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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 11.1916

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Escherich, Mela: Das nordische Formgefühl in seinem Verhältnis zur Antike
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https://doi.org/10.11588/diglit.3817#0034

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^I^RDISCHE FORMGEFÜHL

IN SEINEM VERHÄLTNIS ZUR ANTIKE. 2Q

begriff V°n *"*'n'e ur,d Bewegung, in beständigem Kampf

der A n," darin zunehmend erstarkend, wider Form und Ruhe,

besonri & _ esen- Der Linie unendliche Melodie singt und klingt,

Schnö k7 m der Buchmalerei> in Schrift und Bild, vom einfachen

raumPii ZUr rnensc'1Hchen Figur, die hier beide gleicherweise

tektu f"des Zierrnotiv sind. Der Bewegung Reich ist die Archi-

Säulen SteiSen> Wachsen, Fließen der Türme, Pfeiler, Halbpfeiler,

der d ' h '^ wacnsenden Raumhöhen der Lichtgaden, die Portaltiefen,

diese Pfeileralleen hervorgerufene faszinierende Zug zum Altar,

Starr ganze Gebiet, in dem Orient und Hellas nur Tendenzen der

ur d Ruhe hervorbringen, ist im Norden in Bewegung aufgelöst.

Bauk *'k 'ebt und webt zwischen den Tendenzen der Buch- und

des ßnSt W'e das Bild im Buche' so ist sie Schnörkel und Glosse

Sims ^er'<s' a!s Band und Blume, Tier und Mensch, am Kapital,

Stein' serab,auf oder Portal. Die Figur entwindet sich dem

kade' *!"'** mm wie das Harz dem Baume, ist versteinerte Schluß-

drinn ' VOr dem ^ore c'as Motiv der Melodie wiederholt, die

vor Cn dCn Raum fullt So stehen die frühgotischen Portalstatuen

Ada nS' d'e ^ön'£e und Helden, klugen und törichten Jungfrauen,

zur a' •a' ^cclesia, Synagoge, die Tugenden. Diese Plastik gehört

wie rcni*ektur wie die Miniaturinitiale zum Text. Die Portale sind

{^u Cnseiten. Die Statuen umranken ornamentierend, wie dort die

T Feder und des Pinsels die Textseite, das Portal, von dessen

mv„t- on das Hauptstück niederblickt und aus dessen Öffnung die

'sehe Kirchennacht dämmert, in der »das Wort« wohnt.
cjen r aucn die reine, von der Architektur gelöste Freiplastik atmet
Kre rnarnental linearen Geist. Ein Werk wie das eichenholzene
stü u lrn Braunseh weiger Dom (11. Jahrhundert) ist ein Meister-
mit • Linientendenz. Der lebensgroße Christus hängt, bekleidet
am k-06"1 'anSarrneligen Rock, mit schnurgerade ausgestreckten Armen
ein "vT126- ^U der schroffen Horizontale der Arme bildet der Körper
au , . öenso schroffe Vertikale, aus der nur der Kopf ein ganz weniges
des ru '° ^risti Gestalt verbildlicht sich somit das Wahrzeichen
auf r tentums: das Kreuz. Es ist nicht der historische Augenblick
!_• , °'gatha, sondern die symbolische Verkörperung der göttlichen
stat. Die reale Möglichkeit des Hängens kam deshalb nicht in

herunter.

Die Körperlast zieht nicht von den angenagelten Händen

Die Schultern straffen sich in voller Kraft, die in den wie

j: , Segnen oder Umarmen gestreckten Händen ausströmt. In den

da« +nS •' ernabenen Zügen spiegelt sich der mystische Gotteswille,

initarische Geheimnis von Wollen und Müssen aus Liebe.

n dieser ruhevollen Erscheinung ist keine andere Bewegung als
 
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