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Wolf, Gunther
Satura mediaevalis: Gesammelte Schriften ; Hrsg. zum 65. Geburtstag (Band 3): Stauferzeit — Heidelberg, 1995

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https://doi.org/10.11588/diglit.15265#0058

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selbst ihr hervorragender Vertreter, dennoch Ketzerverfolger aus Glauben und Staatsrai-
son, zweiter David und Freund der Muslim, Messiaskaiser und apokalyptisches Untier
war nicht eines: er war dies alles. Er war in der Tat ein Stupor mundi. Nicht die Stand-
punkte der Betrachter haben letztlich den Zwiespalt der Wertungen bedingt, sondern
Friedrichs eigenstes Wesen, das wohl in jenem tragischsten Augenblick seiner Geschich-
te am klarsten aus seinen dämonischen Tiefen ans Tageslicht tritt, als er, von der Gunst
der Fortuna geblendet, 1237 in tragischer Hybris nach Cortenuova alles Maß verliert und
damit den Zeitgeist in die Schranken fordert. Hier scheint die Peripetie im Drama zu lie-
gen, die es zur Tragödie werden läßt. Von hier aber ergibt sich u. E. auch die Entschei-
dung, daß die Idee Friedrichs von Kaisertum und Welt unzeitgemäß geworden war, daß
sie, in ihren Wurzeln in Antike, Altes Testament und Orient zurückreichend, eine bis zur
Vollendung überhöhte Form mittelalterlichen Denkens war, ungeachtet aller ,modernen'
Detailzüge: auch hier ein nicht zu lösender Widerspruch. An diesem Widerspruch ist
Friedrich II. gescheitert. Dennoch wird ihm, dem immutator mirabilis mundi, von der Ge-
schichte des Prädikat historischer Größe nicht versagt werden können.

Erstveröffentlichung:

Stupor mundi - Zur Geschichte Friedrichs II. von Hohenstaufen, hrsg. v. G. Wolf -
Wege der Forschung, Bd. 101, 21982 bzw. 3. unveränderte Auflage, S. 527 - 541 (verfaßt
1974).

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Fridericiana

Neuere Literatur zu Friedrich II. von Hohenstaufen

Obwohl bis zum 800. Geburtstag Kaiser Friedrichs EL. von Hohenstaufen (26. Dez.
1994) noch einige Jahre ins Land gehen, ist derzeit ein Boom an Friedrich-Literatur zu
beoachten, nicht zuletzt eine Frucht der, seit einigen Jahren, allgemeinen neuerlichen Be-
schäftigung mit Geschichte.

I. An die Spitze aller Bücher über Friedrich EL, muß nach wie vor das grundlegende
Werk von Ernst Kantorowicz (1890 - 1963) gestellt Verden, dessen erster Band, d. h. der
Hauptband, erstmals 1929, dessen materialgeladener Ergänzungsband erstmals 1931 er-
schienen. Nun liegt der Text- (= Hauptband) in 6. unveränderter Auflage 1985, Klett-Cot-
ta, Stuttgart, 651 S., vor: ein Monument der Geschichtsschreibung freilich eher, als heute
noch dem Historiker im Detail hilfreich. Bedauerlich scheint, daß der seinerzeit durch
Materialfülle frappierende Ergänzungsband nur in 2. (unveränderter) Auflage 1980 (bei
demselben Verlag, 336 S.) verfügbar ist. Hier wäre es höchst wünschenswert, unter Bei-
behaltung des kantorowicz'schen Grundmaterials eine ergänzte und erweiterte Neu-
auflage zu konzipieren, die den Wert dieses grundlegenden Werkes aktualisiert und
dem heutigen Stand anpaßt.

EL. Als wesentliche Neuerscheinung (MGh-Hilfsmittel VIII), München 1986 - im
Herbst, nach dem am 10. August erfolgten Tod des Herausgebers C. A. Willemsen - ist
von diesem die Bibliographie zur Geschichte Kaiser Friedrichs II. und der letzten Staufer
als Bd. VIII der ,Hilfsmittel' der Monumenta Germaniae historica erschienen. Sie umfaßt
auf 205 Seiten in Teil I Quellen und Quellensammlungen, insgesamt 212 Titel (Akten, Ur-
kunden, Gesetze: 27 Titel), an Regesten und Registern 18 Titel, an Briefen 6 Titel, an er-
zählenden und literarischen Quellen 161 Titel. Teil II bietet die wesentlichen Darstellun-
gen (bis etwa 1985), alphabetisch nach Verfassernamen geordnet mit 14 Sammelwerken
und 2014 Monographien und Aufsätzen. Ein Register mit Verfassernamen, Personenna-
men und geographischen Namen rundet das Buch ab. Es wird künftig ein unentbehrli-
ches Hilfsmittel zur Geschichte Friedrichs TL sein, das wir dem verdienten Gelehrten C.
A. Willemsen als Vermächtnis danken. Die alphabetische Verfasserabfolge ist sicher na-
heliegend, doch wären auch andere Ordnungsgesichtspunkte, etwa nach Sachgebieten
oder nach Erscheinungsdatum, möglich und sinnvoll gewesen. Dennoch eine grundle-
gende Neuerscheinung.

III. Gegenüber diesen beiden Werken müssen alle anderen Veröffentlichungen über
Friedrich zurücktreten. Erwähnt sei aber, auch als wertvolle Bereicherung unserer
Kenntnisse über Friedrichs Baukunst und ihre Vorbilder, die mit 171 Abbildungen verse-
hene und viele bislang unbekannte oder unbeachtete Zusammenhänge aufzeigende Mo-
nographie von Heinz Götze über Castel del Monte. Gestalt und Symbol der Architektur
Friedrichs EL ,1. Aufl. Prestel, München 1984,116 S., 171 Abb.; 2. Aufl. 1986.

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