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Zeitschrift für christliche Kunst — 11.1898

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Pauli, Gustav: Ein vergessenes Bild von Rogier van der Weyden
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https://doi.org/10.11588/diglit.3834#0172

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273

1«98.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

274

Ein vergessenes Bild von Rogier van der Weyden.

Mit Abbildung.

ach längerer Unterbrechung hat sich
die kunstgeschichtliche Forschung in
neuester Zeit wieder eingehend mit
Rogier van der Weyden und seiner
Schule beschäftigt. Nachdem Dr. Firmenich-
Richartz jüngst
die Identität des

Meisters mit
dem Anonymus

von Fldmalle
proklamirt hat,
dürfen wir uns
vielleicht sogar
auf einige Po-
lemik in Sachen
Rogier's gefafst
machen. Ohne
mich nunin diese
Erörterung ein-
zulassen, möch-
te ich im Fol-
genden zu den
bevorstehenden
kritischen Ver-
handlungen ein
neues Dokument
beisteuern.!

In der Nati-
onal Gallery zu
London befin-
den sich be-
kanntlich unter
dem Namen Ro-
giers zwei Tafeln

eines Dipty-
chons mit den
Brustbildern des
dornengekrön-
ten Heilandsund
der Schmerzens-
mutter (Kat. Nr.
712 und 711).
Christus, der mit zusammengelegten Händen
thränenumflorten Blickes grade aus schaut, trägt
den Ausdruck des höchsten seelischen und kör-
perlichen Leidens. Das Bild der Maria, links da-
von, neigt sich, ebenfalls weinend, dem Sohne zu.
In den letzten fünfzig Jahren haben die bei-
den Gemälde wiederholt den Besitzer gewechselt

Rogier van der Weyde

In die Nationalgallerie gelangten sie 1863 durch
letztwillige Verfügung des Prinzgemahls Albert.
Dieser wiederum hatte sie von dem Fürsten
Oettingen-Wallerstein erworben, der seinerzeit
bayrischer Gesandter in Paris gewesen war.

Dort hatte Al-
fred Michiels die
Bilder gesehen
und genaue No-
tizen über sie
gemacht, die er
in seiner »Hi-
stoire de la pein-
ture flamande«
(Paris 1866 III
S. 96/97) ver-
öffentlichte. Bei
dieser Gelegen-
heit erfahren wir
auch, dafs die
Gemälde sich in
früherer Zeit in

Fugger'schem
Besitz befanden.
Weiter läfst sich
ihre Provenienz
vorläufig nicht

zurückverfol-
gen. Ihre Eigen-
tümer haben in
dieser ganzen
Zeit an der Au-
torschaft Ro-
giers nicht ge-
zweifelt. Michi-
els berichtet dies
nach Mitteilun-
gen des Fürsten
Oettingen von
den Fugger, und
ebenso hält der
letzte Verwalter
der Nationalgallerie, Charles Eastlake, auch in
seinem nichtoffiziellen Buche über die Gallerie
an der Echtheit fest (Pictures in the National
Gallery S. 109). Anders die kritischen Beschauer,
deren Blick durch die Freude am eigenen Besitz
nicht voreingenommen war. Michiels führt in
seinem Verzeichnifs beide Tafeln an der Spitze

l. Dornengekrönter Christus.
Homo artistico.
 
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