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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 6.1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.3675#0320
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314 BESPRECHUNGEN.

ersten Textseite klingt er unzuverlässig. Mit »Einfällen« kann man das nicht ent-
schuldigen. — Bedenklich machen muß sodann die häufige Verwendung der nega-
tiven Beschreibung: Was alles Alt nicht war, nicht dachte, nicht tat, das wird un-
angenehm oft gesagt. Es tritt darin etwas Unschöpferisches, Leeres an der Geistes-
richtung des Autors zutage, eine abweisende Haltung gegenüber den von ihm
gerade nicht Behandelten, eine Verengung des Bewußtseins auf den, so man gerade
vorhat und der nun jedesmal der Ausbund sein muß. Auf die Weise kann ein
schreibseliger Mann tausend entlegene Dinge heranziehen, die ihm gerade durch
das vergleichslustige Hirn fahren, an die aber Alt vielleicht niemals in seinem Leben
gedacht hat. Das brauchte er ja nun auch nicht, und einige solcher Unterschei-
dungen könnten doch wahr und nützlich sein, leider klingt es bei Rößler nur gar
nicht bloß wie Feststellung seitens eines andern, sondern oft wie nachkonstruierte
Bekenntnisse Alts selber — ein naiver Subjektivismus des Schriftstellers; so denkt
nur ein eitler Mensch über sich nach, wie es Alt getan haben müßte, wenn ihm
das alles über sich selbst klar gewesen wäre. Am wenigsten verfährt so ein un-
literarischer Schöpfer bildender Kunst.

Alts Briefe, die dem Bande eingefügt sind, haben gar keinen literarischen
Charakter, und das hat mich doch gewundert. Man findet so häufig, daß bedeu-
tende Künstler auch irgendwie bedeutend sprechen und schreiben (selbst ein an-
geblich so »naiver« wie Hans Thoma vermag das in ganz erheblichem Maße), wenn
sie auch ihr eigenes Material noch besser zu führen verstehen und vielleicht oft
nicht »schreiben« und auch nicht »reden« können; aber was sie schreiben, zeigt
ihre Hand. Und die ist z. B. bei Menzel eine Faust, in jedem schriftlichen Wort;
wie oft ist er da ungewollt lapidar. Das ist mit Alts Briefen also anders, ihnen
fehlt überhaupt die kräftige Eigenart. Seine Persönlichkeit bleibt da ziemlich blaß
für uns, der Form der Briefe nach; und ihrem Gehalt nach war er jedenfalls kein
großer Mensch, die Briefe sind in keiner Weise bedeutend. Mit Menzel stellt ihn
Rößler schon auf der ersten Seite als gleichgroßen Könner zusammen, ob mit
Recht, mag dahingestellt bleiben, aber der Qualität seines »Kalibers« nach, wie
der Schwabenvischer zu sagen liebte, war Alt ein Kleinkünstler; nicht aber Menzel;
das bestätigen beider Briefe.

Der hohe Wert des Buches liegt also auch in den Briefen nicht, er liegt in
den Abbildungen; diese sind nicht nur »das Hauptsächliche in diesem Werke«, wie
die Vorrede selber sagt, sondern das überhaupt allein Hervorragende daran.

Einzelne brauchbare Bemerkungen müssen ja wohl drin sein in Rößlers Text,
auf soviel Raum; die merkt man aber dann auch gleich, und auf einige davon weise
ich nun zum Schluß hin: S. 12 II und III, 23 IV, 26 (von einem andern), 33 oben,
35 unten, 3311, 40 unten, 41 unten und 42 oben.

Berlin-Wilmersdorf. Erich Everth.

Emil Reich, Aus Leben und Dichtung. Aufsätze und Vorträge.

Der Verfasser gibt mit diesem Buche eine Sammlung von einzeln publizierten
Schriften über ethische, soziale und ästhetische Dinge. In seiner Abhandlung über
neuere Literatur besonders nimmt er bewußt als Deutschösterreicher seinen Stand-
punkt zu allen Fragen. Für denjenigen,rder sich um eine wissenschaftliche Ästhetik
müht, käme vor allem der längste Aufsatz des Buches: »Kunst und Moral« in Be-
tracht, worin der Verfasser in anregenden Gedankengängen die These, daß Kunst
und Moral in Wechselwirkung stehen, verficht, und mit guten Gründen die land-
läufige Anschauung zurückweist, die die Frage nach Beziehungen zwischen beiden
 
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