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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 6.1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.3675#0304
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2g8 BESPRECHUNGEN.

höchste illusionistische Wirkung zu erzielen, wird nicht weiter begründet. Wir
haben diese Tatsache ebenso hinzunehmen wie die psychologische Tatsache, »daß
die mit gegeneinander gestellten Farbenflecken arbeitende Valeurmalerei einen eigen-
artigen und tiefergreifenden ästhetischen Genuß gewährt.« Ebenso wird als Tat-
sache verzeichnet, daß der Pleinairismus eine Konsequenz des impressionistischen
Prinzips ist, und »daß man gewissen Natureindrücken im höchsten Sinne nur mit
einer impressionistischen Technik künstlerisch beikommen kann«. »Dazu gehören
Bewegungseindrücke.«

Das einleitende Kapitel erhebt demnach keineswegs den Anspruch, die Probleme
des Impressionismus theoretisch zu erschöpfen, sondern gibt Andeutungen, wie der
Verfasser den Impressionismus ansieht. Auch der Illusionismus spielt in -der histo-
rischen Untersuchung nicht die wichtige Rolle wie in der Einleitung, und Begriff
wie Wort hätten fortbleiben können, ohne daß sich Wesentliches geändert hätte.
Das überrascht den Leser auch nicht, da der Verfasser das Hauptgewicht eben auf
die Malweise, die Zeichen der Valeurmalerei, die unverschmolzenen Pinselstriche,
die Fleckenwirkung legt. Daß solche Auffassung des Impressionismus bei einer
die ganze Geschichte der Malerei durchlaufenden Untersuchung leicht an Äußer-
lichkeiten haftet, liegt auf der Hand, ganz abgesehen von dem unhaltbaren, nebenher
immer wieder auftauchenden Illusionismus und den unkünstlerischen Kriterien der
Naturwahrheit und Annäherung der Malerei »an den realen Eindruck«.

Der Umstand, daß der Verfasser in dem einleitenden Kapitel zunächst von der
Wörtbedeutung des Impressionismus ausgeht, anstatt sich von den Kunstwerken
leiten zu lassen, führt ihn gleich auf falsche Wege. Der Ausgangspunkt, um das
Wesen des Impressionismus treffender zu kennzeichnen, wäre das Moment der Wir-
kungssteigerung gewesen, das sich bei Weisbach hinter der Steigerung des illusio-
nistischen Eindrucks versteckt. Es handelt sich nicht um Illusionismus, sondern um
Steigerung des unvermittelten Eindrucks, der keine Umwege braucht. Deutlich
zeigt sich dies auch, wenn man sich an die Aussagen über die Malereien hält, die
der Verfasser unabhängig von der theoretischen Formulierung bringt. Bei den
Beschreibungen und Analysen weist das, was auch bei Weisbach als Wirkungscha-
rakter der impressionistischen Malerei verzeichnet wird, stets in erster Linie auf das
Lebhafte, das Packende, das Zwingende des Eindrucks. Erst auf Grund dieser
Wirkungsintensität entsteht gleichsam durch Projektion des Eindrucks in die Realität
beim Beschauer die Täuschung, als handle es sich um illusionistische Effekte und
deren Steigerung. Wenn nun dies Vorurteil einer illusionistischen Absicht des
impressionistischen Kunstwerks noch zu verstehen wäre bei Betrachtung solcher
Stilperioden, in denen die Malerei offensichtlich starke Wirklichkeitswirkungen ge-
braucht, so wird es doch unverständlich, sobald wir etwa die letzten Ziele des
Impressionismus beachten. Es leuchtet ein, daß die letzten Konsequenzen der
impressionistischen Malerei die Stilabsicht am reinsten aussprechen werden. In der
Tat haben denn auch andere Untersuchungen, die sich theoretisch mit dem Impres-
sionismus beschäftigen, diesen natürlichen Weg genommen, indem sie vom Neo-
impressionismus, Pointillismus ausgingen. Sowohl Richard Hamann (Der Impressio-
nismus in Leben und Kunst, Köln 1907), der die impressionistische Malerei inner-
halb eines weitgespannten Kreises behandelt, wie der jüngste Beitrag von Broder
Christiansen (Philosophie der Kunst, Hanau 1909) leiten ihre wichtigsten Sätze aus
dem Pointillismus ab.

Diese beiden Untersuchungen, die in erster Linie für eine Wesenserkenntnis
des Impressionismus in Betracht kommen, gehen doch auch wieder auseinander in
der endgültigen Bestimmung der Erscheinung. Bleiben wir bei dem Moment einer
 
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