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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 7.1912

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Mies, Paul: Über die Tonmalerei, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3592#0444
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440 PAUL MIES.

wollen wir kurz die Darstellung des Donners noch erwähnen. Wie
wir schon ganz zu Anfang bemerkten, ist der Schlag der Pauke und
ein tiefes Tremolo das Geeignetste, um den Donner in die Musik zu
übertragen. Der harte Schlag der Pauke oder auch ein kurz abge-
rissener Ton der Bässe dient zur Darstellung des scharfen Donner-
schlags, der dem Blitz sofort folgt. So benutzt ihn Dittersdorf in
seiner Symphonie »Die vier Weltalter« nach Ovid; wir geben die
Stelle nach Klauwell>):
35. Violinen

£*pEE

Tff

(Der Blitz.) (Der Donnerschlag.)

ff

±*

Bässe

Das tiefe Tremolo hat im Fortissimo den langandauernden Donner
zu imitieren, während es leise das von ferne herübertönende Donner-
grollen nachzuahmen vorzüglich geeignet ist. Letztere Anwendung
findet sich in Beethovens Pastorale, wo das Scherzo unterbrochen
wird durch das leise und tiefe Tremolo der Bässe. Das Tremolo
wird dann weiterhin aufgelöst in schnelle Läufe des Basses; so in
Beethovens Pastorale und in der »Fantasia«. von John Munday2)
(16. Jahrhundert).

Die von uns bislang angeführten musikalischen Darstellungen des
Donners, des Windsausens und Rauschens sind nun diejenigen,
welche den in der Natur wirklich vorkommenden Geräuschen am
meisten ähnlich sind. Wenn wir auch früher gesehen hatten, daß
besonders chromatische Tonfolgen wesentlich sind zur musikalischen
Darstellung von Tierstimmen, zur Übertragung des Lachens und
Weinens in die Musik, so müßte doch der Komponist, der sich die
Aufgabe stellte, Wind und Wetter möglichst genau in Musik zu setzen,
unbedingt zu den von uns erwähnten tonmalerischen Mitteln greifen.
Wie wenig es nun die Absicht der meisten Komponisten ist, eine
möglichst große Annäherung an die Wirklichkeit zu erreichen, ersieht
man aus der eigentlich nicht überraschenden Tatsache, daß in den
meisten musikalischen Darstellungen von Stürmen, Gewittern oder
ähnlichen Naturgeräuschen — also an solchen Stellen, wo die Ton-
malerei offenbar Absicht ist — ganz andere Figuren und Tonfolgen,

>) Kl. Pr. M. S. 93.

2) KL Pr. M. S. 21 und Beilage zur Neuen Musikzeitung XXXI. Jahrgang.
 
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