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Zeitschrift für christliche Kunst — 11.1898

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Semper, Hans: Ueber eine besondere Gruppe elfenbeinerer Klappaltärchen des XIV. Jahrh., [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3834#0090

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133

1898. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5.

134

Ueber eine besondere Gruppe elfenbeinerner Klappaltärchen des XIV. Jahrh.

II. (Fortsetzung.)

B. (jede Figur in einem eigenen Felde, im Uebrigen

mit denselben Bewegungen, wie die entsprechen-
den Figuren auf der ersten Gruppe von Altär-
chen). — Am rechten Flügel nimmt das erste
schmale Feld oben ein Engel mit einer Kerze
ein, in den beiden andern Feldern daneben ist
die Geburt, entsprechend dieser Darstellung
auf den früher erwähnten Altärchen, nur im
Spiegelbild, vorgeführt. Auch die wannenför-
mige, in der Luft schwebende Krippe mit den
einander zugekehrten Köpfen von Ochs und
Esel finden wir hier wieder. Darunter ist in
drei Feldern die Darstellung im Tempel
geschildert; im ersten Feld links Joseph mit
Stab und Kerze, in derselben Stellung
wie auf dem Bologneser Altärchen; im
zweiten Feld Maria, das Kind emporhal-
tend, im dritten Simeon in genau derselben
Stellung, wie auf den früher besprochenen Al-
tärchen. — Dafs auch dieses Altärchen trotz
seiner erweiterten Gestalt, zu derselben Familie
gehört, ist also nicht zu bezweifeln, zumal
auch die architektonischen Formen die-
selben sind.

Zu beachten ist noch, dafs das Altärchen
der Sammlung Spitzer auf einem oblongen
Untersatz steht, der in der Gesammtsilhouette
dem Untersatz des von Schnütgen veröffent-
lichten Altärchens analog, doch reicher als an
diesem profilirt ist. Dieser Untersatz ruht auf
vier Löwenfüfsen. E. Molinier in seinem Ka-
talog der Sammlung Spitzer bezeichnet dies
Altärchen als französische Arbeit des
XIV. Jahrh. und bemerkt, dafs es reiche Spuren
von Farben und Vergoldung an sich trage.

Das zweite Flügelaltärchen dieser Gruppe,
welches den ganz gleichen architektoni-
schen Aufbau zeigt, wie das vorige, befindet
sich im Domschatz von Halberstadt.2)
Bock bezeichnet es als ein Skulpturwerk aus
Wallrofszahn, woran wir aber (zum mindesten
was die Plättchen betrifft, womit die Architek-
turflächen belegt sind), stark zweifeln. — In
den drei Mittelnischen sehen wir wieder die
Madonna zwischen zwei kerzentragenden Engeln,

as eine dieser Altärchen befand sich
ehemals in derSammlung Spitzer
unter n.119.1) Es zeigt im Mittel-
bau den Spitzbogenbaldachin, (in
welchem die Madonna mit dem Kind steht
und ein schwebender Engel Erstere bekrönt),
eingeschlossen von zwei weiteren, etwas
schmäleren, ebenfalls mit Spitzbogen
und Spitzgiebeln abgeschlossenen Ni-
schen, in denen zwei Kerzen tragende
Engel stehen und der Madonna ehrerbietig
zugewendet sind. Das quer über den drei Ni-
schen liegende Giebeldach ist an den Schmal-
seiten ebenfalls durch je einen Giebel abge-
schlossen und von sieben gothischen Fialen
überragt, von denen vier an den Fufsenden der
vorderen Giebel, drei auf dem Dachfirst ansetzen.

Die Seitenflügel zerfallen in je einen schmä-
leren Streifen mit Giebelbekrönung, welcher
beim Schliefsen die Seiten des Mittelkastens
bedeckt, während der übrige breitere Theil
sich am vorigen in Scharnieren bewegt und
oben in je einem ganzen und einem halben
Giebel endet, da er beim Schliefsen je andert-
halb Bogennischen der Vorderseite des Mittel-
stückes zu decken hat. — Entsprechend der
Bekrönung durch je einen ganzen und einen
halben Giebel ist der breitere Theil jedes Flügels
in je zwei durch Halbsäulchen getrennte Bogen-
felder in zwei Reihen übereinander getheilt, so
dafs jeder Flügel im Ganzen sechs Bogenfelder
mit Reliefs an den Innenseiten enthält, während
bei der früheren Gruppe deren nur je vier
waren.

Die Reliefszenen aber sind, trotz der Ver-
mehrung der Felder, auf diesem Altärchen die-
selben geblieben, wie auf den früher be-
sprochenen mit blofs acht Feldern, jedoch
mehr auseinander gezogen und durch
einzelne Füllfiguren bereichert.

Am linken Flügel sehen wir oben die Ver-
kündigung (Maria diesmal sitzend, der Engel
wieder mit einer Rolle herabschwebend), in
zwei Feldern daneben die Heimsuchung
(Maria mit erhobenen Händen der Elisabeth
entgegenschreitend), unten die hl. drei Könige

*) Collection Spitzer (Lichtdruckausgabe) PI. IV
n. 119. v

2) Beschrieben und durch eine Farbendrucktafel
erläutert von Franz Bock in den »Mitth. der k. k.
C. C.c (1868) p. LXXVIII. Bock bezeichnet das
Altärchen als italienische Arbeit.
 
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