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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 1.1906

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Cohn, Jonas: Zur Vorgeschichte eines Kantischen Ausspruchs über Kunst und Natur
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https://doi.org/10.11588/diglit.3529#0191

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ZUR VORGESCHICHTE EINES KANTISCHEN AUSSPRUCHS. 187

Urteilskraft seine Gedanken freier ausspinnt, denkt er bei der schein-
baren Kunst in der Natur, bei der »Technik in der Natur«, wie der
prägnante Ausdruck lautet, an organische Gebilde, an wilde Blumen,
Vögel, Insekten. Vertieft und systematisch gerechtfertigt wird das
durch die Auffassung des Schönen als eines Symbols der Sittlichkeit.
Unser interesseloses Wohlgefallen an dem Anblick der Vernünftigkeit
in der Natur ist ein Symbol des rein moralischen interesselosen
Handelns. Auch der Symbolgedanke ist so zunächst formal und rein
subjektiv gefaßt, doch hat auch Kant bereits die Wendung zum mehr
Objektiven gemacht, wenn er als Beispiel anführt, daß wir Bäume
majestätisch oder Farben unschuldig nennen.

Hier knüpft Schiller unmittelbar an. Der Gedanke der Technik in
der Freiheit faßt das freie Wachstum organischen Gebildes als Symbol
sittlicher Freiheit. Kants formaler Hauptgedanke tritt zurück, den
fruchtbaren systematischen Verbindungen und inhaltlichen Erfüllungen
zuliebe. Dies soll hier nicht weiter verfolgt werden. Zweck des
Vorangehenden war nur, zu zeigen, wie der Nachweis einer Entlehnung
in Wahrheit Kants Ursprünglichkeit und schöpferische Größe zu voller
Evidenz bringt.
 
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