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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 34.1940

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Wiegand, Julius: Die episierende Lyrik
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https://doi.org/10.11588/diglit.14215#0182
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Die episierende Lyrik

Von

Julius Wiegand

Es ist längst beobachtet worden, daß die Lyrik sich der epischen Dich-
tung nähern, daß sie sich epischer Einkleidung bedienen kann. Dem Aus-
druck episierend begegnet man gelegentlich, z. B. bei Ernst Voege, Mittel-
barkeit und Unmittelbarkeit in der Lyrik; Diss. Bonn 1932; häufiger
wird die Bezeichnung „gegenständliche Lyrik" gebraucht. Gegenständlich
umfaßt aber auch noch anderes, den Situationseingang z. B. und vor allem
die schildernde Lyrik, die zur Aufbauform der Häufung zu rechnen ist
(s. u.). Schon die Üblichkeit eines solchen nicht recht klaren Fachausdrucks
beweist, daß die Frage des epischen Einschlages in der Lyrik noch nicht
genügend geklärt ist. Wir wollen daher diejenigen lyrischen Gedichte
untersuchen, die auf der Grenze zwischen Lyrik und Kleinepik liegen.
Es wird sich zeigen, daß der Übergang stetig ist; die Übergangserschei-
nungen müssen gruppiert, die dürftige und schwankende Benennung muß
gefestigt und erweitert werden.*)

Die Arbeit fußt auf umfangreichen Beobachtungen, auf vielen Hunder-
ten von Gedichten; sie will nicht vorschnell verallgemeinern; sie wird
nicht über Seiten hin Bestimmungen häufen, ohne Beispiele zu zergliedern
oder wenigstens zu nennen; sie wird nicht aus einem oder zwei Beispielen
ein Gesetz ableiten. Wir beschränken uns streng auf technische Fragen,
wissen aber wohl, daß die Wirkung eines Kunstwerks unendlich ver-
wickelte Grundlagen hat, daß zum Lyrischen noch viele andere Werte
gehören, musikalische und rhythmische, die heute fast über Gebühr im
Vordergrund stehen, stilistische, technische, ja selbst inhaltliche, gedank-
liche, stoffliche.

Ehe wir die Untersuchung des Grenzstreifens zwischen Lyrik und
Epik beginnen, müssen wir festlegen, was wir unter Lyrik und Epik ver-

*) Unsere Arbeit ist die letzte in einer Reihe, die sich mit den Aufbauformen der
Lyrik befaßt; es gingen voran: „Gleichlaufstrophen" in der Zeitschrift für deutsches
Altertum 1936, Heft 3; „Der Gegensatz" in der Zeitschrift für Ästhetik 1937, Heft 2;
„Die Kette" in der Germ.-Rom. Monatsschrift 1938, Heft 3/4; „Gleichnis-, Metapher-
und Symbolgedicht" in der Zeitschrift für deutsche Philologie 1939, Heft 3/4; „Häu-
fung und Verbreiterung" in der Zeitschrift für deutsches Altertum 1939, Heft 3/4.
 
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