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Zeitschrift für christliche Kunst — 11.1898

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Braun, Joseph: Der romanische Taufstein der Pfarrkirche zu Neuenkirchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3834#0056

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1898. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

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sein. Dafs deren aber auch auf holländischem
Boden ein Heim gefunden haben, beweisen die
Tauf brunnen in dem Rijksmuseum zu Amsterdam
(Karol Zaal), dem Museum zu Leeuwarden und
dem erzbischöflichen Museum zu Utrecht. Der
erste (Fig. 2) stammt aus der Gemeinde Groenlo
im holländischen Gelderland, welche ihn dem
Rijksmuseum übergab, der zweite aus der Um-
gegend von Leeuwarden, der dritte aus der
Nähe von Winterswyk. In den Rheinlanden
scheint sich nur ein Exemplar der hier in Frage
stehenden Taufbecken zu finden. Es steht in
Wissen bei Kaikar,6) welcher Ort als der west-
lichste Punkt gelten mag, bis zu welchem
sich dieselben vorgewagt haben. Im Norden
kommen vereinzelt ihrer zwei in Schleswig
vor. Der eine befindet sich zu Keitum auf
der Insel Sylt, der an-
dere zu Witting (Kreis
Hadersleben).7)

Charakteristisch für
diese Taufsteine ist vor

allem die

ausgespro-

chene fafsartige Be-
handlung des Beckens,
das sich bei den einen
nach unten zu mäfsig
verengt und auch wohl
ein wenig ausbaucht,
bei den andern eine
cylindrische Gestalthat.
Beim Neuenkirchener

Taufgefäfs stellen vier :______________________

glatte Stäbe, welche die Aufsenseite der Kuppe
umgürten, die Reifen dar. Es ist dies jedoch
nicht die Regel; denn meist umziehen tau-
artige Gurte bald einzeln, bald paarweise
nebeneinandergelegt, das Beckenäufsere. Im
letzten Fall laufen die Windungen der beiden
Taustäbe stets in entgegengesetzter Richtung.
An dem Ochtruper Exemplar soll unten ein
Band von einfachen, schräg nebeneinander,
oben ein solches von je zwei winklig zu ein-
andergestellten Blättern den Beckenmantel ein-
fassen.8) Ist dem wirklich so, dann haben wir

•) Ebendort S. 49; Giemen »Die Kunstdenk-
maier der Rheinprovinz, Kreis Cleve. S 155. Abge-
bildet bei Aus'm Werth »Kunstdenkmale«,TafelX, 7.
D.e Wiedergabe des Untersatzes scheint nicht ganz
genau zu sein.

7) Haupt »Bau- und Kunstdenkmäler in Schleswig-
Holstein« Bd. II S. 608 und Bd. I S. 428.

8) »Jahrbücher« a. a. O.

Fig. 2. Taufstein aus Groenlo (Amsterdam, Kyksmuseum).

in diesem Blätterkranz offenbar eine weitere
Entwicklung des seilartigen Gurtes zu sehen.
Die fafsartige Behandlung der Kuppe findet
sich bei allen vorhin genannten Taufgefäfsen.
Nur bei dem Groenloer Taufstein, der übrigens
nach andern Merkmalen sicher dem Kreis der
uns beschäftigenden Tauf brunnen angehört, fehlen
Stäbe oder Taue. Vielleicht jedoch, dafs der-
selbe im Lauf der Zeit den obern Theil seines
Beckens verloren hat, und nur noch die untere
Partie des letzten übrig geblieben ist. Auf-
fallend ist nämlich die aufsergewöhnlich geringe
Höhe des ganzen Taufgefäfses, die sich aufblos
ca. 0,60 m beläuft. Ein weiteres Charakteristikum
unserer Taufsteine bilden die eigenthümlich
gestalteten Friese, welche die Aufsenseite des
Beckens verzieren. Sie kommen meistens zu
zweien, oder einzeln
sehr selten in der Drei-
zahl an denselben zur
Verwendung. Drei die-
ser Zierstreifen haben
wir bereits beim Neuen-
kirchener Tauf brunnen
kennen gelernt. Der
aus Flechtwerk be-
stehende mittlere Fries
scheint anderswo kaum
weiter als Schmuck der
Kuppe gebraucht wor-
den zu sein. Muster,
wie sie im obern und
^^^^^^^^^^^^^^ untern Band der Taufe
von Neuenkirchen sich finden, trifft man jedoch
auch bei sonstigen der genannten Taufgefäfse,
so bei demjenigen von Thuine an.9) Häufiger
als diese beiden ist aber ein anderer Fries.
Derselbe besteht in einer Ranke, welcher der
Hauptform nach allerdings jener ähnlich ist,
welche den untern Beckenrand des Taufsteines
von Neuenkirchen umzieht, er unterscheidet
sich jedoch von dieser in seiner Bildung da-
durch, dafs bei ihm abwechselnd eine Palmette
oder eine Traube die Mitte jeder Rankenwindung
einnimmt (Fig. 3). Beispiele für seine Ver-
wendung liefern die Taufbecken von Wissel,
Nordherringen,10) Südkirchen,11) Leeuwarden,
Utrecht, Ankum12) u. a.

9) Mithoff a. a. O. Bd. VI Tafel 5.
">) Abb. bei Nordhoff a. a. O.
11) Abb. bei Ludorff a. a O.
12)jMithoff a. a. O. Bd. VI Tafel 5.
 
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