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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 27.1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14172#0387
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BESPRECHUNGEN.

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denn auch Pienza, die Schöpfung des Humanistenpapstes Pius II. Oft handelt es
sich nur um neue Viertel, wie bei der „Fuggerei" zu Augsburg, oft, namentlich im
17. und 18. Jahrhundert, um Anlage ganzer Städte, wie bei Freudenstadt, Mann-
heim, Erlangen, Karlsruhe, Ludwigsburg, bei Le Havre, Richelieu, Versailles usw.
Der Einfluß der Theoretiker, die Radial- und Rechteck-Pläne für Idealstädte auf-
stellen, voran der Italiener Alberti, Filarete, Colonna, Cataneo, Martini, Scamozzi,
Maggi, später auch der Franzosen Vauban, Blondel, Daviler u. a. m., auf die tekto-
nische gegründete Stadt ist bedeutend, nicht zuletzt auch jener der Festungstheo-
retiker, deren Reihe in Deutschland Dürer eröffnet.

Der zweite Teil untersucht „Die Formkraft der Landschaft", der Zucker einen
„historisch-kausalen" und einen „dauernd-formalen" Einfluß beimißt. Er geht von
der Erkenntnis aus, daß die Plastik des Stadtkörpers von der Landschaft abhängt,
und setzt die Typen: Die „Stadt als Landschaftskrone" mit ihren Unterarten, der
„Haufenstadt" als kubisches Gebilde auf Bergesgipfel, und der „Akropolenstadt",
deren Name mit Glück aus dem klassischen Beispiel Athens abgeleitet wird. Im
Gegensatz zu beiden steht die „Talkesselstadt" (Florenz, Stuttgart usw.), bei der
„die Landschaft gleichsam von überall her in die Stadt hineinlangt", während bei
der Stadt als Landschaftskrone „die Bewegung der Landschaft in der plastischen
Struktur der Stadt, des von Menschenhand Gebauten gipfelt". Noch wird des Was-
sers als formenden Elementes gedacht, des Flusses, des angrenzenden und des um-
zirkenden Sees und Meeres, und schließlich der „amorphen", gestaltlos über ebenen
Boden hinwuchernden Stadt ohne Kern, ohne Akzente. Mit der wertvollste Teil ist
der kurze dritte: „Plastik des Stadtkörpers." Zuckers Typologie wirkt hier beson-
ders klar. Sie scheidet die „eindimensionale Stadt", die nur Erstreckung ist (die
meisten Weltstädte), die „zweidimensionale Stadt", deren Hauptansicht sich in der
Vertikalen (bei Städten an Flüssen und Meeresufern) oder in der Horizontalen (bei
Talkesselstädten) auswirkt, und die „Dreidimensionale Stadt" mit ihren Untertypen,
der amphitheatralischen, „Staffelstadt", der „Gekrönten Stadt" und der „Glieder-
stadt", deren Oberfläche sich durch eine Vielheit erhobener Körper plastisch model-
liert (S. Gimignano, Manhattan-New York, orientalische Kuppelstädte). Zum Schlüsse
ein paar Wünsche für eine Neuauflage, die man Zuckers Buche gönnen darf. In
dem wichtigen Kapitel „Idealstädte" werden lange Zitate führender Theoretiker in
fremder Sprache angeführt. Französisch mag den meisten Lesern geläufig sein,
Italienisch nicht vielen, Latein gewiß den wenigsten. Durchgehende Übertragung ins
Deutsche ist dringend geboten. Der, vortrefflich zusammengestellte, Bilderteil würde
noch aufschlußreicher wirken, wenn dem Namen jeder Stadt noch das Typen-Schlag-
wort aus dem Texte beigefügt würde. .....,

s s Hans Hildebrandt.

Otto Schubert: Architektur und Weltanschauung. 104 Seiten
Text, 32 Bildtafeln. Paul Neff Verlag, Berlin. 1931.

Ein reines und klares Buch, das vielen Freude machen, vielen die Erkenntnis
künstlerischen Gestaltens und seiner Zusammenhänge mit der Gesamtkultur ver-
tiefen wird. Geschrieben von einem Vertreter der Baukunst, der philosophisch denkt,
ohne Schulphilosoph zu sein. Ein Buch wie dieses kann nur entstehen auf Grund
innerlichen Kunsterlebens, langjähriger Erfahrungen und langjährigen Nachdenkens.
Daher seine große Einfachheit. Schubert steht ganz auf dem Boden einer anti-
materialistischen Weltanschauung. Die Kunst ist für ihn, wie schon die einleitende
Abhandlung „Gebundenheit bildenden Schaffens" betont, nicht Luxuserscheinung,
sondern eine der Lebensnotwendigkeiten des Menschen, hervorgewachsen aus der
unentrinnbaren Tatsache des Leidens am Dasein. „Dem Menschen bleibt das Sehnen
 
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