Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 26.1932

DOI article:
Besprechungen
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14167#0331
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
BESPRECHUNGEN.

317

soll nicht eingegangen werden, kommt es doch weniger auf die Oberbegriffe als auf
die Feststellungen an, die ihnen untergeordnet werden. Gemeint ist zunächst der
Gegensatz begrifflich-sinnlich, also ein Gegensatz innerhalb dichterischer Prosa, der
auf der einen Seite zu abstrakter Schreibweise, auf der andern Seite zu möglichst

anschaulicher Abschrift der Wirklichkeit führt. Man mag diese Unterscheidung _

allerdings nicht unter dem Titel „Beibehaltung der wirklichen Gegebenheit" — an-
erkennen, mindestens aber wird man fragen müssen, ob nicht bestimmte Gegenstände
den begrifflichen, andere den sinnlichen Stil fordern, ferner, warum die „Wahlver-
wandtschaften" trotz ihrer abstrakten Prosa ein Kunstwerk bleiben. Bei dem nächsten
Begriffspaar „knapp — breit" fällt auf, daß Schneider geringe Rücksicht auf die Beson-
derheit der Zeitalter nimmt und gewissermaßen Gottsched, Stifter, Stefan Zweig als
ohne weiteres vergleichbare Größen behandelt. Dieser Fehler wird im nächsten Ab-
schnitt „klar — dunkel" vermieden, der aber einen anderen Mangel zeigt: nämlich
Unempfänglichkeit für die Reize des „Dunklen".

Ich will jedoch das nicht weiter im einzelnen durchsprechen, sondern meinen
Gesamteindruck mitteilen. Er geht dahin, daß trotz aller Lücken im Begriffsnetz
und trotz vieler Schwächen in den Deutungen bestimmter Erscheinungen diese „Stil-
kunde" einen beträchtlichen Wert besitzt. Denn der Verfasser fußt durchweg auf
eigener Erfahrung, und zwar auf einem Stilerleben, wie es nur einem hellhörigen,
feinfühligen Sprach- und Kunstverständigen zuteil wird; und seinem Erleben gibt er
Ausdruck in einer schlichten, doch zugleich eindringlichen und schmiegsamen Dar-
stellung. Vergleicht man Schneiders Buch mit andern Versuchen auf demselben Ge-
biet, so tritt seine Überlegenheit deutlich hervor; eine Vergleichung mit Engels Werk
ist nicht am Platze, da die Zielsetzungen voneinander abweichen.

Berlin. Max Dessoir.

Käte Laserstein: Die Gestalt des bildenden Künstlers in der
Dichtung (Stoff- und Motivgeschichte der deutschen Literatur, Bd. 12).
W. de Gruyter, Berlin 1931, 80 S.

Gegenüber älteren Arbeiten, die den Künstler in der Dichtung behandeln, hat
die Verfasserin eine Erweiterung und eine Verengung vorgenommen:

Wenn sie sich nicht, wie andere, grundsätzlich auf Roman oder Drama be-
schränkt, sondern von der Kunstgattung überhaupt absieht, so wird man das als
dem Sinne des Themas gemäß billigen. Doch ist damit noch kein Vorwurf gegen
jene Vorgänger erhoben; denn, mag auch die Kunstform ohne Einfluß auf die Ge-
staltung eines Problems geblieben sein, so ist es doch leicht möglich, daß dies
Problem seine historischen Linien praktisch innerhalb einzelner Gattungen abgerollt
hat; wie denn auch K. L.s Abhandlung in allem Wesentlichen auf Roman und
Novelle basiert.

Wenn die Untersuchung aber auf den bildenden Künstler eingeschränkt
werden soll, so lehrt schon ein Blick ins Inhaltsverzeichnis, daß diese Abgrenzung
nicht durchgeführt wurde. Denn mit Erstaunen wird man sehen, daß ein ganzes
besonderes Kapitel dem — „Werther" gewidmet ist. Werther als bildender Künst-
ler! Und die Problematik E. T. A. Hoffmanns erscheint sowohl bei ihm als auch
bei seinen „Nachfolgern" „nicht an die besondere Art bildkünstlerischen Schaffens
gebunden, sondern ist ein Teil des künstlerischen Wesens überhaupt" (S. 34). Ja,
warum dann nicht den Künstler allgemein in den Mittelpunkt rücken, wenn es doch
nicht gelingt, die Eigenart des Bildkünstlers einzufangen!
 
Annotationen