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Wischermann, Heinfried; Wischermann, Heinfried [Hrsg.]
Berichte und Forschungen zur Kunstgeschichte (Band 3): Fonthill Abbey: Studien zur profanen Neugotik Englands im 18. Jh. — Freiburg i. Br.: Selbstverl., 1979

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https://doi.org/10.11588/diglit.57206#0234
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V 3 Architektur als Symbol
Jedes Wohngebäude, ob Hütte oder Schloß, spricht eine
Botschaft aus. Es ist Zeichen (nicht Symbol !) für fest-
gelegte Bedeutungen wie: Besitz, Macht, Machtanspruch,
soziale Gruppenzugehörigkeit. Es verrät den Reichtum
oder die Armut, die Macht oder die Ohnmacht, den erreich-
ten, bzw. erhofften gesellschaftlichen Rang oder die
gesellschaftliche Bedeutungslosigkeit des Besitzers, des
Erbauers oder des Bewohners. Ein reicher Schatz über-
lieferter architektonischer Formen, ein differenziertes
Vokabular von dekorativen Zusätzen, ein nach Wertigkeit
und Haltbarkeit gestuftes Baumaterial drücken aus, welcher
Gesellschaftsschicht der Erbauer sich zu gehörig fühlt,
welchen Überzeugungen und Vorbildern er verpflichtet ist.
OQ-1 \
Formen, Dekor und Material sprechen - Saxa Loquuntur! J 1
Die umgangssprachliche Wendung vom Haus als 'Status-
Symbol' ; ' ist unsinnig. Man sollte allenfalls von einem
Standes- oder Rangzeichen sprechen. Denn ein Symbol ist
"nichts anderes als ein Bild zur Darstellung eines Ge-
dankens oder einer Thatsache, die nicht notwendig und
o QG? \
ohne weiteres aus dem Begriff jenes Bildes sich ergeben"
Diese von Joseph Sauer für die 'Symbolik des Kirchenge-
bäudes' gebrauchte Definition gilt auch für die hier zu
besprechenden neuzeitlichen Profanbauten. Sie ist auf ein
durchschnittliches Haus, sei es auch ein Schloß, ein
Palast oder ein Landsitz, nicht anwendbar, denn deren
Botschaft ist ja gerade jedermann ohne Schwierigkeiten
verständlich.
Ein Bauerk ist nur dann ein Symbol, wenn es (wie Fonthill
Abbey) einen Sinn besitzt, der nur von einer Gruppe von
Eingeweihten unmittelbar verstanden werden kann oder soll.
Symbolische Bauten sind zeitgebunden und personengebunden!
Sie entstehen u-a. als sinnfällige Ausdruckszeichen für
Erlebnisse des Auftraggebers oder Schöpfers, für - im
Falle Beckfords - mißliche Erfahrungen in der Gemeinschaft
 
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