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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 17.1924

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Heinrich, Fritz: Musikalische Elementargefühle und harmonische Gegenständlichkeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.3619#0177
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MUSIKAL. ELEMENTARGEFÜHLE U. HARMON. GEGENSTÄNDLICHKEIT. 173

ihn lenkt. Das musiklogische Gefühl zieht der Modulation Grenzen.
Wo diese liegen, ist nicht a priori zu entscheiden, sondern nur durch
ästhetische Praxis. Es gibt aber keine Menschenkunst, die nicht in der
Tätigkeit der künstlerischen Phantasie an den Gegebenheiten der außer-
menschlichen Natur Grenzen fände, an Formen und Gesetzen, über die
wir keine Macht haben. Innerhalb ihrer, soweit sie die Tonkunst an-
gehen, fand die schöpferische Phantasie der Epoche Bach-Brahms ge-
nügenden Spielraum, um eine ungeheure Fülle wertvoller Gestaltungen
hervorzuzaubern. Sie scheinen dem musikästhetischen Bewußtsein der
Gegenwart immer fremder und wertloser zu werden. Das Schaffen auf
Grund der Kadenz- und Tonalitätsharmonik erscheint den Führern des
musikalischen Fortschritts wohl nur noch als ein Geklingel, das dem
Ohr Wohlgefallen will, und wenn sie jener Art sich noch bedienen, so
geschieht es mit dem Bewußtsein, daß sie konventionell und archaisch
ist. Sollte aber die alte Schaffensweise wirklich aussterben, so hätten
wir wohl Veranlassung das zu bedauern, aber keine, uns darüber zu
verwundern.
 
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