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Wolf, Gunther
Satura mediaevalis: Gesammelte Schriften ; Hrsg. zum 65. Geburtstag (Band 3): Stauferzeit — Heidelberg, 1995

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https://doi.org/10.11588/diglit.15265#0042

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77 Siehe Becker, 1. c. (Anm. 48), bes. Anm. 9.

78 Allenthalben war um diese Zeit die Erbrechtsauffassung ja im Kommen; für Sizilien: Vertrag
v. Benevent v. 1156 (Const. 1,590 § 12) (siehe auch Haller, Heinrich VI., in: MIÖG 35,1914,
S. 590 u. 599); ansonstenz. B. MGh, Deutsche Chron. II, 235:dat rike erfde alse andere ko-
ningrike dof.

79 Über weitere damit zusammenhängende Fragen und die Gesamtheit staufischer Erbreichs-
bestrebungen demnächst: G. Wolf, Wende des Mittelalters, Idee u. Wirklichkeit des Staufi-
schen Reiches, in: Impulse d. Forschung, Darmstadt 1974/75 (Nicht erschienen [1995]).

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als

Der ,honor imperii'
Spannungsfeld von lex und sacramentum
im Hochmittelalter

I.

Im Jahre 1940 veröffentlichte Peter Rassow, ,in einer breit begründeten Auseinander-
setzung'1 mit Heinz Zatscheks zehn Jahre zuvor erschienener Abhandlung2 über den
Konstanzer Vertrag von 1153, seine umfassende Studie über Die neue Politik Friedrich Bar-
barossas 1152-1158, der er den Obertitel Honor imperii gab3.

Er hat nach seinen Darlegungen diesen Obertitel nicht ohne Grund gewählt: ,Unter
Heinrich V. war ein Ansatz zur Juristifizierung von kaiserlicher Seite gemacht worden,
insofern es gelang, für den kaiserlichen Anteil an der Investitur die juristische Form der
Verleihung des Zepters zu finden. Auf dieser Linie ist Friedrich fortgeschritten. Zum ju-
ristischen Zentralbegriff seiner Reichspolitik erhob er den ,honor imperii'. Ihn in dem
Konstanzer Vertrag mit dem Papst rechtlich zu verankern, war seine erste politische Tat.
Wenn wir diesen Schritt in der Entwicklung der Ideen vom Investiturstreit her betrach-
ten, so war es ein Schritt nach vorwärts, nicht nach rückwärts'4, schreibt Rassow, und
weiter:,Friedrich ... hat offenbar als moderner Mensch seiner Zeit gerade in der Juristifi-
zierung seiner Politik den entscheidenden Vorteil auch für sich gesehen. Denn in dem
,honor imperii' des Vertrages, dem Hoheitsrecht des Reiches und der Bindung des Pap-
stes an die Erhaltung und Ausgestaltung dieses Hoheitsrechtes glaubte er eine Waffe ge-
schmiedet zu haben, mit der er sich im Konfliktfalle siegreich durchsetzen könne'5.

Ich darf die hier interessierenden drei Thesen bezüglich des ,honor imperii' zusam-
menfassen:

1. Rassow zentriert dabei den Begriff des ,honor imperii' auf die gesamte Politik der
ersten Zeit Friedrich Barbarossas,

2. er faßt weiter den Begriff als ,Hoheitsrecht's, als politischen Rechtsanspruch'7, also
als Manifestierung der auch sonst feststellbaren Juristifizierung und interpretiert
ihn somit gewissermaßen als ,Vorläufer' von Roncaglia8,

3. sieht rassow in dem Begriff ein politisches Novum, insoweit ihn Friedrich zum
juristischen Zentralbegriff seiner Reichspolitik' ,erhoben' haben soll'.

Damit impliziert Rassow Friedrichs I. Herrscherauffassung, sie sei (um mit einem von
E. Kantorowicz10 geprägten Begriff zu sprechen) wohl eindeutig ,law-centered' gewe-
sen, auf die ,lex' gegründet.

Diese Gesamtinterpretation Rassows hat weitgehend Zustimmung gefunden. Robert
Holtzmann", Friedrich Baethgen", ja selbst - mit verständlicher Einschränkung - Heinz
Zatschek13 pflichteten Rassow bei. Allein Herbert Grundmann" hat in seiner ausführli-
chen Rezension schon bald, vor nunmehr 25 Jahren, bei aller Würdigung der Untersu-
chungen Rassows zu den Anfängen der Politik Friedrichs I. insgesamt, schwerwiegende
Bedenken gegen die oben dargelegten drei Thesen erhoben:

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