeln Taf .94,16, eine davon aus
dem Kastellbereich. Der bürstenartige Bronzebügel
(verzinnt oder versilbert) erinnert an die Technik der
Nagelung mit Silberstiften, auf die Werner anläßlich
der Besprechung der Zierweise der Thorsberger Schei-
ben hingewiesen hat33 und die sich insbesondere im
Zusammenhang der Fibel mit gegabeltem Bügel fin-
det, so in Faimingen, im Museum Montbeliard34,
dann bei verwandten Formen in England und im
Römisch Germanischen Zentralmuseum Mainz35.
Die Scharnierbügelfibel mit trapezförmigem Bügel
und stilisiertem Tierkopffuß Taf. 94,22 findet sich
wie die übrigen emailverzierten Stücke im Westen
wie im Osten, so bei Exner und Patek36, und stammt
wie die übrigen emaillierten Fibeln Straubings von
jener Emailindustrie her, die nach übereinstimmen-

der Meinung der behandelnden Autoren in der
»Villa d’Anthee« bei Dinant von der zweiten Hälfte
des 2. bis in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts ar-
beitete37. Man wird die Verbreitung dieser Fibeln nicht
nur dem Handelsverkehr, sondern auch den Truppen-
verschiebungen zuschreiben müssen, wobei es freilich
fraglich ist, ob man hierbei eine Art militärische
Auslieferung und Versorgung außerhalb der üblichen
Handelslinien annehmen kann38.
Emailbügelfibeln der Art Taf. 94,18 mit kreisför-
miger oder rechteckiger Bügelplatte und dreieckigem
Fuß kommen in Straubing zweimal vor39. Die hüb-
sche emaillierte Fibel in Gestalt eines Delphins
Taf. 94,19 hat zwar keine genauen Parallelen, doch
finden sich ähnliche naturalistische Tierfibeln bei Le-
rat, Sellye und in Heddernheim (vgl. das Photo Taf.
96,2)40.
Taf.94,20-21 zeigt zwei gleichseitige Fibeln mit
Emaileinlage und Tierköpfen, häufig zu belegen bei
Lerat, Exner, Patek, Sellye und in Dura-Europos41,
hingegen seltener im obergermanisch-raetischen Li-
mesgebiet und gar nicht in Pfünz, wo auch keine
Emailbügelfibeln erscheinen42. Wir sehen so wiederum
regionale Unterschiede in der Zusammensetzung der
Fibeltypen, die möglicherweise ihre Ursache in der
verschiedenen Zusammensetzung und Rekrutenbelie-
ferung der einzelnen Truppenteile haben, ohne daß
bei dem heutigen Forschungsstand mehr als Andeu-
tungen aufscheinen. Es kann lediglich festgehalten
23 Collingwood a.a.O. 250 f.; Newstead Taf. 86, 19-20.
vgl. auch Collingwood in Archaeologia 80, 1930, 54 f.
24 Ulbert 67 f.; Cambodunumforsch. I 77.
25 Ulbert Taf. 60,9-10; Richborough IV Taf. 26, 14.
26 Barthel, Zugmantel a. a. O. Taf. 9.
27 Regensburg Taf. 8.
28 Pfünz Taf. 12, 71. 78. 82-84.
29 Dura-Europos IV/IV Taf. 14-15.
30 Collingwood a. a. O. Abb. 63.
31 Patek 130 f.; Pfünz Taf. 12,74; Barthel, Zugmantel a.a.O.
Taf. 9, 171.; Lerat II Taf. 7, 30; Collingwood a.a.O. Abb.93,
82-88.
32 Patek Taf. 24, 14 entspricht Kovrig Taf. 27, 2.
33 Werner, Thorsberg 31 f.
34 Werner, Thorsberg Taf. 13, 2; Lerat II Taf. 4, 67.
35 Collingwood a.a.O. Abb. 63, 73; Lindenschmit, Mainz
Taf. 17,9; es läßt sich an Hand der Abbildungen nicht ent-
scheiden, ob es sich um Silber- oder Bronzestifte handelt.
36 Exner Taf. 8, 4; Patek Taf. 14, 5.
37 Exner 40f.; Sellye 89f.; Dura-EuroposIV/IV43; Barthel,
Zugmantel a.a.O. 80; F. Henry, Emailleurs d’Occident. Pre-
histoire 2, 1933, 65 f.; E. Ettlinger, Jahrb. Schweiz. Ges. f.
Urgesch. 47, 1958/59, 199.
38 Dura-Europos IV/IV 43.
39 Exner Taf. 8, 9-10.
40 Lerat I Taf. 17, 307; Sellye Taf. 13, 26; Heddernheim II
Taf. 3, 42.
41 Lerat II Taf. 6, 151; Lerat I Taf. 13, 274-75; Exner Taf.
10, 7; Patek Taf. 14, 12; Sellye Taf. 10, 24; Dura-Europos
IV/IV Taf. 9,27; zu Taf. 94,21 vgl. das Photo Taf. 96,1.
42 Exner 72 f.; Pfünz Taf. 12-13.

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