5ff.) ( ca. 95 n. Chr.)12:,Paulus empfing den edlen Ruhm seines Glaubens (und) wurde so
von der Welt befreit...' (na€Xoc.... xö yewcüov Tfjc jiIotecdc. avxov i]Xioq eXaßev xoä airucoc.
<ijraXX6yTl ^oü xoa|ioi>). D. h. der Apostel Paulus erlitt zu Rom den Märtyrertod. Ob dies
nicht auch gar für den Apostel Petrus zutrifft ist zumindest strittig, eher unwahrschein-
lich, aus der unvollständigen Parallele des 1. Clemensbriefes deduziert." Dem steht Ga-
later 2, 6" des Paulus entgegen. Doch freilich: schon recht früh, in nachapostolischer Zeit
(u. a. Ign. Rom. 4, 3)," d. h. um die Mitte des 2. Jhdts. n. Chr. besteht schon eine römische
Petrus-Tradition, die 1. Clemens 5f., Ign. Rom. 4, 3,1, Petr. 5,13, Joh. 21,18 in ihrem Sin-
ne verwendet.'6 Es ist schon irgendwie ,zwingend' ,wenn Franz Xaver Kraus17 1872 unter
Berufung auf Döllinger schrieb: ,Nach Rm. 15,20 - 24 (eher 1,8- wie oben gezeigt!) war
schon vor Pauli Reise nach Rom dort eine geordnete Gemeinde gegründet; es kann dies
nur durch einen Apostel geschehen sein, weil die Bildung einer Kirche zu Rom, im Mit-
telpunkt des Reiches, zu wichtig war, als daß man sie dem Zufall überlassen hätte; war
es aber ein Apostel, der zuerst in Rom predigte, so kann es nur Petrus, etwa im Verein
rnit Johannes (was völlig ahistorisch ist!) gewesen sein.' - die Hauptstadt des römischen
Reiches ,konnte' ( ! ) also nur vom ,princeps apostolorum', wie man Matth. 16, 18 (die
Caesarea-Philippi-Perikope18 mißverstehend!) auslegte, gegründet und durch sein dorti-
ges Martyrium bestätigt worden sein. So wurde Rom zuerst zur Peter-Pauls-Stadt, später
zur Stadt des , Apostelfürsten' Petrus und seiner Nachfolger." Grund genug, die Vorrang-
stellung Roms vor allen Städten und eine christliche ,Rom-Tradition' zu begründen: Rom
wurde zur ,Roma aeterno', zur ,mater ecclesiae', zum christlichen ,caput mundi' mit der
Konsequenz der Wallfahrt ,ad limina apostolorum' bis heute.
* * * * *
Aber seit dem 2. vorchristlichen Jahrhundert gab es auch schon eine andere Tradition:
unter hellenistischem Einfluß begann der Kult der Göttin Roma,2" in späterer Zeit oft mit
der Verehrung des Genius des römischen Kaisers verbunden.21 Um 200 v. Chr. schreibt
Fabius Victor in griechischer Sprache eine Geschichte Roms, im 1.Drittel des 2. Jhdts. v.
Chr. Ennius eine in lateinischer: hier wird eine .Roma'-Tradition begründet, die einen er-
sten Höhepunkt zur Zeit des Gaius Julius Caesar (100 v. Chr. - 44 v. Chr.) und des Gaius
Octavius Augustus (63 v. Chr. - 14 n. Chr.) erreicht. Caesars Name wird, wie das Cogno-
men Augustus', denn auch zur Bezeichnung der höchsten Würde weltlicher Herrscher in
römischer Tradition - bis heute.
So sehr sich Roma- und Kaiserkult einerseits und Christentum andererseits in den er-
sten zwei Jahrhunderten n. Chr. oft feindlich gegenüberstehen - Augustus22 als Friedens-
rürst (13. v. Chr. bzw. 9 v. Chr. - ara pacis), unter dessen Herrschaft Gott die Welt mit
dem Erscheinen seines Sohnes gewürdigt, der Begründer der ,Roma marmorea', der Mar-
mor-Weltstadt Rom, wird in die christliche Tradition ebenso aufgenommen wie später,
der unter dem großen Christenverfolger (303 n. Chr.) Diocletian23 (Kaiser v. 284 - 305)
emporgekommene, um 285 in Nisch geborene (+ 337 n. Chr.) Constantinus,2' Sohn des cae-
Sar (seit 305 augustus) Constantius Chlorus25 und der Schankwirtin Helena,26 zum Typus
christlicher Herrschaft.
Das sogenannte .Constantinische Zeitalter', d. h. die enge Verbindung von Staat und
Kirche in Europa, dauerte dann vom Beginn des 4. Jhdts. bis zur Mitte des 20. Jhdts. n.
Chr. - Höhepunkte dieser Verbindung sind die Zeiten Kaiser Justinians I. (527 - 565),27
Karls des Großen, Ottos III.28
128
Constantin, von der Kirche bald als ,der Große' bezeichnet, begründet im Jahre 325
auch die Tradition der ökumenischen christlichen Konzilien (Nicäa). 330 wird das alte
Byzantion unter ihm zur Konstantino-polis, aber auch als vea 'Pcou/p = Neu-Rom zur
Reichshauptstadt - in Rom selbst nimmt (vgl. Pseudoisidor: Constantinische Schenkung
um 325/30 !) der Papst mehr und mehr, besonders nach 476, die Stelle des Kaisers ein.
*****
Die wesentlichen Strömungen dessen, was unter dem ,Rom-Gedanken' zu verstehen
sei, wurde deshalb so ausführlich dargestellt, weil anders nicht zu verstehen ist, wieso
denn kurz nach 1000 der Merseburger Bischof und Historiograph Thietmar formuliert,29
daß Rom ,aus verschiedenen Gründen das Haupt der Städte' sei. Mit Recht formulierte der
berühmte Mediävist P. E. Schramm - für das Mittelalter:30 ,Rom beherrschte nicht mehr
den Erdkreis, aber um ihn zu beherrschen, mußte man Macht über Rom haben.' Hierin
liegt m. E. tatsächlich der gemeinsame Kern dessen, was ,Romgedanke' im Mittelalter be-
deutet.
1. Anspruch erhob - zunächst einmal, bis ins hohe Mittelalter - der oströmisch-by-
zantinische Kaiser, der sich seit etwa 72031 ßctaiXEiic, 'Pcouaicov (Kaiser der Römer)
nannte. Von Constantin d. Gr. über Justinian I. bis hin zu Basileios II. und Manuel
I. (12. Jhdt.) führt dieser Strang.
2. Seit Weihnachten 800, vorbereitet schon Mitte des 8. Jhdts. durch Pippin (III.) I. in
Ponthion und Quierzy,32 kommt das westliche Kaisertum hinzu, von Anfang an
verbunden mit und gebunden an
3 das Papstrum, das sich langsam aber sicher an die Spitze des christlichen Episko-
pats und damit der (mittelalterlichen) Christenheit hochgearbeitet hatte und sich
erstmals kurz vor 500, in Papst Gelasius I. (492 - 96), als ,auctoritas sacrata pontifi-
cum' der ,regalis potestas' gleichwertig gegenübergestellt hatte33 und sich späte-
stens seit Papst Gregor VII. (1073 - 85) gegenüber der ,regalis potestas' als höher-
wertig fühlte:34 ,VIII. Quod solus possit uti imperialibus insigniis' u. ,XII. Quod illi
liceat imperatores deponere.'
4. Nach einer ,Pause' zwischen dem 6. und 8. Jhdt. erstarkte in Rom auch wieder die
,res publica'-Vorstellung,35 die ,stadtrömische', vor allem durch Roms neuen Adel,
so daß Theophylakt36 sich zu Anfang des 10. Jhdts. ,Senator omnium Romano-
rum'37 nennen konnte.
Hierzu und zum westlichen Kaisertum gleichermaßen kam später, gleichsam als
,Mischform', die Berufung auf die alte ,lex regia' hinzu,38 nach der das römische Volk
(unwiderruflich oder auf Widerruf - das war die Streitfrage !) die Macht dem princeps
übertragen habe, mit der Folge: ,Quod principi placet, legis habet vigorem.' (Was dem
Fürsten gefällt, hat Gesetzeskraft).
,Kaum ein Name fehlt', schrieb in seiner berühmten Heidelberger Habilitationsschrift
,Kaiser, Rom und Renovatio' 1924 P. E. Schramm,3' (erschienen 1929), ,wenn man die Au-
toren des frühen Mittelalters zusammenstellt'40 bei denen Rom als ,caput mundi' oder als
,aurea Roma' gefeiert wird, ja selbst die Bezeichnung .aeterna urbs' läßt sich im 11. Jhdt.
nachweisen,41 seit Prudentius (348 - 405) auch ,urbs sacra'", ,mater ecclesiarum' ...'"- die
Fülle der Belege für das frühere Mittelalter ist bei Schramm nachzulesen. Wir aber müs-
sen hier auf eine Auflistung verzichten, obwohl gerade aufgrund neuerer Forschung die
Ausformung der .Romidee ' Ottos III. (980 - 1002), eine der gedankenreichsten und tief-
129
von der Welt befreit...' (na€Xoc.... xö yewcüov Tfjc jiIotecdc. avxov i]Xioq eXaßev xoä airucoc.
<ijraXX6yTl ^oü xoa|ioi>). D. h. der Apostel Paulus erlitt zu Rom den Märtyrertod. Ob dies
nicht auch gar für den Apostel Petrus zutrifft ist zumindest strittig, eher unwahrschein-
lich, aus der unvollständigen Parallele des 1. Clemensbriefes deduziert." Dem steht Ga-
later 2, 6" des Paulus entgegen. Doch freilich: schon recht früh, in nachapostolischer Zeit
(u. a. Ign. Rom. 4, 3)," d. h. um die Mitte des 2. Jhdts. n. Chr. besteht schon eine römische
Petrus-Tradition, die 1. Clemens 5f., Ign. Rom. 4, 3,1, Petr. 5,13, Joh. 21,18 in ihrem Sin-
ne verwendet.'6 Es ist schon irgendwie ,zwingend' ,wenn Franz Xaver Kraus17 1872 unter
Berufung auf Döllinger schrieb: ,Nach Rm. 15,20 - 24 (eher 1,8- wie oben gezeigt!) war
schon vor Pauli Reise nach Rom dort eine geordnete Gemeinde gegründet; es kann dies
nur durch einen Apostel geschehen sein, weil die Bildung einer Kirche zu Rom, im Mit-
telpunkt des Reiches, zu wichtig war, als daß man sie dem Zufall überlassen hätte; war
es aber ein Apostel, der zuerst in Rom predigte, so kann es nur Petrus, etwa im Verein
rnit Johannes (was völlig ahistorisch ist!) gewesen sein.' - die Hauptstadt des römischen
Reiches ,konnte' ( ! ) also nur vom ,princeps apostolorum', wie man Matth. 16, 18 (die
Caesarea-Philippi-Perikope18 mißverstehend!) auslegte, gegründet und durch sein dorti-
ges Martyrium bestätigt worden sein. So wurde Rom zuerst zur Peter-Pauls-Stadt, später
zur Stadt des , Apostelfürsten' Petrus und seiner Nachfolger." Grund genug, die Vorrang-
stellung Roms vor allen Städten und eine christliche ,Rom-Tradition' zu begründen: Rom
wurde zur ,Roma aeterno', zur ,mater ecclesiae', zum christlichen ,caput mundi' mit der
Konsequenz der Wallfahrt ,ad limina apostolorum' bis heute.
* * * * *
Aber seit dem 2. vorchristlichen Jahrhundert gab es auch schon eine andere Tradition:
unter hellenistischem Einfluß begann der Kult der Göttin Roma,2" in späterer Zeit oft mit
der Verehrung des Genius des römischen Kaisers verbunden.21 Um 200 v. Chr. schreibt
Fabius Victor in griechischer Sprache eine Geschichte Roms, im 1.Drittel des 2. Jhdts. v.
Chr. Ennius eine in lateinischer: hier wird eine .Roma'-Tradition begründet, die einen er-
sten Höhepunkt zur Zeit des Gaius Julius Caesar (100 v. Chr. - 44 v. Chr.) und des Gaius
Octavius Augustus (63 v. Chr. - 14 n. Chr.) erreicht. Caesars Name wird, wie das Cogno-
men Augustus', denn auch zur Bezeichnung der höchsten Würde weltlicher Herrscher in
römischer Tradition - bis heute.
So sehr sich Roma- und Kaiserkult einerseits und Christentum andererseits in den er-
sten zwei Jahrhunderten n. Chr. oft feindlich gegenüberstehen - Augustus22 als Friedens-
rürst (13. v. Chr. bzw. 9 v. Chr. - ara pacis), unter dessen Herrschaft Gott die Welt mit
dem Erscheinen seines Sohnes gewürdigt, der Begründer der ,Roma marmorea', der Mar-
mor-Weltstadt Rom, wird in die christliche Tradition ebenso aufgenommen wie später,
der unter dem großen Christenverfolger (303 n. Chr.) Diocletian23 (Kaiser v. 284 - 305)
emporgekommene, um 285 in Nisch geborene (+ 337 n. Chr.) Constantinus,2' Sohn des cae-
Sar (seit 305 augustus) Constantius Chlorus25 und der Schankwirtin Helena,26 zum Typus
christlicher Herrschaft.
Das sogenannte .Constantinische Zeitalter', d. h. die enge Verbindung von Staat und
Kirche in Europa, dauerte dann vom Beginn des 4. Jhdts. bis zur Mitte des 20. Jhdts. n.
Chr. - Höhepunkte dieser Verbindung sind die Zeiten Kaiser Justinians I. (527 - 565),27
Karls des Großen, Ottos III.28
128
Constantin, von der Kirche bald als ,der Große' bezeichnet, begründet im Jahre 325
auch die Tradition der ökumenischen christlichen Konzilien (Nicäa). 330 wird das alte
Byzantion unter ihm zur Konstantino-polis, aber auch als vea 'Pcou/p = Neu-Rom zur
Reichshauptstadt - in Rom selbst nimmt (vgl. Pseudoisidor: Constantinische Schenkung
um 325/30 !) der Papst mehr und mehr, besonders nach 476, die Stelle des Kaisers ein.
*****
Die wesentlichen Strömungen dessen, was unter dem ,Rom-Gedanken' zu verstehen
sei, wurde deshalb so ausführlich dargestellt, weil anders nicht zu verstehen ist, wieso
denn kurz nach 1000 der Merseburger Bischof und Historiograph Thietmar formuliert,29
daß Rom ,aus verschiedenen Gründen das Haupt der Städte' sei. Mit Recht formulierte der
berühmte Mediävist P. E. Schramm - für das Mittelalter:30 ,Rom beherrschte nicht mehr
den Erdkreis, aber um ihn zu beherrschen, mußte man Macht über Rom haben.' Hierin
liegt m. E. tatsächlich der gemeinsame Kern dessen, was ,Romgedanke' im Mittelalter be-
deutet.
1. Anspruch erhob - zunächst einmal, bis ins hohe Mittelalter - der oströmisch-by-
zantinische Kaiser, der sich seit etwa 72031 ßctaiXEiic, 'Pcouaicov (Kaiser der Römer)
nannte. Von Constantin d. Gr. über Justinian I. bis hin zu Basileios II. und Manuel
I. (12. Jhdt.) führt dieser Strang.
2. Seit Weihnachten 800, vorbereitet schon Mitte des 8. Jhdts. durch Pippin (III.) I. in
Ponthion und Quierzy,32 kommt das westliche Kaisertum hinzu, von Anfang an
verbunden mit und gebunden an
3 das Papstrum, das sich langsam aber sicher an die Spitze des christlichen Episko-
pats und damit der (mittelalterlichen) Christenheit hochgearbeitet hatte und sich
erstmals kurz vor 500, in Papst Gelasius I. (492 - 96), als ,auctoritas sacrata pontifi-
cum' der ,regalis potestas' gleichwertig gegenübergestellt hatte33 und sich späte-
stens seit Papst Gregor VII. (1073 - 85) gegenüber der ,regalis potestas' als höher-
wertig fühlte:34 ,VIII. Quod solus possit uti imperialibus insigniis' u. ,XII. Quod illi
liceat imperatores deponere.'
4. Nach einer ,Pause' zwischen dem 6. und 8. Jhdt. erstarkte in Rom auch wieder die
,res publica'-Vorstellung,35 die ,stadtrömische', vor allem durch Roms neuen Adel,
so daß Theophylakt36 sich zu Anfang des 10. Jhdts. ,Senator omnium Romano-
rum'37 nennen konnte.
Hierzu und zum westlichen Kaisertum gleichermaßen kam später, gleichsam als
,Mischform', die Berufung auf die alte ,lex regia' hinzu,38 nach der das römische Volk
(unwiderruflich oder auf Widerruf - das war die Streitfrage !) die Macht dem princeps
übertragen habe, mit der Folge: ,Quod principi placet, legis habet vigorem.' (Was dem
Fürsten gefällt, hat Gesetzeskraft).
,Kaum ein Name fehlt', schrieb in seiner berühmten Heidelberger Habilitationsschrift
,Kaiser, Rom und Renovatio' 1924 P. E. Schramm,3' (erschienen 1929), ,wenn man die Au-
toren des frühen Mittelalters zusammenstellt'40 bei denen Rom als ,caput mundi' oder als
,aurea Roma' gefeiert wird, ja selbst die Bezeichnung .aeterna urbs' läßt sich im 11. Jhdt.
nachweisen,41 seit Prudentius (348 - 405) auch ,urbs sacra'", ,mater ecclesiarum' ...'"- die
Fülle der Belege für das frühere Mittelalter ist bei Schramm nachzulesen. Wir aber müs-
sen hier auf eine Auflistung verzichten, obwohl gerade aufgrund neuerer Forschung die
Ausformung der .Romidee ' Ottos III. (980 - 1002), eine der gedankenreichsten und tief-
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