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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 25.1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.14174#0332
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318

BESPRECHUNGEN.

Friedrich Springorum: Der Gegenstand der Photographie,
eine philosophische Studie. Ernst Reinhardt-Verlag, München.

In den rund 100 Jahren, die verstrichen sind, seit die Photographie erfunden
worden ist, ist es der Menschheit zwar gelungen, sich ihrer in beispiellosem Um-
fang als eines der allerwichtigsten Hilfsmittel auf allen Gebieten der modernen
Kultur zu bedienen, nicht aber, die Frage nach dem Wesen des Lichtbildes und
seinem Verhältnis zur bildenden Kunst einwandfrei zu lösen. Daß sich der Mensch
auch künstlerisch in der Lichtbildtechnik ausdrücken kann, ist verwunderlicher-
weise weder allgemein bekannt, noch unwidersprochen anerkannt.

Einen der beachtenswertesten Beiträge zur Lösung dieser Fragen stellt die
Schrift von Springorum dar.

Mit dem Rüstzeug gründlichster Wissenschaft sucht der Verfasser das Wesen
der Lichtbildnerei und des Lichtbildes zu erforschen und ästhetisch zu würdigen.

Zunächst sondert er die in bezug auf seine Untersuchung belanglose, große
Masse der „naiven Photographie", worunter er so etwa den Durchschnitt der sog.
Amateurphotographie versteht, und die reinen „Zweckbilder" der angewandten
Photographie ab. Was übrig bleibt nennt er „reine Photographie". Sie wird um
ihrer selbst willen betrieben und zielt nur darauf ab, eben „Photographien" zu
erzeugen, die außerhalb jeder Zweckbetrachtung stehen.

Springorum bezeichnet es als eines der wichtigsten Ziele seines Buches, „durch
Wesenserkenntnis der Photographie zu einer Neugestaltung ihrer Wer-
tung beizutragen". Daß ihm dies zu einem großen Teil gelungen ist, werden
ihm viele ernst strebende Lichtbildner danken.

Das Ergebnis, zu dem der Autor gelangt, wird ungefähr durch den Satz
charakterisiert: „Durch die nur der Photographie mögliche Ver-
anschaulichung gewisser Vollkommenheiten wird ein dem
Auge und der Malerei gleichwertiges Gebiet geschaffen
und dem menschlichen Geiste zur erwünschten freudigen
Aufnahme dargebote n." Er behauptet und beweist, daß die Tätigkeit auch
des Photographen „eine künstlerische" sein kann, ja er spricht sogar aus:
„Es gibt Photographien, die alle dem Gegenstand immanenten Schönheiten und
Vollkommenheiten in stärkerem Maße zur anschaulichen Offenbarung bringen, als
das weder durch das Auge noch durch die Malerei geschehen kann."

Es ist im Rahmen einer kurzen Buchbesprechung nicht möglich, alle wissen-
schaftlichen Feststellungen Springorums auch nur annähernd zu umreißen. Aus-
züge sind immer Verwässerungen; sie führen allzu leicht zu mißverständlichen
Auffassungen. Man muß die 83 Druckseiten selbst durcharbeiten, will man die
Gedankengänge des Verfassers kennenlernen und nachprüfen. Ich beschränke mich
also darauf, auszusprechen, was mir Einwendungen zu rechtfertigen scheint.

Der beste Prüfstein für den Wert theoretischer Betrachtungen ist die prak-
tische Wirklichkeit. Legt man diesen Maßstab an, so gelangt man zu dem Resultat,
daß das, was Springorum unter „reiner Photographie" verstanden wissen will,
eine allzu schemenhafte Konstruktion ist, die für die Praxis nicht „praktisch" und
jedenfalls zu eng ist. Der Autor sagt selbst: „Je mehr wir den Begriff der reinen
Photographie umkreisen und ihn festzulegen versuchen, umso mehr kommen wir
dahinter, einzusehen, daß er eine im höchsten Sinn ideale Forderung darstellt.
Wir verneinen die Möglichkeit, mit Worten sein Wesen völlig darzustellen oder
zu umschreiben; an Beispielen aufweisen könnte man es jedoch jederzeit." Warum
tut es der Verfasser nicht? Es würde den Wert seiner Schrift erhöht haben. Er
sagt uns nur, was nach seiner Meinung sich nicht mehr mit seinem Begriff
 
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