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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 27.1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14172#0309
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BESPRECHUNGEN.

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möglichen Bildhaftigkeit willen auf den Bereich des Optischen und Akustischen ein-
zuschränken (34), ließen sich Einwendungen machen, die berechtigt und wichtig
sind, ohne daß deshalb der ästhetische Vorrang der „höheren Sinne" bestritten wer-
den müßte. Aber die selbstgesteckten Grenzen dieser Untersuchung über den Imma-
nenzbegriff sollen nicht vergessen werden; innerhalb ihrer hat die Schrift H. Kuhns
sich das Verdienst erworben, alle wesentlichen Probleme einer Grundlegung der
Ästhetik in scharfer begrifflicher Form behandelt und dank einer ihres Zieles siche-
ren Methode bedeutend gefördert zu haben, so daß sie der Forschung überall die
Möglichkeit bietet, an sie anzuknüpfen und die in ihr geleistete Arbeit fortzusetzen.
Hamburg. Hermann Noack.

Ferdinand Weinhandl: Die Metaphysik Goethes. (Junker & Dünn-
haupt, Verlag, Berlin 1932.) XV und 400 S.

„Solange hat die Philosophie ihr Ziel nicht erreicht, als die Resultate der
reflektierenden Abstraktion sich noch nicht an die reinste Geistigkeit des Gefühls
anschmiegen. Ich betrachte Sie und habe Sie immer betrachtet als den Repräsen-
tanten derselben auf der gegenwärtig errungenen Stufe der Humanität. An Sie
wendet mit Recht sich die Philosophie: Ihr Gefühl ist derselbe Probierstein." Mit
diesen tief bedeutungsvollen Worten begleitet Fichte die Zusendung der „Wissen-
schaftslehre" an Goethe. Fichte gibt damit eine Charakteristik von Goethes positi-
ver Stellung zur Philosophie, wie sie in dieser Kürze nicht treffender gegeben wer-
den kann. Trotzdem und trotzdem Hegel sich Goethe gegenüber als einen seiner
geistigen Söhne bezeichnet hat, was doch auch für Goethes philosophische Bedeu-
tung in hervorragender Weise charakteristisch ist, reißt man immer noch in ver-
ständnislosester Weise einen Ausspruch Goethes aus seinem Zusammenhange bis
zu solchem Überdruß heraus, daß der, der seinen Sinn verstanden hat, ihn nur noch
ungern zitiert, obwohl es ein Satz Goethes ist. Nur hat ihn die zusammenhangslose
Berufung, die Goethes gänzlich negative Stellung zur Philosophie erweisen will,
um seinen Sinn gebracht. Ich meine den bekannten Ausspruch: „Für Philosophie
im eigentlichen Sinne hatte ich kein Organ."

Wenn man auch, wie gesagt, diesen Satz, wegen des mit ihm getriebenen sinn-
verdrehenden Mißbrauchs, nur noch schwer zitieren mag, so ist es vielleicht zum
Zwecke einer besseren Information des Publikums doch einmal angebracht, daß
ein Werk über die Metaphysik Goethes gleich damit beginnt, den eigentlichen Sinn
des Satzes richtig und aus seinem Zusammenhange zu deuten und das heraus-
zustellen, was Goethe mit „Philosophie im eigentlichen Sinne" meint. Und das tut
Weinhandl gleich zum Anfang seiner Untersuchung. Gewiß hat diese nicht das
Ganze der Goetheschen Philosophie zum Gegenstand, sondern gibt aus diesem
einen metaphysischen Ausschnitt, gestaltet diesen aber in umfangreicher Darstel-
lung selber zu einem Ganzen. Dem bloß „trennenden Verfahren" der „Philosophie
im eigentlichen Sinne" stellt er Goethes philosophische „Art und Weise" des „gegen-
ständlichen Denkens" und des „sicheren Gefühls der Zusammengehörigkeit" gegen-
über1). Und er vermag durch den ganzen Gang der Untersuchung Goethe als gro-
ßen philosophischen Repräsentanten „eines ganzheitlichen und gegenständlichen
Denkens" zu erweisen, und zwar in seiner unmittelbar lebendigen Arbeit an den
Problemen selbst.

*) Vgl. dazu ausführlicher auch meine Schrift über „Goethe und die Philoso-
phie", S. 6 f.
 
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