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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 26.1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.14167#0237
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BESPRECHUNGEN.

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Ofenmalerei der deutschen Frühienaissance nicht übersehen können. Beim ab-
schließenden Bändchen über die Barock-, Rokoko- und Empirezeit wird es noch kri-
tischerwerden, wenn er nur Auszüge aus der von ihm 1907 herausgegebenen illustrierten
Geschichte des Kunstgewerbes bietet und die seitherige Literatur in den verschie-
denen Zeitschriften, die zahlreiche Kapitel — man denke nur an das Porzellan — in
einem ganz neuen Lichte erscheinen läßt, nicht verarbeitet. Populäre Bücher können
nur dann empfohlen werden, wenn ihr Verfasser das ganze einschlägige Schrifttum
aller Kultursprachen bis auf die neuesten Erscheinungen kennt und sich mit ihnen
auseinandergesetzt hat.

Stuttgart. Gustav E. Pazaurek.

Rene Chavance: La ceramique et la verrerie. Paris 1928, Editions
Rieder.

In der Keramik hat Frankreich besonders in den letzten dreißig Jahren vor dem
Kriege Bedeutendes geleistet, was leider in Deutschland seinerzeit nicht bekannt
wurde, weil um 1900 die Münchner und Stuttgarter, die Darmstädter und Dresdner,
ganz in eigenen neuen Versuchen befangen, Paris als rückständig ansahen. Wenn
nun im vorliegenden Buch ein Rückblick über die neuere französische Keramik ge-
geben wird, so ist die Feststellung des Verfassers interessant, daß die französische
Keramik der Neuzeit stark vom Elsaß, also von germanischen Einflüssen durchsetzt
ist. Jules Claude Ziegler, Xavier und Deck, die auch in Deutschland arbeiteten,
gaben um die Mitte des vorigen Jahrhunderts bedeutende Anregungen. Chavance
führt den ersten Aufschwung der Keramik größtenteils auf sie zurück. Sie führten
die handwerkliche Tradition weiter und arbeiteten im volkstümlichen Geschmack.
Aber nicht allein darauf beruhen die künstlerischen Ergebnisse und Erfolge der
modernen Keramiker. Einen neuen Antrieb gaben, wie Chavance es ausdrückt, die
Archäologen, oder wie wir besser und präziser sagen müssen, die Sinologen sowie
die Sammler, Händler und Künstler, die ostasiatische und indische Keramik in ihren
Ursprungsländern oder auf französischen Ausstellungen sahen. Dieser Einfluß zeigte
sich schon bei Carries (1855—1894), der als einer der ersten japanischen Vorbildern
folgte, die er auf der Ausstellung von 1878 gesehen hatte. Seine Anlehnungen waren
noch äußerlich. Ihm folgte Chaplet (1835—1909), der von früh auf durch Kopien
etruskischer Vasen für die Manufaktur von Sevres sich auch Technisches der Alten
aneignete. Bracquemont bildete sich in den gleichen Jahren an chinesischer Keramik.
Trotz technischer Geschicklichkeiten, trotz origineller Erfindungen haben diese
Arbeiten vor allem, wenn wir jetzt auf sie zurückschauen können, Vorläufercharakter.
1 öpfertechnik, volkstümliche Überlieferung und ostasiatische Anregungen wurden
noch nicht ineinander verarbeitet. Erst die nächste Generation, die Decoeur, Dela-
herche, Lenoble, Massoul, Metthey und Avenard schufen Meisterwerke, in denen als
selbstverständliche Basis die durchgearbeitete Technik zurücktrat hinter einfachen
Form- und Farbenwirkungen. Alles Jugendstilartig-Gesuchte und -Gequälte ist in
diesen Arbeiten verschwunden, aufgelöst in die große, künstlerische Vision, die wir
auch in den Poterien der ostasiatischen Künstler bewundern. Wie dort, ist auch hier
ein schönes Wirkungsmittel die Mannigfaltigkeit der Krakelure. Diese Entwicklung
ist von Chavance klar aufgezeichnet, aber er legt gegen Ende zu wenig Gewicht auf
den genialen Metthey, der als Autodidakt begann, unter den schwierigsten Lebens-
 
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