Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 7.1912

DOI Artikel:
Mies, Paul: Über die Tonmalerei, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3592#0422
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
418 PAUL MIES.

3. S. 350. Choralbearbeitung: O Lamm Gottes.

-----v—*-*-----»'■ —h-r-r* ! ■ l ■ l -F-^s0-0-^-f-ä-0-

—i i I I I I I, --------------- v^ Vw' '

4. S. 360. Schleicht, spielende Wellen.

T—=,—>=~ r-s ■.—=,—ä=---------------------------------^ft-ß=^- s=ß—.----------------———^0-0^,-----------------^2

I— ; | | u

.....

Die vorstehenden vier Themen stellen nach Schweitzer vor: 1. ü
melancholie des feuilles, qui tombent, 2. das Herabschreiten ins Grab1),
3. soupirs idealises, 4. die spielenden Wellen. Unseres Erachtens ist
jedes der vier Themen geeignet, in gleicher Weise jeder der vier Deu-
tungen Schweitzers tonmalerisch gerecht zu werden. Dieses Beispiel,
dem sich beliebig viele anreihen ließen, beweist zur Genüge, wie un-
wahrscheinlich die von Schweitzer behauptete »Langage musical de
Backt, ist.

3. Untersuchung über die in alten und neuen Musikwerken
enthaltene Tonmalerei.

Wir beginnen jetzt eine ausführliche Besprechung der Tonmalereien,
nach den von uns aufgestellten Klassen von Analogien. Zuerst
möchten wir nochmals auf einen charakteristischen Unterschied der
musikalischen Darstellung vermittels klanglicher oder rhythmischer
Analogien und der vermittels Bewegungsanalogien hinweisen. Bei
den ersten bildet die musikalische Darstellung einen Teil der Vorstel-
lung wirklich nach, vollkommen nachbilden kann sie in den meisten
Fällen wegen der Beschränkung ihrer Mittel nicht. Bei den Bewe-
gungsanalogien ist das Nachgebildete aber ursprünglich kein Musi-
kalisches, sondern die Darstellung kommt nur durch die uns aller-
dings sehr geläufige Übertragung der Begriffe langsam, leicht, hoch
und ihrer konträren in die Musik zustande. Die klanglichen und
rhythmischen Analogien sind in den Bewegungsanalogien also nicht
enthalten, wie man vielleicht zuerst vermuten könnte.

A) Darstellung durch klangliche und rhythmische Analogien.

Die musikalischsten Laute, die wir in der Natur vernehmen, sind

die Vogelstimmen, und der musikalischste Vogel ist ohne Zweifel der

') Schweitzer denkt sogar an ein Straßburger Denkmal; denn er sagt: »Ne dirait-
on pas que Bach a eu devant les yeux le celebre monument da marechal de Saxe ä
St, Thomas deStrassbourg ou Pigalle represente leprince descendant vers le sarcophage.«
 
Annotationen