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los ist. Es sind damals, um das Wichtigste zu nennen, noch entstanden: Der Pfarrer von
Kahlenberg (Schramm 552-587), lebendig und sidier, aber mit geringem Aufwand gezeichnet
(Taf. 85 oben), Warnung vor falscher Liebe (Schramm 590/92) mit drei der größten
Holzschnitte jener Jahre, nah verwandt dem Horologium und dem Bruder Claus, das
Krankenbett aus „Versehung, leib, sel, ehr und gut“ von 1489 (Schramm 400, Taf. 81 oben),
besonders naturalistisch, und das vorzüglich gezeichnete Bild zum Würfelbudi von 1489
(Schramm 598). Die „Küchenmeisterei“ (Schramm 549) ist schon so realistisdi breit aus-
gemalt, daß man sie in die 1490er Jahre datieren möchte.

Mit dem Schatzbehalter setzt 1491 Wolgemuts klar erkennbare Tätigkeit für den Holz-
schnitt ein. An der Erneuerung der formsdmeiderischen Technik sind die illustrierten
Bücher, die sich um Schatzbehalter und Weltchronik scharen, leicht zu erkennen. Es
erübrigt sich, sie hier aufzuführen133, nur sei auf das selten berücksichtigte, großenteils
unpublizierte Material zu Danhausers „Archetypus triumphantis Romae“ ausdriicklich auf-
merksam gemacht. Das zwischen 1493 und 1497 mehrfach erwähnte Werk war mit seinen
233 großen und 83 kleinen Holzschnitten ein Seitenstück zu den beiden anderen großen
Unternehmungen, blieb aber aus unbekannten Griinden stecken. Nur 32 Holzschnitte,
darunter die verwegenen Umsetzungen der italienischen Stidie der „Tarrocchi“ durch Wol-
gemut, sind in einzelnen Abzügen von den verschollenen 316 Formen, die sämtlich
gesdmitten vorlagen, überliefert.

Mit unwirscher Kühnheit hat Wolgemut in den 1470er Jahren (Altäre von Straubing und
Zwickau) die gefühlsselige rogiereske Kunstübung der Pleydenwurff-Werkstatt verdrängt
wie zwei Jahrzehnte darauf den Umrißstil des deutsdien Budiholzsdmitts. Aber schon in
den 1480er Jahren sah er Maler neben sidi, die ihn zu übertreffen drohten. Die Maler des
Hersbrucker (1484) und des Veitaltars (1487) mildem seinen herben Realismus. Sie ver-
schmelzen ihn einem Sdiönheitsempfinden, das sich beim erstgenannten in der malerischen
Behandlung, bei dem anderen in einer zarteren Zeichnung der Köpfe und innigerem Aus-
druck bekundet. Damals begann Wolgemuts Stil zu erstarren. Man kennt ihn aus vielen
Tafeln in Nümberg, die typische Köpfe mit scharfen Zügen aufweisen. Die Farben sind
freudlos. Die Hinwendung zum Holzsdmitt befmchtet sein Schaffen. Die ungestüme
Kraft, mit der er sich einsetzte, erinnert an die barbarisdie Rauheit, mit der er seine
Kunstauffassung im Straubinger Altar gegenüber derjenigen Pleydenwurffs kundgab. Mit

133 Stadler, a. a. O. S. 66 ff. hat sie bisher am ausfiihrlichsten und meist zutreffend zusammengestellt.
Sein Versuch, mit besonders charakteristischen großen Blättem Wolgemuts, z. B. den thronenden Heiligen
Peter und Paul (Brev. Ratisbonense, Bamberg 1495) und einem Teil des Ardietypus eine Wilhelm Pley-
denwurff-Gruppe zu bilden, ist unverständlich. Sie stimmen genau mit Wolgemuts anderen Holzsdinitten
iiberein. Alles in allem besteht die Gruppe der einzelnen Holzsdmitte aus mnd 30 in mehr als 15 Bii-
diem, alle aus den Jahren 1491—95, nicht eingesdilossen die Reformation der Stadt Niimberg von 1484
und die 32 Holzschnitte des Ardietypus.

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