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Wolf, Gunther
Satura mediaevalis: Gesammelte Schriften ; Hrsg. zum 65. Geburtstag (Band 3): Stauferzeit — Heidelberg, 1995

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https://doi.org/10.11588/diglit.15265#0068

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Der ,Romgedanke'
zur Zeit Kaiser Friedrichs II. (1194 - 1250)

ROM - ROMA - AMOR ? Omnia vincit AMOR ! lautet der berühmte Spruch; aber
könnte er nicht auch heißen: Omnia vincit ROMA ?

,ROM' scheidet die Geister! Bis heute mehr als jeder andere Stadtname auf der Welt:
denn römische Geschichte ist einmal die Geschichte der Stadt Rom (ähnlich, aber nicht
gleich, vielleicht nur noch ,Babylon', wie es in der Apokalypse Johannis gemeint ist:1 ,die
große Stadt' (BaßuXcbv fj (iEy6Xr|), die ,große Babylon, die Mutter der Hurerei und aller
Greuel auf Erden' (BaßiAwv r) (j.EyäXri, rj (irj-rriQ iwv jtoovov xca xwv ßOeXxryixÄxov xrg
Und nicht selten hat man dieses ,Babylon' der Apokalypse als neronisches Rom gedeutet.'

In der Prophetie des Daniel3 ist von 4 Weltreichen die Rede, zu deren vierten Zeiten
,wird der Gott des Himmels ein Königreich aufrichten, das nimmermehr zerstört wird
...'. Diese Prophetie aus Daniel 2 und 7, 7 führt in der Auslegung u. a. durch den Kir-
chenvater Hieronymus (4. Jhdt.)3* und des Jordanes (6. Jhdt.)3b zur Vorstellung von der
,Roma aeterna', zu den Folgevorstellungen von , translatio imperii' und ,renovatio imperii'
(,Dominus transfert regna atque constituit' - der Herr überträgt Reiche und begründet
sie; Daniel 2, 21). Auf diese Folgevorstellungen soll hier jedoch nicht näher eingegangen
werden.4

Rom5 aber und sein Reich ist das letzte der vier Reiche und gewürdigt, daß zu seiner
Zeit Gott seine Herrschaft errichtet (Dan. 2, 24; 7, 8).6 Hinzu kommt jene berühmte Stelle
des Lukas-Evangeliums (Lc. 2, lff.)7: ,Es begab sich aber zu der Zeit, daß ein Gebot von
dem Kaiser Augustus (30 v. Chr. -14 n. Chr.) ausging, daß alle Welt geschätzt würde ...'.
Hier wird die Geburt Jesu, des Christus, des Gottessohnes, hineingenommen in die römi-
sche Geschichte. Und nicht von ungefähr schrieb (um 40 v. Chr.) der römische Dichter
Vergil in seiner berühmten 4. Ekloge:

,... magnus ab integro saeculorum nascitur ordo ...
Incipe, parve puer, risu cognoscere matrem ...'8

(Wir vermeinen, das Bild des Jesus-Kindes mit Mutter Maria vor uns zu sehen)9 - da-
mit wurde Vergil/Virgil (virgo/virga = Jungfrau/Zauberstab) zur mythischen Gestalt
des Mittelalters, für Dante in seiner ,Divina Comedia' zum Führer durch Inferno und
Purgatorio.

Ein weiteres Moment christlicher Tradition kam hinzu, zum Ruhme Roms: der Apo-
stel Paulus schrieb in seinem Romerbrief (1, 8)10: ,daß man von eurem Glauben in aller
Welt sagt', (öri x\ Juane, ti|iä)v xatayYE^XEiai ev 6Xio tö> xoo|iü)). Hinzu kommt noch wei-
terhin die Nachricht aus Acta Apostolorum 28, 14: ,Und also kamen wir (u. a. der Apo-
stel Paulus) gen Rom'" (xui oikcoc, e'ic, xf|v 'Pü)|xt)v riX9a|XEv) und vom 1. Clemensbrief (5,

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